Für Abdul aus Landau, Souzan aus Mainz, Mahdi aus Speyer, Arezoo aus Landau und Ahmed aus Koblenz (v.l.n.r.) ist die Bundestagswahl die erste Wahl, bei der sie in Deutschland ihre Stimme abgeben können.

Rheinland-Pfalz Bundestagswahl: "Ich möchte wählen - wegen Sicherheit, wegen der Zukunft"

Stand: 16.02.2025 04:00 Uhr

Welche Wünsche und Sorgen haben eingebürgerte Erstwähler vor der Bundestagswahl? Diese Frage haben fünf Menschen aus Rheinland-Pfalz vor ihrer ersten Wahl beantwortet.

Unter den wahlberechtigten Menschen für die Bundestagswahl sind laut dem Statistischen Bundesamt dieses Jahr rund 2,3 Millionen Erstwählerinnen und -wähler. Dazu gehören nicht nur diejenigen, die frisch 18 Jahre alt geworden sind und deshalb zum ersten Mal zu einer Wahl zugelassen sind. Sondern auch Menschen, die durch ihre Einbürgerung das Wahlrecht in Deutschland zum ersten Mal in Anspruch nehmen können.

Kneipenbesitzer Abdul hat in Landau seine Heimat gefunden

Abdul ist mit seinen Brüdern vor zehn Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Alle drei haben sich mittlerweile selbstständig gemacht, Abdul betreibt seit 2024 eine Kneipe in Landau. Deshalb beschäftigt die Inflation den 31-Jährigen sehr, da er gerne die Preise in seiner Kneipe niedrig halten möchte.

Seit zwei Jahren besitzt Abdul die deutsche Staatsbürgerschaft. Deutschland, insbesondere Landau, sei jetzt seine Heimat, sagt er. Und deswegen sei es für ihn wichtig, auch hier zu wählen, um auch in Zukunft ein gutes Leben zu führen. 

Deutschland ist ein gutes Land, ich mag die Kultur, ich mag die Menschen. Sie sind sehr freundlich. Ich bin ohne Familie hierher gekommen. Und jetzt habe ich eine ganz große Familie hier. Abdul aus Landau

Souzan aus Mainz: "Meine Stimme zählt wirklich"

Seit einem Jahr besitzt Souzan die deutsche Staatsbürgerschaft. Das bedeutet der 29-Jährigen sehr viel, allen voran Schutz und Sicherheit, weswegen sie auch aus ihrem Heimatland Syrien mit ihrer Mutter geflohen ist. Nach ihrem Start in Deutschland hat Souzan Germanistik und Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt studiert, jetzt arbeitet sie als Journalistin.

Ich hatte das Recht hier zu leben, hier zu arbeiten und viel zu tun. [...] Ich möchte diese Rechte auch weiter an die anderen geben. Souzan aus Mainz

Themen, die ihr hinsichtlich der Bundestagswahl besonders am Herzen liegen, sind Sicherheit, Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit. Da sie sich ihre Existenz in Deutschland selbst aufgebaut hat, ist sie dankbar für die Rechte, die sie dafür auf ihrem Weg erhalten hat. Diese Rechte, etwa zu studieren und zu arbeiten, wünscht sie sich auch für alle anderen Menschen.

Mahdi aus Speyer wählt zum ersten Mal in seinem Leben

Wenn Mahdi aus Speyer an die Bundestagswahl denkt, ist er ganz aufgeregt. "Es ist das erste Mal für mich, dass ich wirklich wählen gehe in meinem Leben und ich bin jetzt 36." Er kommt aus dem Irak, ist in der Nähe von Bagdad groß geworden. Zwei Mal konnte er in seinem Heimatland nicht wählen, weil er beim ersten Mal nicht im Wahllokal gelistet war. Beim zweiten Mal hatte er Dienst im Krankenhaus. "Damals wurde am Wahltag entschieden, dass jeder nur an seinem Wohnort wählen darf. Das war für uns Ärzte und andere, wie zum Beispiel die Feuerwehr, sehr ärgerlich."

