Studie zu Umgang mit NS-Zeit "Vieles liegt noch im Dunkeln"
Die Rolle vieler staatlicher Stellen während der NS-Zeit und danach ist immer noch unklar - das betrifft auch das Bundespräsidialamt. Deshalb hat Amtsinhaber Steinmeier eine Studie in Auftrag gegeben. Jetzt gibt es erste Ergebnisse.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht noch erheblichen Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Verstrickung staatlicher Stellen in den Nationalsozialismus und den Umgang damit nach 1945. "Hinter den Fassaden des Staates liegt vieles noch im Dunkeln. Vieles ist noch nicht ausreichend ausgeleuchtet und nicht erzählt", sagte Steinmeier.
So lägen zu den obersten Verfassungsorganen des Bundes noch keine Studien vor. "Und ich meine: Gerade das Amt des Staatsoberhaupts darf hier nicht fehlen", sagte Steinmeier bei einer Zwischenbilanz zu einem Forschungsprojekt, dass er über das Bundespräsidialamt in Auftrag gegeben hatte.
"Es wird längst nicht aller Opfer angemessen gedacht"
Als Bundespräsident empfinde er seinerseits "eine besondere Verantwortung, der Geschichte meines eigenen Amtes nicht auszuweichen, sondern sich ihr offen und selbstkritisch zu stellen", so Steinmeier.
Der Bundespräsident betonte, die Geschichten der Opfer der NS-Verbrechen ließen sich buchstäblich hinter fast jeder Fassade finden. "Doch trotz Jahrzehnten wissenschaftlicher Forschung und historischer Aufarbeitung sind längst nicht alle diese Geschichten erzählt, alle Verbrechen bekannt, wird längst nicht aller Opfer angemessen gedacht."
Ergebnisse sollen 2022 in Buchform erscheinen
Das Forschungsprojekt "Das Bundespräsidialamt und die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus 1949–1994" war im Mai 2020 gestartet worden. Die Untersuchung führt der Historiker Norbert Frei von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er gab heute einen Einblick in die bisherige Arbeit seines Teams, die kommendes Jahr abgeschlossen werden soll.
Frei bilanzierte, dass die Bundespräsidenten zwischen 1949 und 1994 in der Debatte über den gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit "eher Moderatoren als Avantgarde" gewesen seien - wenn auch "in unterschiedlicher Ausprägung".
Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im kommenden Jahr in Buchform veröffentlicht werden.