Ein  Multifunktionsradar von der Rüstungsfirma Hensoldt und ein IRIS-T SLM Launcher für das IRIS-T Luftabwehr System der Firma Diehl Defence, welches auch bereits in der Ukarine im Einsatz ist. Es gibt viele Rüstungsfirmen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Wenige zeigen öffentlich ihre Arbeit.

Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Rüstungsindustrie in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: Spezialisten und Mischkonzerne

Stand: 12.03.2025 21:04 Uhr

Sie produzieren Panzer, Flugzeuge, Radare, Munition oder Software. Es gibt viele Rüstungsfirmen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Ihr Image ändert sich, die Skepsis bleibt.

Rund um den Bodensee, im Großraum Stuttgart und in Ulm sind in Baden-Württemberg viele der großen deutschen und internationalen Rüstungsfirmen beheimatet. Dazu kommen noch weitere 40 bis 50 Standorte im Land, an denen Waffen oder andere militärische Güter produziert werden. Oft von Firmen, die auch zivile Produkte fertigen.

Weltmarktführer für mobile Brücken in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz ist um das Bundeswehr-Beschaffungsamt in Koblenz ein Rüstungszentrum entstanden. Allerdings sind Firmen dort meist nur mit Büros vertreten. Daneben gibt es einige deutsche Unternehmen, die die Ausrüstung der amerikanischen Militärbasen (Ramstein und Spangdahlem) mit instandhalten.

Und mitten in Kaiserslautern schweißt der Weltmarktführer für mobile Brücken General Dynamics tonnenschwere Teile für Fahrzeuge und Fährsysteme zusammen.

Zahl der Beschäftigten in der Rüstung leicht gestiegen

Wie viele Menschen in der Rüstungsindustrie beschäftigt sind, kann nur geschätzt werden. Im Vergleich zur gesamten Industrie ist es aber eine eher kleine Branche, stellt der Verteidigungsexperte Klaus-Heiner Röhl vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) klar. Daran hätten auch die leichten Steigerungen der vergangenen drei Jahre nichts geändert.

Die reinen Rüstungshersteller hätten bundesweit aktuell rund 60.000 Beschäftigte (2020 waren es nach einer IW-Rechnung 55.535 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter).

Die Endhersteller wie Rheinmetall, KNDS, TKMS oder Diehl haben circa 60.000 Mitarbeiter in Deutschland, einschließlich der Zulieferer sind es rund 150.000. In Abgrenzung mit beispielsweise Elektronik und Cyberabwehr sowie zivilen oder Dual-Use-Produkten für das Militär 200.000 bis 250.000 Beschäftigte. Klaus-Heiner Röhl, IW-Verteidigungsexperte

Aufgrund des Fehlens statistischer Angaben aus Datenschutzgründen und der oft diffusen Abgrenzung handele es sich dabei um Schätzungen, betont IW-Experte Röhl.

Laut Bundeswirtschaftsministerium sind rund 105.000 Beschäftigte der Verteidigungsindustrie zurechenbar und knapp 282.000 Beschäftigte der Sicherheitsindustrie. Damit wäre man dann bei 387.000 Beschäftigten (Stand 2022).

Eine Ministeriumssprecherin betont auch: "Es ist eine Querschnittsbranche." Die Produktion finde in verschiedenen Wirtschaftszweigen statt. Sehr häufig würden Unternehmen sowohl für zivile als auch militärische Zwecke produzieren.

Der jährliche Umsatz liege bei gut 47 Milliarden Euro. Davon entfallen knapp 31 Milliarden Euro auf die Teilbranche Verteidigungsindustrie und knapp 17 Milliarden Euro auf die Sicherheitsindustrie.

Zu der Industrie zählen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums viele kleine und mittlere Unternehmen, die insgesamt 39 Prozent zu der Wertschöpfung der Branche beitragen und gut 49 Prozent aller Erwerbstätigen in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie beschäftigen.

Branchenbarometer vom Fachmagazin "Defense News"

Unter den Top 100 der weltweit größten Rüstungskonzerne sind fünf deutsche Unternehmen und der Gemeinschaftskonzern Airbus (Defence and Space) auf Platz 13 mit einem Umsatz von knapp 13 Milliarden US-Dollar:

  • Rheinmetall (fast 6,2 Milliarden Dollar, Platz 20),
  • Hensoldt (knapp 2 Milliarden Dollar, Platz 54),
  • Diehl (fast 0,9 Milliarden, Platz 87),
  • Renk (0,7 Milliarden, Platz 93) und
  • MTU Aero Engines (knapp 0,6 Milliarden, Platz 97).

