Thüringen Engagiert auf der Straße: Was die "Omas gegen Rechts" in Jena antreibt
Immer wieder demonstrieren die "Omas gegen Rechts" gegen Rechtsextremismus und für Mitmenschlichkeit. Angst vor Konflikten scheinen sie nicht zu haben. Was wollen sie?
Ein bunter Haufen, der sich für Mitmenschlichkeit und gegen Rechtsextremismus engagiert - so sehen sich die "Omas gegen Rechts" selbst. Und so wirken sie auch: In gelassener, manchmal auch ausgelassener Stimmung treten sie in Fußgängerzonen, vor Einkaufsmärkten und bei Demonstrationen auf, um für ihre Werte zu werben. Auch gegen Widerspruch, der ihnen hier und da entgegenschlägt.
Die Situation sei gerade "so beschissen", dass man sich eigentlich verkriechen könnte, sagt eine der Omas. Die AfD-Zustimmung im Land sei erschreckend hoch, im Netz und auf der Straße schlage einem viel Hass entgegen und die Fronten in Gesprächen seien verhärtet. Aber Aufgeben ist keine Option für die Omas.
Bei den Omas wird viel gelacht
Vor allem wird viel gelacht bei den Omas, das fällt sofort auf. Andrea ist, so wie die meisten hier, schnell nach der Arbeit in die Innenstadt von Jena gefahren, wo die "Omas Gegen Rechts" eine Kundgebung abhalten.
Wir wollen uns nicht verkriechen. Andrea | Oma gegen Rechts
Andrea sagt, es sei auch eine Art Selbsthilfe, was die Omas tun. "Wir wollen uns nicht verkriechen, wir wollen selbstbestimmt sein." Selbst wenn sie niemanden überzeugen könnten, sagt Andrea: "Man hilft sich in gewisser Weise auch selbst."
Andrea aus Jena engagiert sich bei den "Omas gegen Rechts".
Mit Freundlichkeit gegen Ärger und Wut
Noch während des Aufbaus kommt eine ältere Frau an den Tisch, auf dem die Omas Kaffee und Tee bereitgestellt haben. Die Frau schimpft und meint, die Omas sollten sich schämen.
Sofort bieten diese ein Gespräch an. Eine fragt die Schimpfende, was denn ihre Kritik sei, aber die Frau will nicht erklären, was sie meint. Sie geht schimpfend weiter.
In Gera soll es nicht immer ganz so gemütlich sein. Andrea | Oma gegen Rechts
Das sei die Klientel, die die Omas auch gerne ansprechen wollen, wenn sie in die Fußgängerzonen und vor die Einkaufsläden gehen, erklärt Andrea. Sie gingen bewusst auch dorthin, wo es eventuell etwas unangenehm werden könnten. "Ich selber hatte noch nie so eine Situation, aber zum Beispiel in Gera soll es nicht immer ganz so gemütlich sein", sagt Andrea mit Blick auf die Montagsdemonstrationen in der ostthüringischen Stadt.
Die "Omas gegen Rechts" bei ihrer Kundgebung in Jena: Andrea und zwei ihrer Mitstreiterinnen bauen den Infotisch auf.
Klare Position gegen AfD
Während Informationsblätter und "Omas gegen Rechts"-Buttons ausgelegt werden und sich zwei Frauen um mehrere Banner kümmern, bespricht Andrea mit zwei ihrer Mitstreiterinnen den Ablauf. Dabei geht es auch um politische Positionen und rechtliche Fragen.
"Ungarn foltert" steht auf einem der Banner. Es geht um die Behandlung von Geflüchteten durch ungarische Polizisten. Bestimmte Aspekte wollen die Omas in der Rede dazu ausklammern, sich auf das Wesentliche konzentrieren. Sie treten für Mitmenschlichkeit ein, gegen Rechtsextremismus, auch klar gegen die AfD.
Auch Wut schlägt ihnen entgegen
Das führt natürlich auch zu Widerspruch. "Es tut einem niemand was, aber die Gespräche sind manchmal sehr unangenehm." Immer wieder bekämen sie zu hören: "Wir sollen doch aufhören mit diesem blöden 'linksversifften Scheiß' und so."
Immer mehr Omas und deren Freunde kommen auf den Platz. Auch ein paar Passanten gesellen sich dazu. Den Kaffee spendieren die Omas, daneben steht aber auch eine geschätzt 20 Liter fassende, durchsichtige Spendenbox, in der noch sichtlich viel Platz ist.
Insgesamt sind es etwa 30 Menschen, die sich am Anfang auf dem Platz am Nonnenplan eingefunden haben. Aber die Zahl der Menschen, sagt Andrea, sei gar nicht so entscheidend. Zeichen zu setzen sei wichtig - und Verständigung zu schaffen. Damit nicht jeder einfach "in seiner Bude sitzt und traurig ist".
Mit ihrer Weste sind die Omas in ganz Deutschland zu finden.
Omas wollen in Jena weitermachen
Dann beginnt die Veranstaltung mit einem Redebeitrag der Anmelderin der Demonstration. Sie behält ihren Namen lieber für sich - aus Sicherheitsgründen, wie sie sagt. Die Omas werden weitermachen, erklärt Andrea währenddessen. Sie sind bereits seit Jahren eine aktive Stimme in der Zivilgesellschaft und wollen ihre Präsenz noch weiter ausbauen.
Seit der Landtagswahl und dem starken Abschneiden der AfD, haben die Omas enormen Zulauf in Thüringen. Sie werden sich weiter in die Fußgängerzonen und vor Einkaufsmärkte stellen, bei Demonstrationen und Festen mitmachen, um für ihre Werte zu werben und zu streiten. Und manchmal könnte eine Oma dabei auch etwas sagen oder tun, wofür andere sofort Ärger bekommen würden, sagt eine der Damen mit einem Augenzwinkern.
MDR (dst)