Einen Angriff auf seine Heimatstadt überlebte er und seine Frau nur, weil sie Nachtdienst im Krankenhaus hatten. Ihre Verwandten kamen bei dem Angriff ums Leben. Die Angst um ihr Leben hat sie zur Flucht nach Deutschland veranlasst, das ist nun zehn Jahre her. 2022 erhielt Mahdi die deutsche Staatsbürgerschaft. Vor seiner ersten Wahl setzt der Gefäßchirurg sich deshalb viel mit den Parteiprogrammen auseinander, gerade die Wirtschaft interessiert ihn sehr.

Es ist zwar keine Freude, in diesen Zeiten wählen zu dürfen auf der einen Seite. Aber auf der anderen Seite doch, weil wenn nicht jetzt, wann? Mahdi aus Speyer

Social-Media-Beitrag auf YouTube von SWR Aktuell: "Das erste Mal wählen - mit 36 Jahren"

Arezoo aus Landau: "Ich habe hier meine Freiheit"

Die 25-jährige Arezoo macht derzeit ihre Ausbildung zur Friseurin in Landau, sie ist im dritten Lehrjahr und hat im Mai ihre Abschlussprüfung. Vor zehn Jahren kam sie aus Afghanistan nach Deutschland, seit dem letzten Jahr besitzt sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft. Mit ihrer ersten Wahl in Deutschland möchte sie sich als Frau beteiligen und sich auch für die Freiheit und Rechte von Frauen einsetzen.

Ich komme aus einem Land, in dem die Frauen überhaupt keine Recht haben. Ich wünsche mir, dass alle Frauen [...] diese Möglichkeit haben. Arezoo aus Landau

Social-Media-Beitrag auf Instagram von swraktuell

Ein weiteres wichtiges Thema bei der Wahl ist für sie ihr Ausbildungsgehalt, was ihr Kopfschmerzen bereitet. Aktuell verdient sie netto 600 Euro im Monat.

Ahmed engagiert sich im Beirat für Migration und Integration in Koblenz

“Meine Stimme kann den Unterschied machen”, sagt Ahmed. Und genau deshalb gehe er zur Wahl. Der 30-Jährige ist 2014 aus Somalia nach Deutschland geflüchtet. Sein Weg führte ihn über Nordafrika mit einem Boot über das Mittelmeer. Dabei sei nicht das Meer das Schlimmste gewesen, sondern das Warten auf die Abfahrt und die letzten wenigen Kilometer zum Boot, erzählt er. In Deutschland angekommen, wohnte er zuerst in der Eifel, bevor er in Koblenz heimisch wurde.

Nach seiner Ankunft hat er schnell Deutsch gelernt, mit Youtube-Tutorials, bevor er offiziell den ersten Kurs machen konnte. Dann hat er sich ehrenamtlich engagiert, Wohnungen für andere Flüchtlinge eingerichtet und als Übersetzer geholfen. Heute engagiert sich der Industriemechaniker als gewähltes Mitglied im Beirat für Migration und Integration der Stadt Koblenz. Nach zehn Jahren in Deutschland mitbestimmen, endlich wählen zu dürfen, bezeichnet er als Privileg.

Ich habe selbst Krieg erlebt. Ich weiß, was Krieg bedeutet. Ich bin vor einem Krieg geflüchtet und deswegen interessiert mich die Außenpolitik Deutschlands sehr. Ahmed aus Koblenz

Im Januar 2025 konnte er seinen ersten Personalausweis abholen. Das kleine Kärtchen hat für Ahmed auch eine emotionale Bedeutung. Für ihn ist der Personalausweis eine Identitätserklärung für seine neue Heimat Deutschland. Als Vater eines kleinen Sohnes wünscht er sich von der Bundestagswahl bezahlbare Mieten und niedrigere Energiepreise.

Zusammenarbeit von SWR Aktuell mit JGU Mainz und Amal Frankfurt
Die Porträts der Erstwähler sind in Zusammenarbeit mit dem Journalistischem Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Amal Frankfurt, einer Online Nachrichtenplattform auf Arabisch, Iranisch, Afghanisch und Ukrainisch, entstanden.

Alles zur Bundestagswahl 2025

Mehr zum Thema Erstwähler