Reform der Ökostrom-Umlage Industrie soll geschont werden
Die geplante Beteiligung der Industrie an den Mehrkosten der Energiewende wird wohl deutlich reduziert. Nach dem Willen mehrerer SPD-Politiker soll es für Betriebe mit eigener Stromproduktion Ausnahmen geben. Schlecht ist das für andere Verbraucher.
Die Produktion in der deutschen Industrie ist oft ein energieintensives Unterfangen. Besonders Großverbraucher sind von den steigenden Stromkosten stark betroffen. Sie können sich daher von der Ökostrom-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) weitgehend befreien lassen. So soll sichergestellt werden, dass die Unternehmen im Zuge der Energiewende keine Nachteile im internationalen Wettbewerb erleiden.
Zumindest eine gewissen Beteiligung an den Kosten der Energiewende war von der Bundesregierung aber doch geplant. Doch diese Mindestumlage für von Unternehmen selbst produzierten Strom - sogenannter Eigenstrom - soll nun offenbar komplett wegfallen. Dafür haben sich mehrere SPD-regierte Länder ausgesprochen.
Leisten sich Unternehmen eigene Windparks, zahlen sie für den erzeugten und verbrauchten Strom keine EEG-Umlage.
Die vorgeschlagene Regelung, auf den Strom aus neuen Eigenstromanlagen 70 bis 90 Prozent der EEG-Umlage zu erheben, sei "nicht haltbar", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Berlin. Sie stellte die Forderung gemeinsam mit der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, und dem baden-württembergischen Vize-Ministerpräsidenten Nils Schmid vor. Kraft betonte, für bestehende Eigenstrom-Anlagen müsse zudem Bestandsschutz gelten.
Derzeit müssen Unternehmen, die Strom selbst produzieren und verbrauchen, darauf keine Umlage zahlen. Die Pläne der Bundesregierung zur EEG-Reform sehen bislang vor, bereits bestehende Anlagen künftig gering zu belasten.
Wirtschaftsminister Gabriel macht Rückzieher
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel signalisierte Bereitschaft, zusammen mit der Union eine Überarbeitung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Eckpunkte umzusetzen. "Ich glaube, dass das, was die Länder vorschlagen, eine kluge Weiterentwicklung wäre", sagte Gabriel. Da Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) ähnlich argumentiert, zeichnet sich ab, dass der "Energie-Soli" nur für Neuanlagen zur Eigenstromversorgung kommen könnte. Das Bundeskabinett soll am 8. April über den endgültigen Gesetzentwurf entscheiden.
Der Industrie bleiben damit nach Schätzungen Mehrkosten von jährlich etwa 500 Millionen Euro gegenüber ersten Gesetzentwürfen erspart. Gabriel machte damit zum zweiten Mal im Zuge seiner Ökostrom-Reform einen Rückzieher: Bereits die geplante stärkere Belastung von Deutscher Bahn sowie U- und Straßenbahnen nahm Gabriel auf Druck des Verkehrsministeriums in seinem Gesetzentwurf zurück.
Schlechte Nachrichten für Stromkunden
Insgesamt könnte durch die Rücknahme der Umlagen für Eigenstrom ein wichtiger Teil der geplanten Strompreis-Entlastung für andere Verbraucher entfallen. Da Industrieunternehmen, aber auch Supermärkte, sich zunehmend selbst mit Energie versorgen, steigen die Umlagebelastungen der übrigen Verbraucher beim Strompreis, denn die Lasten verteilen sich auf weniger Schultern.
Das Kostenvolumen für diese "Flucht" aus dem Fördersystem wird nach Schätzungen in Regierungskreisen für 2014 auf bis zu 2,5 Milliarden Euro beziffert. Ursprünglich war von Gabriel geplant, dass bis 2013 ans Netz gegangene Stromproduktionsanlagen künftig knapp einen Cent je Kilowattstunde Umlage zahlen. Um den Selbstversorger-Trend zu stoppen, sollen neue Anlagen demnach für den Eigenverbrauch sogar 90 Prozent der Ökostromumlage von derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde zahlen, also rund 5,6 Cent. Solar- oder Windparks sowie für den Eigenverbrauch bestimmte Biogasanlagen sollten etwa 4,4 Cent Mindestumlage abführen.