Eigentlich müsste man noch den Panzerspezialisten KDNS (mit dem deutschen Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann) dazu rechnen. Er liegt in dem Ranking auf Platz 36 mit 3,5 Milliarden Dollar Umsatz. KNDS und Airbus haben offiziell die Niederlande als Firmensitz (aus steuerlichen und politischen Gründen), produzieren aber hauptsächlich in Deutschland.

Wichtige Firmen in Deutschland sind noch: MBDA, Heckler & Koch, Rhode & Schwarz, die U-Boot- und Schiffbauer Lürssen und Thyssen-Krupp Marine Systems. Neben Heckler & Koch sind noch die Kleinwaffenhersteller Walther, Haenel und SIG Sauer bekannt. Zu den internationalen Rüstungskonzernen mit Standorten in Deutschland zählen Thales, Leonardo, Raython und Rafael.

Umsätze der Rüstungsfirmen steigen weltweit

Weltweit steigen die Umsätze der Rüstungsunternehmen. Besonders NATO-Staaten rüsten angesichts der neuen Weltlage wieder auf. Der Umsatz der Branche stieg von 524 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2019 auf 632 Milliarden Dollar im Jahr 2023.

Große Firmen mit Standorten in Baden-Württemberg

Hensoldt: Die Firma (entstanden aus dem Airbus-Konzern) verkauft Radare, Sensorik, Optronik und Avionik. Dabei ist eine spezielle Elektronik entstanden, die weltweit zur zivilen und militärischen Nutzung gefragt ist. Hensoldt ist selbst kein Waffenproduzent. Die Sensoren und elektronischen Bauteile sorgen aber dafür, dass Kampfflieger ihr Ziel treffen können. Berühmt dafür ist die Kooperation mit dem Diehl-Konzern bei der IRIS-T-SLX-Produktion. Hensoldt liefert auch die passende Software. Ende 2020 ist der Bund in das Unternehmen eingestiegen, um eine Sperrminorität von 25,1 Prozent zu erreichen. Kurz drauf erwarb der italienische Rüstungskonzern Leonardo ebenfalls eine 25,1 Prozent-Beteiligung.

MTU Rolls-Royce Power Systems (MTU Friedrichshafen GmbH): Der Motorenhersteller am Bodensee hat eine lange Geschichte. Er beliefert Panzerhersteller und Marine mit robusten Motoren. Sie stecken auch in zivilen Schiffen, in Zügen, sehr schweren Maschinen und Stromaggregaten. Außerdem werden elektronische Systeme von Rolls-Royce zur Steuerung von Schiffsprozessen etwa in Bundeswehr-Fregatten verbaut. Rolls-Royce hat auch Werke, die Flugzeugmotoren und Triebwerke für deutsche Kampfjets bauen.

Airbus Defense and Space: Airbus ist nach BAE Systems aus Großbritannien der zweitgrößte europäische Luft- und Raumfahrtkonzern. Im Angebot: Eurofighter Typhoon, Transportflugzeug A 400 M, Tank-Transportflugzeug A 330 MRTT, Kampfhubschrauber Tiger. Darüber hinaus produziert Airbus in seiner Tochterfirma NH-Industries (zusammen mit dem Leonardo-Konzern) den Transporthubschrauber NH90. Airbus ist am Lenkwaffenproduzenten MBDA beteiligt. Am Standort Immenstaad wurden Bodenstationen für die Satellitenkommunikation der Bundeswehr gefertigt.

ZF Friedrichshafen AG: Der Konzern ist einer der größten Automobil-Zulieferer weltweit (Umsatz über 60 Milliarden Euro). Produkte von ZF kommen auch in militärischen Fahrzeugen zum Einsatz (etwa bei der Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters).

ZF macht keine speziellen Entwicklungen für das Militär, sondern nutzt Synergien aus anderen Bereichen. Die Eigenwerbung auf der Online-Seite beim Bundesverband deutscher Sicherheits- und Verteidigungsindustrie verweist auf "Special Vehicles". Damit sind Produkte für gepanzerte Rad- und Kettenfahrzeuge gemeint.

Heckler & Koch AG: Der Gewehr-Hersteller gehörte mit zu den ersten Ausstattern der neu gegründeten Bundeswehr, ab 1959 mit einer Eigenentwicklung: dem Standardgewehr G3. Das Unternehmen wechselte mehrfach den Besitzer. Heute ist H&K mehrheitlich im Besitz einer Luxemburger Finanzholding und international selbstständig aufgestellt.

