Myanmar Teakholz füllt die Kassen der Militärjunta
Trotz Sanktionen gelangten auch 2022 Tausende Tonnen Holz aus Myanmar nach Europa. Die Menge liegt mit 3700 Tonnen sogar noch über der des Vorjahres. Die Gewinne füllen die Kassen einer brutalen Militärjunta.
Es weist einzigartige Eigenschaften auf und wird deshalb gern in Luxusjachten verbaut: Teakholz. Dessen natürliche Vorkommen in Myanmar sind inzwischen fast vollständig vernichtet. Knapp ein Jahrhundert Abholzung ließen von Myanmars Teak-Wäldern fast nichts übrig.
Den Vereinten Nationen zufolge verlor das Land zwischen 1990 und 2015 fast 15 Millionen Hektar Wald. Das ist mehr als die gesamte Waldfläche Deutschlands. Für die immer knapper werdende Ware gehen die Preise durch die Decke. Wer heute auf seinem Schiff ein Deck aus wildgewachsenem Teak will, zahlt dafür 1000 Euro und mehr pro Quadratmeter.
Der Wald in Myanmar gehört dem Staat. Ohne die staatseigene Holzagentur MTE gibt es weder Abholz- noch Exportgenehmigungen. In die EU gelangten im Jahr 2022 den offiziellen Statistiken zufolge Holz und Holzprodukte im Wert von mehr als 30 Millionen Euro.
Doch seit einem gewalttätigen Putsch 2021 füllt das von der MTE vertriebene Holz die Kassen einer Militärjunta, der schwerste Menschenrechtsverletzungen, Folter, Inhaftierungen von Oppositionellen und nicht zuletzt Völkermord an den Rohingya vorgeworfen werden. Im Juni 2021 setzte die EU die MTE darum auf eine Sanktionsliste.
Holzwirtschaft gilt als korrupt und kriminell
Dabei sollte Teak aus Myanmar schon seit Jahren nicht mehr nach Europa gelangen. Der Grund: Die EU-Holzhandelsverordnung. Sie verlangt von Holzimporteuren Nachweise zur exakten Herkunft des Holzes und Belege, dass es legal abgeschlagen wurde. Nach Ansicht der für Holzhandel zuständigen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist das für Myanmar spätestens seit 2018 unmöglich. Die Holzwirtschaft dort gilt als korrupt und kriminell.
Noch 2017 ließ sich BLE-Präsident Hanns-Christoph Eiden im Fachblatt "Holzimport" mit den Worten zitieren: "Dass wir streng prüfen, kann man uns, glaube ich, nicht vorwerfen." Erst ein Politskandal sorgte dafür, dass sich die BLE für konsequentere Kontrollen entschied. Im Sommer 2018 wurde bekannt: Auf der Gorch Fock, dem Segelschulschiff und Stolz der deutschen Marine, ist Teak aus Myanmar verbaut. Eine Prüfung des zuständigen Holzhändlers, Neumann, durch die BLE zeigte, dass die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten nicht eingehalten wurden.
Zu den 39 an den Recherchen beteiligten Medien gehören in Deutschland NDR, WDR, "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel". International waren unter anderen CBC in Kanada, der ORF in Österreich, "Le Monde" und "Radio France" in Frankreich sowie "The Indian Express" in Indien involviert.
Das Projekt konzentriert sich auf die weltweit fortschreitende Entwaldung und fokussiert unter anderem auf den fragwürdigen Handel mit Nachhaltigkeitszertifikaten, auf den illegalen Handel mit Edelholz und auf die rumänische Holzmafia. Alle Rechercheergebnisse werden international veröffentlicht.
Kritik an niedrigen Strafen
Die BLE verwarnte die Firma Neumann. Verwarnungsgeld: Null Euro. Kritiker bemängeln seit Langem, dass die BLE zu niedrige Strafen verhänge. Ein paar hundert, vielleicht ein paar tausend Euro. Bei dem, was mit Teak heute zu verdienen ist, machen diese Summen keinen Unterschied.
Nach dem Gorch-Fock-Skandal 2018 kündigte die BLE nach Abstimmung mit ihren Schwesterbehörden in der EU ein härteres Vorgehen an. Ob es so kam, daran gibt es Zweifel: Führte die BLE 2017 noch elf Prüfungen im Zusammenhang mit Holzimporten aus Myanmar durch, waren es 2018 immerhin noch sechs. Danach ging die Zahl rapide zurück. Zwischen 2019 und 2022 führte die BLE noch ganze zwei Kontrollen durch. Auch Verwarnungen wurden durch die BLE seit 2019 keine mehr ausgesprochen.
Dies geschah, obwohl weiterhin Holz aus Myanmar nach Deutschland gelangt. Vertrauliche Unterlagen die NDR, WDR, "Süddeutscher Zeitung" und "Spiegel" vorliegen zeigen: Zwischen 2018 und 2020 kamen Dutzende Teak-Lieferungen aus Myanmar in die EU. In den zugehörigen Lieferdaten tauchen auch die Namen von drei deutschen Händlern auf.
