Kommandeurin Biefang "Als Mensch, der ich bin"
Die erste Transgender-Kommandeurin der Bundeswehr wechselt ins Cyberkommando nach Bonn. Die drei Jahre Dienstzeit in Brandenburg bezeichnet Biefang als ihre besten Jahre - das spricht auch für einen Wandel bei der Truppe.
"Es waren meine drei besten Jahre bei der Bundeswehr", so fasst Oberstleutnant Anastasia Biefang ihre Zeit als Kommandeurin von mehr als 700 Soldatinnen und Soldaten in der Storkower Kurmark-Kaserne zusammen. "Als Mensch, der ich bin", sei sie hier wertgeschätzt worden. Deshalb falle ihr der Abschied schwer.
Sichtlich bewegt sprach die 46-jährige Offizierin beim Abschlussappell und der Fahnenübergabe an ihren Nachfolger noch einmal zu ihren Soldaten, Vorgesetzten und - Corona-Pandemie bedingt - nur einigen geladenen Gästen.
"Was alles geht"
Viel ist in den zurückliegenden drei Jahren über Biefang, die erste Transgender-Kommandeurin, geredet, geschrieben worden. Sogar ein Dokumentarfilm wurde gedreht. "Ich hoffe, dass ich ein sichtbares Beispiel bin, was alles in der Bundeswehr geht", antwortet sie auf die Frage, warum sie das alles mitgemacht und so offen über ihren Weg vom Mann zur Frau gesprochen habe. Es sollte Ermunterung sein für andere queere Menschen und dazu beitragen, Vorurteile abzubauen.
Verabschiedung von Anastasia Biefang: Ehrenrunde auf einem einhorn-geschmückten Militärfahrzeug
Karriere als Offizier
Anastasia Biefang wurde 1974 in Krefeld als Junge geboren. Auch ihr Vater war bei der Bundeswehr. 1994 wurde Biefang zum Grundwehrdienst eingezogen und machte selbst eine Karriere als Offizier.
20 Jahre bei der Bundeswehr brauchte es, bis sie mit 40 soweit war und es wagte, sich zu outen, dass sie künftig als Frau weiterleben wollte - keineswegs sicher, was dieser Schritt für ihren weiteren Werdegang als Soldatin bedeuten würde.
Sie hatte das Glück, dass sie auf ein verständnisvolles Umfeld traf. Ohne diese Menschen wäre das nicht möglich gewesen, bekannte Biefang später. Sie bekam Hilfe und Unterstützung von Vorgesetzten. Ihrer Karriere in der Bundeswehr hat die Offenheit nicht geschadet.
Queer und Soldat ging lange nicht zusammen
Noch vor 20 Jahren wäre das alles andere als selbstverständlich gewesen. Bis zum Jahr 2000 galten beispielsweise homosexuelle Soldaten als "Sicherheitsrisiko" und eine Karriere als Offizier oder Unteroffizier war ihnen praktisch verwehrt. Schwule wurden als Vorgesetzte und Ausbilder für ungeeignet gehalten. Erst zur Jahrtausendwende wurde diese Haltung offiziell geändert und damit auch die Vorschriften.
Seitdem gilt in der Bundeswehr der Grundsatz "Toleranz gegenüber anderen, nicht strafbewehrten sexuellen Orientierungen". In den folgenden Jahren hat sich einiges verändert, der Umgang ist offener geworden. Das trifft auch auf das Thema Transidentität zu.
Entschädigung angekündigt
Mittlerweile gibt es auch einen offiziellen Leitfaden dazu. Und auch was den Umgang mit Homosexualität betrifft hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im September angekündigt, dass Soldaten rehabilitiert und entschädigt werden sollen, die in der Bundeswehr diskriminiert und kriminalisiert wurden, nur weil sie schwul waren.
Dass die Bundeswehr fortschrittlich sei, wenn es um Vielfalt gehe, steht mittlerweile regelmäßig in den Berichten der Wehrbeauftragten des Bundestages. Ebenso regelmäßig steht da aber auch, dass es weiterhin Vorurteile, Misstrauen oder Beleidigungen gebe gegen Transgender-Menschen. Dass die Betreuung nicht immer gut sei und Unsicherheit herrsche im Umgang mit dieser für manchen unvertrauten Thematik.
Während eines feierlichen Abschlussappells übergab Anastasia Biefang in der Kurmark-Kaserne von Storkow die Führung an ihren Nachfolger Oberstleutnant Marc Tachlinski.
Der Weg ist noch weit
Der Weg ist noch weit, das weiß auch Biefang, trotz ihrer "guten Zeit", während des Kommandos in Storkow, der Akzeptanz und Anerkennung, die sie erfahren hat. Auch deshalb arbeitet sie sie aktiv im Verein "queerBW". Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Interessenvertretung der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Angehörigen der Bundeswehr - ehrenamtlich macht sie dies, neben ihrem Dienst, der sie jetzt nach Bonn ins Cyberkommando verschlagen wird.