Interview

ARD-Vorsitzender Raff zur Christiansen-Nachfolge "Machen Sie Vorschläge für weitere Namen!"

Stand: 12.01.2007 18:57 Uhr

Nächste Woche wird es offizielle Vorschläge für die Christiansen-Nachfolge geben. "Ich lade jeden ein, die Liste zu ergänzen", sagte der ARD-Vorsitzende Raff tagesschau.de. Die Diskussion um den geplatzten Wechsel von Günther Jauch habe dem Image der ARD geschadet, räumte er ein.

Nächste Woche wird es offizielle Vorschläge für die Christiansen-Nachfolge geben. "Ich lade jeden ein, die Liste zu ergänzen", sagte der ARD-Vorsitzende Raff tagesschau.de. Die Diskussion um geplatzten Wechsel von RTL-Moderator Günther Jauch ins Erste habe dem Image geschadet, räumte er ein. Im Fall Harald Schmidt sei der ARD aber Geheimniskrämerei vorgeworfen worden.

tagesschau.de: Wie geht es jetzt weiter mit der Sonntagabend-Talkshow im Ersten?

Fritz Raff: Der politische Talk am Sonntagabend bleibt. Die Programmdirektoren werden sich unter Leitung von Herrn Dr. Struve nächste Woche mit der Frage befassen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse werden wir dann auf der Sitzung der Intendanten am 6. Februar über die Nachfolge entscheiden. Ich gehe davon aus, dass Jobst Plog als Intendant des für den Sendeplatz federführenden Senders diesen Vorschlag unterbreitet. Kandidaten kann ich noch nicht nennen, aber ich lade jeden ein, die Liste von zehn Namen, die als Spekulation bereits kursieren, um weitere zehn Namen zu ergänzen.

tagesschau.de: Was waren die Gründe dafür, dass der eigentlich schon vereinbarte Wechsel von Günter Jauch ins Erste geplatzt ist?

Raff: Wir haben in der Intendantensitzung Ende November den Eckpunkten, die der NDR ausgehandelt hatte, zugestimmt. Die Intendantenrunde hat dann noch zwei zusätzliche Bitten geäußert. Zum einen, dass die Sendung mit Herrn Jauch künfig in die Zuständigkeit der ARD-Chefredaktion überführt wird. Damit wollten die Intendanten auf die Vorwürfe reagieren, dass "Sabine Christiansen“ nicht im Bereich Information, sondern in der Unterhaltung angesiedelt ist.

Zum anderen ging es darum, dass Herr Jauch nach dem Auslaufen von "Stern TV“ noch ein zweites journalistisches Format in der ARD übernehmen sollte. Darüber haben im Dezember der WDR-Intendant, Herr Pleitgen, und Herr Dr. Struve als Programmdirektor mit Herrn Jauch gesprochen. Herr Jauch bat dann, darüber in Ruhe nachdenken zu dürfen. Am Donnerstag hat er uns das Ergebnis mitgeteilt.

Christiansen geht - wer kommt?
Sabine Christiansen wird am 24. Juni zum letzten Mal ihre politische Talkshow im Ersten moderieren. Der als Nachfolger vorgesehene Günther Jauch sagte überraschend ab: Er wollte der ARD keine Zusage für weitere Sendungen geben. Außerdem wollte er nach eigener Aussage nicht den Chefredakteuren der ARD untergeordnet sein. Nun sucht die ARD einen neuen Nachfolger für Christiansen.

tagesschau.de: In den Medien entstand der Eindruck, dass die ARD uneinig war. Woran lag das?

Raff: Das lag weniger am Thema, als daran, dass durch verschiedene Anlässe – Intendantenwahlen, Gremiensitzungen – an unterschiedlichen Orten Stellungnahmen dazu abgegeben worden sind. Zum Teil kamen diese von Gremienmitgliedern, die ein bisschen mehr wussten, zum Teil waren es solche, die etwas weniger wussten. So ist der Eindruck entstanden, es gebe in der ARD ein Durcheinander. Dieser Eindruck ist aber falsch. Wir neun Intendanten waren jederzeit auf der Höhe der Information und hatten überhaupt keine Probleme mit den Vorgängen.

Bei Schmidt hieß es "zu wenig Gremien beteiligt"

tagesschau.de: War es nicht unklug, dass sich so viele ARD-Vertreter öffentlich zu den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen geäußert haben?

Raff: Das kann man nicht vermeiden, wenn Gremien einen Vorgang beraten, der in seiner Form einmalig ist. Wenn einer der bekanntesten Protagonisten des kommerziellen Fernsehens nun plötzlich im öffentlich-rechtlichen System einen Sendeplatz bekommen soll - das ist etwas, was die Leute diskutieren wollen. Dafür müssen wir Verständnis haben. Zum anderen erinnere ich daran, wie es war, als wir die Verträge mit Harald Schmidt für seine Sendung im Ersten abgeschlossen haben: Damals haben uns dieselben Leute, die jetzt die Äußerungen aus den Gremien kritisch bewerten, vorgehalten, wir hätten die Gremien zu wenig beteiligt.

"Imageschaden entstanden"

tagesschau.de: Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, dass es ein riesiger Imageschaden für die ARD ist. Wie sehen Sie das?

Raff: Was die veröffentlichte Meinung angeht, ist ein Imageschaden entstanden. Dagegen kann sich die ARD nur bedingt wehren. Einen Imageschaden kann man aber auch herbei schreiben. Jetzt kritisieren uns Journalisten, die zuvor bemängelt haben, dass wir uns einen hervorragenden Mann vom kommerziellen System einkaufen wollen, anstatt auf diesem Sendeplatz ARD-Eigengewächse zum Zug kommen zu lassen.

Die Fragen stellte Fiete Stegers, tagesschau.de