Verurteilung wegen illegaler Teak-Importe
Dazu zählt die Firma Koch Furniere. Sie taucht in Zusammenhang mit Lieferungen über einen griechischen Händler auf. Auf Fragen zu dieser Recherche antwortete sie nicht.
Im Fall der Firma Alfred Neumann GmbH, die bereits das Holz für die Gorch Fock geliefert hatte, soll das Teak über Italien geliefert worden sein. Neumann wies den Vorwurf unrechtmäßiger Importe von sich und erklärte, seit Sommer 2018 keinerlei Myanmar-Teak mehr zu importieren, sondern nur noch Teak aus anderen Ländern.
Bei der Firma WOB mit Sitz in Hamburg lief die Ware anscheinend über einen kroatischen Zwischenhändler. Der WOB-Geschäftsführer wurde bereits in der Vergangenheit wegen illegaler Teak-Importe zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, ist gegen das Urteil aber in Berufung gegangen. Auch er bestreitet jede Beteiligung an unrechtmäßigen Importen.
"Allgemeiner Verdacht"
Offenbar brachten auch diese 67 Importe, insgesamt 1300 Tonnen im Wert von sieben Millionen Euro, die BLE nicht dazu, die Händler zu überprüfen. Sie erklärte, sie habe erst im Jahr 2020 von diesen Lieferungen erfahren. Weil das Holz über andere EU-Länder importiert wurde, sei man sich nicht sicher, ob man überhaupt zuständig war, so die BLE auf Nachfrage.
Unabhängig davon habe die BLE allerdings im Frühjahr 2020 einen "allgemeinen Verdacht" gehabt, dass Teak aus Myanmar in die EU gelangen könnte und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF um Ermittlungen gebeten. "Im November 2020 stellte OLAF als Ergebnis der Recherche vor, dass es Importe in die EU von den Firmen Neumann, Koch und WOB gibt. Im Frühjahr 2021 begann OLAF mit der Prüfung der Unternehmen Neumann und Koch. Um Ermittlungen gegen WOB wurde das BKA gebeten", so eine BLE-Sprecherin auf Anfrage.
Noch heute prüfen Staatsanwaltschaften, ob die Lieferungen legal waren oder nicht. Das Teak ist inzwischen wohl längst verkauft und verbaut. Gegen Verantwortliche der Firma WOB ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen möglicher Verstöße gegen das Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG).
Freier Handel innerhalb der EU
Ob noch mehr Teak nach Deutschland gelangte, lässt sich kaum sagen. Der Grund ist eine auf Drängen der Holzlobby in die EU-Holzhandelsverordnung geschriebene Regel. Sie erlegt nur demjenigen strenge Pflichten auf, der das Holz als Erster in die EU einführt. Alle nachfolgenden Händler können die Ware in der EU frei handeln.
Die BLE sagt, sie lasse sich seit 2018 vom Zoll über Teak-Lieferungen informieren. So erfuhr die BLE, dass im Februar 2022, nach Verhängung der Sanktionen gegen Myanmar, eine weitere Lieferung nach Deutschland angemeldet wurde. Auch in diesem Fall wurde das Holz nicht beschlagnahmt. Weil die Ware nicht für den deutschen Markt bestimmt war, sondern für einen polnischen Holzhändler, habe man die dortigen Behörden informiert. Dort läuft inzwischen eine Prüfung des Vorgangs.
Mangelnde Kooperation der Zollbehörden
Experten und Umweltschutzorganisationen kritisieren die BLE seit Langem für einen ihrer Ansicht nach zu laxen Umgang mit der Problematik. "Man nimmt wissentlich in Kauf, dass die Wälder in Myanmar zerstört werden. Man nimmt auch in Kauf, dass die Militärs damit Geld verdienen. Menschenrechtsverletzungen sind damit verbunden. All das nimmt man in Kauf und ignoriert die eigenen Gesetze", beklagt Johannes Zahnen vom WWF.
Für Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament, ist es ein "Skandal, dass die eher minimalen Sanktionen gegenüber Myanmar nicht konsequent umgesetzt werden". Er fordert die EU-Kommission zu deutlicheren Maßnahmen auf. Auch die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn beklagt, es sei "erschreckend, dass die Sanktionen scheinbar so einfach umgangen werden können". Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der Linkspartei, fordert "mehr Zollmitarbeiter:Innen und eine besser ausgerüstete Zollverwaltung".
Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte auf Anfrage, Einfuhren von Holz aus Myanmar nach Verhängung der Sanktionen kämen einem Sanktionsbruch gleich. Allerdings bräuchten "die zuständigen EUTR-Behörden der Mitgliedstaaten (…) die nötige Zeit, die Zusammenarbeit mit den Zollbehörden und den Sanktionsbehörden aufzubauen, um die Sanktionen wirksam durchzusetzen".