Handelsstreit mit den USA Besonnen reagieren und verhandeln
US-Präsident Trump hat mehrere Länder von seiner Zollpolitik ausgenommen. Martin Ganslmeier meint, es sei unwahrscheinlich, dass er auch die EU verschont. Umso wichtiger sei es nun, zu verhandeln.
Gelingt es der EU doch noch in letzter Minute, von Trumps Zöllen auf Stahl und Aluminium verschont zu werden? Ehrlich gesagt: Ich bin skeptisch. Zu weit hat sich der US-Präsident gegenüber den amerikanischen Stahlarbeitern aus dem Fenster gelehnt.
Für Kanada und Mexiko hat er bereits Ausnahmen zugelassen. Wohl auch für Australien. Wenn jetzt noch Verbündete wie die EU, Japan und Südkorea dazukommen, hätte Trump gleich auf Schutzzölle verzichten können.
Keil zwischen zwei natürliche Verbündete
Ein transatlantischer Handelskrieg zwischen den USA und der EU würde ausgerechnet einen Keil zwischen die beiden natürlichen Verbündeten beim fairen Welthandel treiben. Über Chinas fragwürdige Praktiken würde niemand mehr reden.
Sind also die Last-Minute-Bemühungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und EU-Wettbewerbskommissarin Cecilia Malmström vergebliche Liebesmüh? Eindeutig nein! Denn beide haben der US-Regierung klar gemacht: Die EU ist gesprächsbereit, wenn es um den Abbau von Zöllen und Handelsbarrieren geht. Das eigentliche Problem beim Stahl und bei vielen anderen Handelshemmnissen ist China.
Drei Szenarien
Was also wird am Freitag passieren? Am unwahrscheinlichsten ist das Best-Case-Szenario: ein Rückzieher Trumps und eine öffentliche Erklärung, dass die EU als enge Verbündete von den Zöllen verschont bleibt. Das widerspräche allen bisherigen Aussagen Trumps.
Schon eher möglich ist, dass "die Uhr angehalten" wird, damit die EU mehr Zeit bekommt, um den USA entgegen zu kommen.
Ebenfalls möglich ist das Worst-Case-Szenario: Trumps Zölle kommen - ohne Aussicht auf eine baldige Lösung des Konflikts. Und wie soll die EU dann reagieren? Einen härteren Kurs einschlagen, um das "Schulhofrüpel"-Gebaren des US-Präsidenten nicht durch Nachgeben zu belohnen? Dafür bekämen Juncker, Merkel und Macron sicher viel Zustimmung. Doch leider sitzt Europa am kürzeren Hebel.
90 Tage für weitere Verhandlungen
Sollte die EU mit Strafzöllen auf Whiskey, Jeans oder US-Motorräder antworten, würde Trump noch härter zurückschlagen und die Zölle für europäische Autos erhöhen. Das würde Deutschland besonders hart treffen. Auch deshalb war es richtig, dass sich Altmaier in Washington um Kompromisse und Deeskalation bemüht hat.
Europa tut gut daran, besonnen zu reagieren. Sollten die Zölle am Freitag kommen, hat sich die EU klugerweise 90 Tage für weitere Verhandlungen gegeben. Sofortige Gegenmaßnahmen eskalieren schnell zu einem Handelskrieg. Bei dem verlieren alle Beteiligten, am meisten aber die Exportnation Deutschland.
Und noch eine Bemerkung: Nicht wenige in Deutschland, die jetzt Trumps Protektionismus kritisieren, haben noch vor kurzem gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP und amerikanische Hühnchen protestiert. Auch bei uns gibt es Protektionismus. Der Abbau von Zöllen und Handelsbarrieren zwischen EU und USA scheiterte nicht zuletzt am Widerstand in Deutschland. Wie kurzsichtig dies war, das zeigt uns jetzt Trumps protektionistische Politik.