Antrag auf Rettung oder Insolvenz Kann Arcandor der Pleite entrinnen?
Das Ringen um eine Rettung von Arcandor geht in die letzte Runde. Noch heute könnte der Handelskonzern einen neuen Antrag auf einen Notkredit stellen. Der Karstadt-Mutter droht die Insolvenz. Wirtschaftsminister zu Guttenberg sieht das Unternehmen in der Pflicht.
Im Ringen um die Rettung des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor sucht der Vorstand fieberhaft nach neuen Lösungswegen. Das Führungsgremium sei am Morgen zusammengekommen, um die in der Nacht erzielten Ergebnisse der Verhandlungen mit Haupteignern, Gläubigerbanken und Vermietern zu beraten, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski. "Dann wird entschieden, wie es weitergeht."
Dem Konzern droht die Insolvenz. Die Bundesregierung hatte gestern die von Arcandor beantragte Rettungsbeihilfe über 437 Millionen Euro abgelehnt und ein stärkeres Engagement von Hauptaktionären, Banken und Vermietern gefordert. Der Vorstand will nun entscheiden, ob er noch heute einen neuen Antrag einreicht. Vor allem mit der Eigenkapitalseite seien intensive Gespräche über ein intensives Engagement geführt worden, sagte Koslowski weiter. Ob die Großaktionäre Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz ein höheres Angebot unterbreitet haben, sagte der Sprecher allerdings nicht.
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg forderte im ARD-Morgenmagazin Arcandor zum Handeln auf und stellte mehrere Bedingungen für eine Rettungsbeihilfe. Notwendig seien "signifikante Beiträge der Eigentümer" sowie ein Stillhalteabkommen der Gläubigerbanken, das aber länger als nur drei bis sechs Monate gelten müsse. Der CSU-Politiker wies darauf hin, dass der insolvenzbedrohte Karstadt-Mutterkonzern alte Verbindlichkeiten von 960 Millionen Euro zu tragen hat.
"Es muss geliefert werden"
Als weitere Bedingungen für die beantragte Rettungsbeihilfe in dreistelliger Millionenhöhe nannte der CSU-Politiker zudem eine Verständigung mit Warenkreditversicherungen und die Vorlage von Sicherheiten für die öffentliche Hand. "Das ist ein Zehn-Punkte-Plan, der den Chefs bekannt ist", sagte Guttenberg. "Es muss nun geliefert werden. Wir können jetzt nicht die Kriterien aufweichen."
Der Minister bekräftigte die grundsätzliche Hilfsbereitschaft des Staates. "Wir haben als Bund versucht, jeden nur erdenklichen, sinnvollen Rettungsring hinzuwerfen. Allerdings ist das an Kriterien gebunden. Wir müssen sinnvoll mit Steuergeldern umgehen." Guttenberg forderte weiter, die von den Eigentümern schon in Aussicht gestellten 150 Millionen Euro müssten als "echte Kapitalspritze" ins Unternehmen gesteckt, und nicht nur als Kapitalerhöhung bereitgestellt werden. Bisher hatten die Arcandor-Hauptaktionäre, Quelle-Erbin Schickedanz und Sal. Oppenheim, ihre Bereitschaft erklärt, sich an einer Kapitalerhöhung um 150 Millionen Euro gemäß ihrer Konzernanteile zu beteiligen.
Verweis auf EU-Anforderungen
Der Minister wies weiter darauf hin, dass die Europäische Union im Zusammenhang mit der Rettungsbeihilfe auch harte Anforderungen stellen werde, etwa Umstrukturierungen bei der Kapazität. "Das bewegt sich oft im 30- bis 50-prozentigen Bereich, mit dann entsprechenden Auswirkungen auf die Arbeitsplätze." Guttenberg sagte vor diesem Hintergrund: "Ich kann nur an alle appellieren, alle Optionen im Blick zu behalten, um den Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen zu sichern - insbesondere solche mit privaten Investoren."
Eine Unterstützung Arcandors aus dem sogenannten Deutschlandfonds, den die Regierung mit dem zweiten Konjunkturpaket aufgelegt hat, kommt für Karstadt nicht infrage: Eine Bedingung dafür ist nämlich, dass die Probleme des Unternehmens erst mit der Wirtschaftskrise im August 2008 begonnen haben.
Eine so genannte Rettungsbeihilfe ist die letzte Hoffnung der Karstadt- und Quelle-Mutter auf staatliche Hilfe. Arcandor hatte den Notkredit in Höhe von 437 Millionen Euro beantragt und durchblicken lassen, dass ohne diese Nothilfe eine Insolvenz unausweichlich sei.
Tiefensee: "Bewegt euch heute!"
Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee sagte ebenfalls im ARD-Morgenmagazin, es sei noch keine Entscheidung über den weiteren Umgang mit Arcandor gefallen. "Wir suchen intensiv nach Lösungen", sagte er. Bei Karstadt gehe es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch darum, wie die Städte künftig aussehen werden, so der SPD-Politiker. "Wollen wir geschlossene Fenster haben? Wollen wir eine Brache mitten in der Stadt haben?" Der Magnet in der Innenstadt drohe bei Schließung der Kaufhäuser wegzufallen. Tiefensee appellierte im Fall Karstadt an die Eigentümer, Banken und Vermieter des Mutterkonzerns Arcandor: "Bewegt euch heute, damit wir morgen zu einer Lösung kommen."