Eine rote Ampel vor einem VW-Werk

Niedersachsen Sparpläne bei VW: Auch Weil fordert Alternativen zu Werkschließungen

Stand: 29.10.2024 19:22 Uhr

Die Sparpläne bei Volkswagen haben in der Politik deutliche Reaktionen ausgelöst. Der Bundeskanzler fordert VW auf, Jobs zu erhalten. Ministerpräsident Weil erwartet Alternativen zur Schließung von Fabriken.

Stephan Weil (SPD) erklärte am Dienstag, dass die Lage bei Volkswagen "herausfordernd" sei und die aktuellen Diskussionen die Verunsicherung der Mitarbeiter noch verstärkten. Er betonte, es sei nun die Aufgabe der Verantwortlichen, alternative Lösungsansätze zu erarbeiten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Zudem äußerte Weil die "unverändert klare Erwartung", dass in den Verhandlungen Alternativen zu Werkschließungen gefunden werden sollten. "Alle Seiten müssen zur Lösung der Krise des VW-Konzerns Beiträge leisten", so der Ministerpräsident.

Scholz: "Klare Haltung" zu Jobabbau bei VW

Bereits am Montag hatte die Bundesregierung den VW-Konzern aufgefordert, Jobs zu erhalten. Man müsse noch abwarten, was Volkswagen selbst dazu erklärt, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Die Haltung des Kanzlers dazu sei aber klar - "nämlich, dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen". Es gehe darum, Arbeitsplätze zu erhalten. Der VW-Betriebsrat hatte am Montag öffentlich gemacht, dass Europas größter Autobauer mindestens drei Werksschließungen in Deutschland plane. Zudem stünden ein massiver Personalabbau und Lohnkürzungen bevor. Der Konzern hat sich dazu bislang nicht geäußert. VW-Chef Oliver Blume wird am Dienstag zum Industriegipfel im Kanzleramt erwartet.

CDU Niedersachsen: "Lage des VW-Konzerns erschütternd"

Der niedersächsische Oppositionsführer Sebastian Lechner appellierte an die Regierung in Hannover, die Schließung von Werken in Niedersachsen zu verhindern: "Die Lage des VW-Konzerns ist erschütternd", sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. "Ministerpräsident Weil und die Landesregierung sind jetzt mehr denn je gefordert, alles dafür zu tun, dass Werkschließungen in Niedersachsen verhindert und so viele Arbeitsplätze wie möglich bei Volkswagen in Niedersachsen gerettet werden." Das Land ist mit 20 Prozent der Stimmrechte an VW beteiligt, Stephan Weil (SPD) und Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen bei VW im Aufsichtsrat. In Niedersachsen gibt es sechs VW-Standorte, darunter das Stammwerk in Wolfsburg mit mehr als 60.000 Mitarbeitern.

VW will laut Betriebsrat drei Werke in Deutschland schließen

Lies: "Wir erwarten den Erhalt aller Standorte"

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) teilte mit, die öffentliche Debatte löse größtmögliche Verunsicherung unter den Beschäftigten aller Standorte aus. Es treffe damit diejenigen, die am wenigsten für die aktuelle Lage können, so Lies. Er forderte Management und Betriebsrat auf, sehr schnell gemeinsam Lösungen zu finden. Die Landesregierung bleibe bei ihrer Erwartungshaltung: "Erhalt aller Standorte und die Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen." SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne erklärte: "Es ist jetzt entscheidend, dass VW nicht nur den wirtschaftlichen Wandel meistert, sondern dabei auch Verantwortung für die Standorte und vor allem die Zehntausenden Beschäftigten in Niedersachsen übernimmt." Auch die an der Landesregierung beteiligten Grünen forderten, Schließungen zu verhindern. Die Belegschaft brauche schnell Gewissheit. "Die Verunsicherung schadet dem gesamten Unternehmen", sagte die Fraktionsvorsitzende im Landtag, Anne Kura, laut Mitteilung.

Reaktionen aus Emden und Osnabrück

Erste Oberbürgermeister von VW-Standorten in Niedersachsen sagten den Beschäftigten ihre Unterstützung zu - über ihre eigenen Städte hinaus. "Wir tun gut daran, uns nicht auseinanderdividieren zu lassen und gemeinsam hinter allen deutschen VW-Standorten zu stehen", sagte Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos). Die Mitarbeitenden verdienten schnellstmöglich Klarheit. Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) verwies gleichzeitig auf die Landesregierung. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) habe in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass Werksschließungen in Niedersachsen nicht zur Debatte stünden. Sie habe "keinen Grund, an seinem Wort zu zweifeln", so Pötter. 

Söder fordert "Auto-Marshallplan"

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder fordert eine radikale Kehrtwende in der deutschen Wirtschaftspolitik. "Es braucht einen Auto-Marshallplan", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. "Die Entwicklung bei VW ist brutal für den Autostandort Deutschland, auch wenn offenkundig Managementfehler gemacht wurden." Die EU und Deutschland schwächten die deutsche Autoindustrie nachhaltig durch falsche Entscheidungen seit Jahren. "Der Green Deal und die Ampel-Beschlüsse kosten Europa und Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit."

AfD: "Wirtschaftspolitik von Rot-Grün krachend gescheitert"

Ähnlich äußerte sich die AfD im Niedersächsischen Landtag. Für sie ist der VW-Konzern, "der traurige Beweis dafür, dass die Wirtschaftspolitik von Rot-Grün krachend gescheitert ist", sagte Fraktionschef Klaus Wichmann und verwies vor allem auf die Probleme bei der Elektromobilität. "Generell soll sich die Politik aus dem wirtschaftlichen Wirken heraushalten", forderte Wichmann.

Autoexperte Dudenhöfer sieht keine Management-Fehler

Der Wirtschaftswissenschaftler widersprach im Interview mit NDR Info Bundeskanzler Scholz, der von "möglichen falschen Managemententscheidungen", die bei VW gemacht worden seien, sprach. "Es liegt nicht am Management, nicht an falschen Produkten, sondern es liegt an zu hohen Kostenstrukturen", so Dudenhöfer. Außerdem hätten Land und Gewerkschaft einen Schutzschild über die Werke und die Beschäftigten gelegt - das habe zu verkrusteten Strukturen geführt. "Der VW-Besitz des Landes ist schlecht für VW und die Mitarbeiter", resümierte der Automobilexperte. Und: "Wolfsburg wird schwächer werden," prognostizierte Dudenhöfer. Denn wenn VW erfolgreich sein wolle in China, müssten die Fahrzeuge künftig dort entwickelt werden.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | NDR Info | 28.10.2024 | 20:15 Uhr