Sachsen Sachsens Tafeln suchen verzweifelt neues Zentrallager
Im Logistikzentrum des sächsischen Tafelverbandes in Dresden kommen vor allem Großspenden an. Denn die einzelnen Vereine könnten beispielsweise eine ganze Palette Tiefkühlpizza gar nicht lagern. Doch ihr zentraler Versorgungsstandort ist in Gefahr. Nach einem Eigentümerwechsel wurde der Mietvertrag gekündigt und bislang trotz intensiver Suche keine Alternative gefunden. Damit könnten Sachsens Tafeln im kommenden Jahr ohne Zentrallager dastehen.
Der Landesverband der sächsischen Tafelvereine hat einen Hilfsappell gestartet. Grund ist die bisher vergebliche Suche nach einem neuen Standort für sein Logistikzentrum. Wie der Vorsitzende Stephan Trutschler MDR SACHSEN sagte, muss das bisherige Domizil im Dresdner Ostragehege bis zum 31. Dezember geräumt werden. Nach dem Verkauf der Immobilie habe der neue Eigentümer Ende Juni allen Mietern gekündigt, mutmaßlich um das Gelände weiterzuentwickeln.
Über 30 Mal vergeblich gehofft
Seit der Kündigung hat der Tafelverband Trutschler zufolge bereits 31 Objekte im Großraum Dresden begutachtet, ohne jedoch fündig zu werden. Entweder sei die Miete unerschwinglich gewesen oder die angebotene Mietlaufzeit zu kurz oder es fehlten wichtige Anschlüsse wie zum Beispiel Starkstrom oder Wasser. Andere angebotene Hallen, zum Beispiel in Bautzen oder Nossen, liegen laut Trutschler zu weit weg, um von den ehrenamtlichen Helfern mit einem vertretbaren Zeit- und Kostenaufwand erreicht werden zu können. Aktuell verhandelt der Verband mit dem Eigentümer des bisherigen Logistikstandorts über einen Aufschub für die Räumung. Im schlimmsten Fall müssten zum Jahreswechsel tonnenweise Lebensmittel als Müll zur nächsten Biogasanlage gekarrt werden, so Trutschler.
Tafelvereine können keine großen Mengen vor Ort aufbewahren
Nach seinen Angaben werden im Ostragehege auf etwa 400 Quadratmetern jährlich etwa 1.400 Paletten Lebensmittel umgesetzt. Das entspreche etwa 30 bis 40 Tonnen. Die Hälfte der Fläche sind Kühl- und Tiefkühllager. An dem zentralen Anlaufpunkt für Großspender kommen oft ganze Lastzüge mit Lebensmitteln an. Diese werden in kleinere Mengen aufgeteilt und an alle 43 angeschlossenen Tafelvereine in ganz Sachsen sowie in Ústí nad Labem und Děčín in Tschechien verteilt. Deren Ausgabestellen könnten gar keine größeren Mengen lagern, vor allem nicht Tiefkühlware.
Die einzelnen Tafelvereine - wie hier in Leipzig - können in ihren Ausgabestellen nur kleinere Mengen verderblicher Waren lagern. Für mehr fehlen ausreichend Kühlmöglichkeiten.
Gesucht: bezahlbare 400 Quadratmeter für zehn Jahre
Trutschler hofft, dass durch mediale Aufmerksamkeit doch noch ein bezahlbarer neuer Logistikstandort im Umkreis von etwa 20 Kilometern um den bisherigen gefunden wird, gern auch in Nachbarkommunen wie Heidenau, Pirna, Freital, Radebeul oder Radeberg. Benötigt wird eine 300 bis 500 Quadratmeter große Halle möglichst mit Starkstromanschluss und Büro-/Aufenthaltsräumen für die Helfer. Kühl- und Tiefkühlanlagen würde der Verband selbst installieren - dafür haben dem Tafelchef zufolge Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Sozialministerin Petra Köpping (SPD) persönlich 100.000 Euro Fördermittel vom Freistaat zugesagt. Der Haken: Das Geld gebe es nur, wenn ein langfristiger Mietvertrag über mindestens zehn Jahre vorgewiesen werden könne.
Verantwortung für 200.000 Menschen
An den Tafeln in Sachsen hängt laut Landesverband die Versorgung von rund 200.000 bedürftige Menschen, die sich keine dauerhafte ausreichende, gesunde und ausgewogene Ernährung leisten können. 900 Ehrenamtler sorgen demnach dafür, dass die Betroffenen an landesweit 190 stationären und mobilen Ausgabestellen für einen kleinen Obolus Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs erhalten. Die Vereine leisten damit eine soziale Unterstützung, für die eigentlich der Staat zuständig wäre.
MDR (stt)