Warnstreiks im Nahverkehr Stillstand in mehr als 80 Städten
Im öffentlichen Nahverkehr geht heute fast nichts mehr: Mehr als 80 Städte sind von den Warnstreiks von ver.di betroffen, nur Bayern bleibt verschont. Das Bus-, Tram- und U-Bahn-Personal fordert unter anderem längere Ruhezeiten.
Nach Flughäfen legt die Gewerkschaft ver.di seit dem frühen Morgen mit Warnstreiks in zahlreichen Städten und Regionen den öffentlichen Nahverkehr lahm. In mehr als 80 Städten in 15 Bundesländern geht im Bus-, U- und Straßenbahnverkehr fast nichts mehr. Pendlerinnen und Pendler, Schülerinnen und Schüler und andere Reisende müssen nach Alternativen suchen. Lediglich Bayern ist nicht betroffen, dort laufen die Tarifverträge länger.
Der Ausstand ist in den meisten Kommunen ganztägig geplant. In Berlin endete er bereits um zehn Uhr. Besonders betroffen ist Nordrhein-Westfalen. Von den bundesweit rund 90.000 zum Warnstreik aufgerufenen Beschäftigten arbeitet rund ein Drittel in dem Bundesland.
Der Warnstreik dort habe planmäßig mit dem Schichtbeginn - in der Regel zwischen drei und vier Uhr nachts - begonnen, sagte Peter Büddicker vom ver.di-Landesbezirk NRW am Morgen. Die Streikbeteiligung sei hoch, so der Gewerkschafter.
Geld, Arbeitszeit, Pausen und Urlaub
Ähnliche Meldungen gab es aus anderen Bundesländern, etwa Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen oder dem Saarland. Hintergrund sind parallele Tarifverhandlungen im Öffentlichen Nahverkehr in fast allen Bundesländern. In den meisten Runden geht es vor allem um die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.
Ver.di fordert unter anderem kürzere Arbeitszeiten ohne finanzielle Einbußen, längere Ruhezeiten zwischen einzelnen Schichten, mehr Urlaubstage oder mehr Urlaubsgeld. Damit sollen die Beschäftigten entlastet und der Beruf attraktiver werden. Sämtliche Verkehrsunternehmen leiden unter dem anhaltenden Personalmangel. Insbesondere Busfahrerinnen und Busfahrer sind schwer zu finden. In Berlin ist die BVG aus diesem Grund seit Monaten mit einem eingeschränkten Busfahrplan unterwegs.
Weitere Streiks nicht ausgeschlossen
In Brandenburg, im Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird auch über höhere Löhne und Gehälter verhandelt. In Brandenburg etwa verlangt ver.di 20 Prozent - mindestens aber 650 Euro mehr für die Beschäftigten. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll laut ver.di ein Jahr betragen. In Hamburg wird über einen neuen Haustarifvertrag für die Verkehrsbetriebe verhandelt.
Die nächsten Verhandlungsrunden im ÖPNV sind etwa in NRW und Berlin für Mitte Februar angesetzt. In Nordrhein-Westfalen will die Gewerkschaft den Druck vorher noch einmal erhöhen, wie der dortige Verhandlungsführer Büddicker sagte. Ob es noch einmal zu einer Warnstreikaktion in allen 15 Bundesländern kommt, blieb aber zunächst offen.
Unterstützung von Fridays for Future
Unterstützt werden die Warnstreiks von der Klimabewegung Fridays for Future (FFF). Die Organisation fordert bessere Arbeitsbedingungen in der Branche als Voraussetzung dafür, dass der Öffentliche Nahverkehr als Alternative zum Auto attraktiver wird.
"Natürlich können wir als Klimabewegung dafür kämpfen, dass Klimaziele im Verkehr eingehalten werden können und die Emissionen endlich sinken", sagte Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer in Berlin beim Besuch eines Warnstreikpostens der Gewerkschaft ver.di. "Aber das geht am Ende nicht auf, wenn wir ignorieren, unter welchen Bedingungen die Menschen arbeiten."
Selfie mit dem Streikleiter: Luisa Neubauer am Morgen in Berlin.
Hamburger Flughafen ebenfalls bestreikt
Auch die Grünen solidarisierten sich am Freitag mit den Streikenden. Diese seien "die alltäglichen Klimahelden", sagte die Vorsitzende der grünen Fraktion im Bundestag, Katharina Dröge: "Sie schaffen mit ihrer Arbeit jeden Tag, dass Millionen Menschen in Deutschland klimafreundlich und zu bezahlbaren Preisen unterwegs sind. Deshalb ist der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen wichtig."
Ver.di bestreikt nicht nur den Öffentlichen Nahverkehr. Auch am Hamburger Flughafen rief die Gewerkschaft das Bodenpersonal zum Ausstand auf. Die ersten An- und Abflüge dort fielen am Morgen - wie geplant - aus. Bereits am Donnerstag hatte es an insgesamt elf deutschen Flughäfen zahlreiche Flugausfälle aufgrund von Warnstreiks gegeben.