Exportiert wurden nicht nur das G3-Gewehr an sich, sondern auch komplette Waffenfabriken. Das Nachfolgemodell G36 ist ebenfalls ein Exportschlager. H&K hat unterschiedliche Waffen für Sportschützen, Polizei und Armee im Angebot. Neben Pistolen sind es die Scharfschützen-, Sturm- und Maschinengewehre für die unterschiedlichsten militärischen Verwendungen, für die H&K bekannt ist.

Diehl Defence: Die Militärsparte des Konzerns fertigt Lenkflugkörper und entwickelt Komponenten und Technologien dazu, die teilweise in die Lenkflugkörperserien anderer Hersteller einfließen.

Die Fertigung von Material für das Militär hat bei Diehl historische Wurzeln. Es begann mit der Produktion von Patronen- und Munitionshülsen, später Zünder sowie Wirkladung und Bordkanonen für den Tornadojet. Diehl kaufte den Uhrenhersteller Junghans, den Bodensee-Gerätetechniker BGT und den Zulieferer AIM in Heilbronn auf. Auch im Bereich der Instandhaltung von Panzern und Fahrzeugen war Diehl aktiv.

SAP: Als Hersteller von Software für Großunternehmen war SAP an der Erneuerung der IT-Struktur der Bundeswehr beteiligt (Herkules). SAP-Anwendungen werden auch von der Schweizer Armee genutzt.

Thales Deutschland: Der Elektronikriese aus Frankreich ist in Deutschland vor allem durch seine Bahntechnik bekannt. Dabei ist er Europas viertgrößter Rüstungskonzern. Er hat ein umfangreiches Angebot, unter anderem Feuerleittechnik für Schiffe und Panzer oder Trainings- und Simulationssysteme. Thales ist ein Mischkonzern mit ziviler und militärischer Sparte.

In Ulm stellt Thales Wanderfeldröhren für Satelliten her. An dem Standort beschäftigt das Unternehmen rund 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nach Angaben von Thales-Sprecher Pitt Marx soll die Zahl der Mitarbeiter perspektivisch wachsen, auch mit Zulauf aus der Automobilindustrie. Es sei auch leichter, Personal zu finden. Das Stigma der Rüstungsindustrie sei nicht mehr so groß, so Marx.

Militärische Großproduzenten in Rheinland-Pfalz

Daimler Truck: Daimler ist einer der größten Lieferanten für den militärischen Transport weltweit und setzt aktuell auf Wachstum im Defence-Bereich. In einer eigenen Sparte in Wörth am Rhein sind alle Produkte für das Militär untergebracht. Dabei werden die Fahrzeuge auf der G-Klasse oder dem Van an anderen Standorten produziert. Mit Zetros, Atego und Arocs sind drei Modelle am Start. Es werden aber auch reine Chassis angeboten, die auf dem Uni-Mog oder den genannten Modellen basieren.

Mercedes-Benz Zetros, ähnlich dem ausgestelltem Fahrzeug: Daimler Truck setzt auf Wachstum im Defence-Bereich: Es gibt viele Rüstungsfirmen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Ihr Image ändert sich, die Skepsis bleibt.

Daimler Truck will künftig mit größerem Angebot die erhöhte Nachfrage im Defence-Bereich bedienen.

General Dynamics: Der US-Rüstungskonzern hat eine Reihe von Werken und Niederlassungen in Europa. In Deutschland werden in Kaiserslautern mobile Brücken hergestellt. General Dynamics European Land Systems (GDELS) produziert auch gepanzerte Rad- und Kettenfahrzeuge und Artilleriekanonen.

In der Schweiz liegt ein Tochter-Standort von GDELS; die österreichische Tochter Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug ist eine bekannte Größe im Rüstungsgeschäft. Ende 2021 gründete GDELS ein Joint Venture für ein Panzer-Schutzsystem mit dem israelischen Rüstungskonzern Rafael und dem damaligen deutschen Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann, das heute Teil des Konzerns KNDS ist (siehe unten).

MEN Metallwerk Elisenhütte: Das Unternehmen in Nassau (Rhein-Lahn-Kreis) bietet kleinkalibrige Munition unter anderem für Militär und Polizei an. Es ist eine der größten Munitionsfabriken in Deutschland. 2018 wurden über 200 Millionen Patronen hergestellt. Das Metallwerk wurde 1957 gegründet.

