
Rheinland-Pfalz Warum in der Südpfalz mehr Bahnlärm droht
Im Sommer 2024 wurde es laut in Neuburg in der Pfalz. Die Bahn hat wochenlang den Güterverkehr linksrheinisch umgeleitet. Die Anwohner fürchten, dass sich das wiederholt.
Arnika Eck wohnt in Neuburg direkt an den Bahngleisen. Normalerweise fährt hier nur eine Regionalbahn. Bis zum vergangenen Sommer. Etwa 40 Gütertransporte pro Tag, teils mehrere hundert Meter lang, rollen direkt durch den Ort.
Man wollte es gar nicht so richtig glauben, aber irgendwann donnerten dann hier Tag und Nacht die großen Monsterzüge vorbei, und es war vorbei mit der Ruhe. Anwohnerin Arnika Eck
Bahnlärm durch Güterverkehr vor allem nachts
Vor allem nachts sei das eine richtige Folter gewesen, erzählt sie. "Dann kam so ein donnerndes Geräusch, das Haus vibrierte. Und man war wieder hellwach. 40 Minuten später ging es von vorne los."
Was war passiert? Die Deutsche Bahn leitete im Sommer 2024 für drei Wochen den Güterverkehr um, über die linksrheinische Strecke von Lauterbourg bis nach Wörth. Entlang dieser Route liegen neben Neuburg noch andere kleine Ortschaften wie Hagenbach. Auch hier rollten die lauten Züge direkt vorbei.
Eigentlich fahren die Güterzüge auf der rechten Rheinseite von Basel nach Karlsruhe. Die so genannte Rheintalbahn wird aber derzeit ausgebaut - bis sie fertig ist, kann es noch Jahre dauern. Im August 2024 war die Rheintalbahn drei Wochen lang gesperrt, der Güterverkehr wurde umgeleitet.
Und genau das macht Arnika Eck bis heute Sorgen. Die Strecke durch Neuburg könnte für den Güterverkehr durch Europa noch wichtiger werden. Die Schweiz beispielsweise fordert, Güterzüge auch linksrheinisch durch Rheinland-Pfalz fahren zu lassen, um die Strecke rechts des Rheins zu entlasten.
Dann ist hier die Wohnqualität kaputt. Hier kann man nicht mehr leben. Und es ist nicht nur hier in unserem Dorf. Das ist entlang der Trasse in allen Dörfern so. Anwohnerin Arnika Eck
Bürgerinitiative gegen erneute Umleitung der Güterzüge
Sorgen bereitet den Anwohnerinnen und Anwohnern nicht nur der Lärm. Wenn viele Güterzüge über die Trasse fahren, müssen auch Bahnübergänge länger geschlossen bleiben. Das bedeutet lange Wartezeiten - auch für Rettungsfahrzeuge. "Die stehen dann an der Bahnschranke im Stau," befürchtet ein Anwohner.
Um eine erneute Umleitung zu verhindern, haben Betroffene aus Neuburg und Hagenbach vor einigen Wochen eine Bürgerinitiative gegründet. Ziel der BI mit dem Namen "Signal Rot": Keine Güterzüge mehr auf dieser Strecke. Viele aus der Gruppe fürchten, nicht gehört zu werden. Man wolle eingebunden werden, heißt es. Bis jetzt habe man noch nichts von der Bahn gehört, das finden einige arrogant.
Bahn: Nehmen Bedenken ernst
Die Deutsche Bahn weist diese Vorwürfe zurück. Sie nehme die Bedenken der Anwohner ernst. "Es ist unser ureigenster Anspruch, insbesondere die Menschen vor Ort bei Bahnprojekten und deren Auswirkungen frühzeitig und umfassend mitzunehmen."
Über einen möglichen Ausbau der Strecke Lauterbourg-Wörth für Güterzüge entscheidet das Bundesverkehrsministerium. Auf Nachfrage heißt es von dort:
Frankreich und Deutschland sehen insbesondere vor dem Hintergrund eines erheblichen Investitionsbedarfs auf dieser Nebenstrecke […] derzeit keinen Handlungsbedarf. Sprecher des Bundesverkehrsministeriums
Zwar plant die Deutsche Bahn aktuell keine weitere Umleitung. Doch die rechtsrheinische Rheintalbahn wird noch mehr als 15 Jahre ausgebaut. Weitere Umleitungen über Lauterbourg und Wörth seien deshalb wahrscheinlich, sagt Bahnexperte Christian Böttger. Es könne kurzfristig immer wieder Störungen oder Baustellen geben. "Ich würde es für falsch halten, das auszuschließen."
Böttger sagt auch ganz klar, dass Güterverkehr für einen kurzen Zeitraum den Anwohnern zuzumuten sei. Da brauche es auch eine gesellschaftliche Solidarität.
Und ich meine, wir alle wollen eben jeden Morgen frische Milch und Salami im Supermarkt. […] Und dafür brauchen wir dann eben auch Züge.“ Christian Böttger, Verkehrsexperte, Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin
Ministerium: Weitere Umleitungen möglich
Auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium will nicht ausschließen, dass die linksrheinische Trasse durch die Pfalz erneut als Ausweichstrecke für den Güterverkehr genutzt werden könnte. Etwa bei Baustellen oder Unfällen auf der rechtsrheinischen Rheintalbahn. Die rheinland-pfälzische Wirtschaft hänge stark von einer funktionierenden Logistik auf der Schiene ab, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung. Als dauerhafte Lösung müsse jedoch der viergleisige Ausbau der Bahnstrecke Karlsruhe - Basel zum Abschluss gebracht werden.
Den Mitgliedern der Bürgerinitiative ist durchaus klar, dass Leben an der Bahnstecke auch mal Lärm bedeuten kann. Für die Personenzüge sei man ja auch dankbar, heißt es hier. Das sei völlig akzeptabel. "Das ist okay, so wie jetzt die Situation ist, da wollen wir auch nichts dagegen tun," sagen sie. "Auch der Güterverkehr ist wichtig, aber nicht durch die Orte."
Ob und wann hier tatsächlich nochmal Güterzüge entlangfahren, ist zurzeit unklar. Es ist ein Konflikt, der so noch häufiger drohen könnte. Denn in Zukunft sollen deutlich mehr Güter per Schiene transportiert und mehr Strecken reaktiviert werden.
Sendung am Do., 13.3.2025 20:15 Uhr, Zur Sache Rheinland-Pfalz, SWR RP