Dreitägige Afrika-Reise Scholz will Erdgas aus Nigeria
Kanzler Scholz ist erneut zu einer Reise nach Afrika aufgebrochen. In Nigeria und Ghana will er weitere Wirtschaftsbeziehungen knüpfen. Bei seinem ersten Stopp in Abuja geht es konkret um Erdgas.
Bundeskanzler Scholz ist zum dritten Mal in seiner Amtszeit auf Afrika-Reise. Erstes Ziel des Drei-Tage-Trips ist Nigerias Hauptstadt Abuja. Im bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Land des Kontinents geht es vor allem um den Ausbau der Kooperation im Energiebereich. In einem Interview machte der Kanzler klar, dass er sich zusätzlich zu den bestehenden Öl-Importen auch die Einfuhr von Erdgas wünscht.
Nigeria verfüge über die größten Gasvorkommen in Afrika, sagte Scholz der nigerianischen Zeitung "The Punch". "Deutsche Unternehmen haben ein Interesse an Gaslieferungen aus Nigeria und sehen einer Zusammenarbeit mit nigerianischen Gasunternehmen erwartungsvoll entgegen." Deutschland setze außerdem auf gemeinsame Initiativen, um die Produktion von Wasserstoff als Energieträger der Zukunft voranzubringen.
Weitere Wunschpartner in Westafrika
Bereits bei der ersten Afrika-Reise des Kanzlers im vergangenen Jahr hatte die Gasversorgung eine prominente Rolle gespielt. Im Senegal hatte Scholz eine deutsche Beteiligung an der Erschließung von Gasfeldern vor der Küste des westafrikanischen Landes angeboten. Von Klimaschützern wurde das scharf kritisiert, weil es sich um einen fossilen Energieträger handelt, der klimaschädliche Gase generiert. Die Bundesregierung argumentiert, dass für die Übergangsphase zu erneuerbaren Energien weiterhin Gas benötigt werde.
Mit Blick auf seinen aktuellen Besuch in Nigeria betonte Scholz im Interview mit "The Punch", dass das Land sowohl politisch als auch wirtschaftlich ein zentraler Partner Deutschlands sei. Neben dem Energiebereich sehe er auch noch in anderen Sektoren Potenzial für eine verstärkte Zusammenarbeit, etwa Migration und Sicherheit.
Nigeria gehört zu den Staaten Westafrikas, die über große Vorkommen an Gold, Öl, Erdgas und anderen Bodenschätzen verfügen. Durch das Gebiet zwischen der Sahara-Wüste und dem Golf von Guinea am Atlantik verlaufen Migrations- und Schmuggelrouten. Die gesamte Region ist mittlerweile einer der größten Horte des islamistischen Terrors weltweit.
Nigeria selbst mit seinen 220 Millionen Einwohnern hat sich seit dem Ende einer Militärdiktatur 1999 als eine der stabilsten Demokratien der von Putschen heimgesuchten Region erwiesen. Doch das Land rutscht immer weiter in eine gefährliche Mischung aus Wirtschaftskrise und sich stetig verschlimmernder Unsicherheit. Im Nordosten verzeichnet der Staat seit über einem Jahrzehnt nur begrenzte Erfolge im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram.
Nach UN-Angaben sind knapp 3,5 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht, 300.000 nigerianische Flüchtlinge befinden sich in den Nachbarländern Niger und Kamerun. Die Wirtschaftskrise mit der höchsten Inflation seit fast 20 Jahren verschlimmert die Situation. Experten warnen vor mehr Migration.
In Deutschland wurden von Januar bis September dieses Jahres mehr als 1.800 Asyl-Erstanträge von Nigerianerinnen und Nigerianern gestellt. Die Anerkennungsquote ist vergleichsweise gering. Nigeria ist eines der Länder, mit denen Bundeskanzler Scholz die Rückführung nicht anerkannter Asylbewerber über Abkommen erleichtern will. Darüber verhandelt die EU gerade mit dem Land.
Kanzler sieht viele Investitionsbereiche
Derzeit ist Nigeria mit deutschen Exporten von einer Milliarde Euro im Jahr 2022 zweitgrößter Handelspartner in Afrika südlich der Sahara. Die deutschen Direktinvestitionen in Nigeria betrugen 2021 150 Millionen Euro, sagte Scholz. Als Bereiche für deutsche Investitionen nannte er Infrastruktur, Energie, Agrarwirtschaft, Bodenschätze, Kommunikationstechnologien bis hin zu Verkehr und Logistik. Scholz wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Nach Gesprächen in Abuja und der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos will der Kanzler nach Ghana weiterreisen.
Die erneute Afrika-Reise des Kanzlers gehört zur Strategie der Bundesregierung, neue Allianzen in der Wirtschafts- und Energiepolitik zu suchen. Sie ist auch Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, die die Abhängigkeiten Deutschlands von einzelnen Ländern offenbart hat.