Klimaschutz in Deutschland Mehr im Blick als Daten und Prognosen
Die Wissenschaftler im Klimarat sind unzufrieden mit den Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung. Doch die muss auch den Wählerwillen im Blick behalten. Und der bleibt völlig uneindeutig.
Viel deutlicher hätte der Klimaschutz-Expertenrat nicht werden können. Die Bemühungen der Bundesregierung: nicht ausreichend. Die Datenlage: unübersichtlich. Ein schlüssiges Gesamtkonzept: nicht vorhanden. So eindeutig der Befund ist, so wenig überrascht er. Schon länger ist klar, dass Deutschland kein Erkenntnisproblem in Sachen Klimaschutz hat, sondern ein Umsetzungsproblem.
Im Expertenrat für Klimafragen sitzen Wissenschaftler. Wissenschaftler arbeiten für gewöhnlich mit Daten und Prognosen und kommen dementsprechend meist zu einem klaren Ergebnis. Doch darüber, was am Ende der Bevölkerung zugemutet wird, muss die Politik - entscheidet die Bundesregierung. Und das ist naturgemäß deutlich schwerer - erst recht, wenn die Bundesregierung aus drei Parteien besteht, die teilweise sehr unterschiedliche Auffassungen davon haben, was die Bevölkerung an Maßnahmen zu tragen bereit ist.
Uneindeutiger Wählerwille
Zahlreiche Wählerbefragungen haben zuletzt deutlich gemacht, dass Volkes Wille in puncto Klimaschutzmaßnahmen schwer einzuschätzen ist. Zwar hält eine Mehrheit Klimaschutz für wichtig. Wird Klimaschutz allerdings konkret, bröckelt diese Zustimmung ins Bodenlose. Zuletzt beobachten ließ sich das bei der schrillen Debatte rund ums Heizungsgesetz.
Blickt man genauer auf die Umfragen wird deutlich, dass Verbote und Einschränkungen auf wenig Akzeptanz stoßen. Mehr Zustimmung gibt es hingegen für neue, bessere Angebote - neun von zehn Deutschen sind zum Beispiel dafür, dass das Schienennetz schneller ausgebaut wird. Das ist logisch: Je einfacher es den Menschen gemacht wird, das klimaschädlichere Auto durch den klimafreundlicheren ÖPNV zu ersetzen, desto eher wird dieses Angebot angenommen.
Die Politik muss mehr im Blick behalten
Olaf Scholz hat eine unerschütterliche Vorstellung davon, was die Rolle Deutschlands beim Klimaschutz sein soll. Nämlich Vorbild. Denn der tatsächliche deutsche Beitrag zum weltweiten CO2-Ausstoß ist übersichtlich. Deutschland muss es aus Sicht des Kanzlers also schaffen, Nachahmer zu finden. Und das gelinge nur, wenn Klimaschutzmaßnahmen die Gesellschaft nicht weiter spalten und darüber hinaus zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen, so die Idee.
Experten dürften diese Haltung ambitionslos finden. Demokratische Parteien müssen jedoch mehr im Blick haben als Daten und Prognosen. In zwei Jahren ist die nächste Bundestagswahl. Sollte sich eine Mehrheit mehr Ambitionen im Klimaschutz wünschen, kann sie dann dementsprechend wählen.