2007 wurde MEN an den brasilianischen Rüstungskonzern Companhia Brasileira de Cartuchos (CBC) verkauft. Seitdem gehört das deutsche Munitionswerk zusammen mit dem tschechischen Munitionshersteller Sellier & Bellot und dem US-amerikanischen Munitionsriesen Magtech zur CBC Group - einem der größten Munitionskonzerne der Welt.

Nolte Services: Das Unternehmen hat sich als Dienstleister in der Rüstungsbranche einen Namen gemacht. Es hält US-Militärgerät instand und prüft Munition. Nolte wird auch zur Kampfmittelräumung angefragt. Allgemeine Vermessungsaufgaben erfüllt das Unternehmen ebenfalls. Es hat eine Niederlassung in den USA und zwei in der Schweiz. In Rheinland-Pfalz ist Nolte am Standort Bruchmühlbach-Miesau aktiv, bei Landstuhl und damit nahe der US-Luftwaffenbasis Ramstein.

Fast überall: Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann/KNDS

KNDS: Die 2015 auf politischen Druck fusionierten Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (Deutschland) und Nexter Defence Systems (Frankreich) haben ihren gemeinsamen Sitz in den Niederlanden - aus steuerlichen Gründen und um keiner Firma ein Übergewicht zu geben. Die beiden Unternehmen gehen allerdings in dieser Zwangsehe getrennte Wege: Krauss-Maffei Wegmann ist immer noch der Panzerbauer für Deutschland. Er produziert die komplette Palette an gepanzerten Ketten- und Radfahrzeugen für die Bundeswehr. In Joint-Ventures mit Rheinmetall werden Puma und Boxer produziert.

Rheinmetall: Das Düsseldorfer Unternehmen ist Deutschlands größter Rüstungskonzern - wenn man Airbus als Gemeinschaftsunternehmen außer Acht lässt. Rheinmetall ist an vierzig Standorten in Deutschland vertreten und hat Niederlassungen in Europa, USA und Australien. Der Konzern hat rund vierzig Tochtergesellschaften und Beteiligungen vor allem im Rüstungsbereich.

Das Unternehmen wurde 1889 gegründet und expandierte stark in den Weltkriegen. Nach einer kurzen Phase ziviler Produktion startete ab 1956 wieder die Waffenherstellung mit Maschinengewehren und Munition. Wenig später kamen größere Kaliber hinzu. Auf die geringere Nachfrage nach Rüstungsgütern in den 1980er-Jahren reagierte Rheinmetall mit einer Ausweitung seines zivilen Geschäfts - besonders mit der Autoindustrie. Gleichzeitig erweiterte das Unternehmen seine militärische Produktpalette durch den Zukauf insolventer Firmen.

Ab 2000 konzentrierte sich Rheinmetall wieder auf seine Kernkompetenzen: Wehrtechnik, Automobiltechnik und Elektronik. Der Konzern stieß Unternehmen ab, kooperierte und kaufte Spezialisten hinzu - beispielsweise den deutschen Drohnenhersteller EMT und den Feldlagerspezialisten Zeppelin Mobile Systeme. Rheinmetall hat gepanzerte und ungepanzerter Fahrzeuge für die militärische Verwendung im Angebot. Bei den Kettenfahrzeugen: Leopard 2 (zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann), die Schützenpanzer Puma, Marder, Lynx und Wiesel.

Am britischen Challenger-2-Panzer ist Rheinmetall (in Kooperation mit BAE Systems) beteiligt. Der Panzer ist Grundlage für Mannschaftstransporter und Minenräumer.

Bei gepanzerten Radfahrzeugen gibt es welche für die militärische Verwendung, etwa den Boxer (Kooperation mit KMW/Artec) oder den Survivor für zivile Einsätze. Auch ungepanzerte militärische Fahrzeuge, meist Transporter, sind im Angebot und werden in Kooperation mit MAN gefertigt.

Neben Fahrzeugen ist die Entwicklung von Glattwaffensystemen ein Rheinmetall-Schwerpunkt. Gebaut werden großkalibrige Kanonen für Panzer oder die Artillerie, Maschinengewehre mit mittleren Kalibern als Turmaufsätze oder Zusatzbewaffnung, kleinere Bordgeschütze. Zu allem liefert Rheinmetall die passende Munition oder die Treibladungen, die notwendige Elektronik und Software.

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