E-Commerce aus China Macht TikTok bald Europas Onlinehandel Konkurrenz?
Die chinesische Social-Media-Plattform TikTok hat in Deutschland Millionen Nutzer. Bald könnte sie auch mit einem eigenen Online-Shop in Europa nachziehen. Ein Problem für Zalando & Co.?
Für die deutschen Onlinehändler liefen die Geschäfte zuletzt nicht besonders gut: So rutschte der Handelskonzern Otto dieses Jahr in die roten Zahlen, bei Zalando fiel der Aktienkurs. Dazu beigetragen haben könnte die wachsende Konkurrenz aus China: Plattformen wie Shein, Temu, Wish oder Alibaba fluten den europäischen Mark mit preisgünstiger Ware.
Und Anfang 2024 könnte weitere Konkurrenz dazukommen: Es verdichten sich die Anzeichen, dass der chinesische Social-Media-Gigant TikTok seinen eigenen Online-Shop bald auch in Europa startet. Zuletzt wurde darüber spekuliert, dass der Shop im ersten Quartal 2024 starten könnte.
Mit Provisionen ordentlich mitverdienen
Die App dominiere momentan Moden und Trends, sagt Ralf Deckers, E-Commerce-Experte beim Institut für Handelsforschung Köln. "TikTok ist nicht umsonst als Explosions-App bezeichnet worden, also eine App, die sich mit einer ungeheuren Vitalität und Kraft in Märkten ausbreitet", so der Deckers. "Wir sehen auch, dass die die Öffnungsraten dieser App viel höher sind: Wenn ich da sehr oft dran bin, ständig Trends sehe, dann wird das irgendwann auch durchschlagen und zu Wirkungen führen."
Viele Influencer bewerben schon heute Produkte in ihren TikTok-Videos. Künftig sollen Produkte aber viel einfacher direkt in der App verkauft werden können. Und TikTok will mit Provisionen und eigenen Versandlösungen ordentlich mitverdienen.
Groß angelegte Datensammlung
In asiatischen Märkten ist TikTok damit bereits erfolgreich: vor allem, weil die App in großem Stil Daten sammelt und Nutzer gut kennt. Der Algorithmus spiele automatisch die Produkte für den jeweils interessierten Kunden aus, erklärt Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms. "So lassen sich eigentlich nur die hohen Umsatzzahlen oder Absatzzahlen für einzelne Produkte erklären - dass man eben die passgenauen Videos schaut, Videos an die jeweiligen Kunden ausspielt."
In Deutschland hat TikTok über 20 Millionen Nutzer, die oft auf die Ratschläge von Influencern vertrauen und sich bei ihren Konsumentscheidungen von Social Media beeinflussen lassen. Vor allem junge Konsumenten sollten mit schnelllebigen Trends und ultra-personalisierten Angeboten gelockt werden, so Decker. "Das ist natürlich etwas, was die anderen Onlineshop-Anbieter in dem Maße nicht können. Es liegt natürlich auch die eine oder andere Gefahr darin, was den Nutzer anbelangt." Eine Gefahr für junge Konsumenten also, zum Beispiel in der Überschuldung zu landen.
Direkte Beziehung zwischen Kunden und Anbieter
Aber nur ein geringes Risiko für die europäischen E-Commerce-Größen, meint Handelsexperte Funder. Nach seiner Einschätzung würde der TikTok-Shop den breit sortierten Händlern keine direkte Konkurrenz machen.
"In TikTok werden wir kaum kuratierte Sortimente sehen. Wir werden Einzelprodukte sehen - Produkte, die einfach sind, ohne viel Erklärungen verkauft werden können, die häufig trendy sind", so Funder. Es stehe immer dabei "die direkte Beziehung des kaufenden Kunden und des vertreibenden Anbieters im Vordergrund".
Noch steht eine offizielle Ankündigung für den Start des TikTok-Shops in Europa aus. Erst wenn es dazu kommt, wird sich klären, wie hart die Konkurrenz durch den chinesischen Anbieter für Europas E-Commerce-Branche tatsächlich sein wird.