Notkredite über 78 Milliarden Euro EU beschließt Hilfspaket für Portugal
Portugal erhält von EU und IWF Notkredite in Höhe von 78 Milliarden Euro. Die Finanzminister der Euro-Staaten gaben dem Hilfspaket grünes Licht. Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung in Lissabon zu einem harten Reform- und Sparprogramm. Nach Griechenland und Irland ist Portugal das dritte Euro-Land, das Hilfskredite bekommt.
Die Finanzminister der Euro-Staaten haben den Kredithilfen für das hoch verschuldete Portugal in Höhe von 78 Milliarden Euro zugestimmt. "Die Minister haben einstimmig beschlossen, Finanzhilfe auf den Antrag Portugals vom 7. April hin zu gewähren", heißt es in einer Erklärung der Minister. Dies sei notwendig, um die Finanzstabilität in der Euro-Zone zu sichern. Ein Drittel der Kredite entfällt auf den Rettungsfonds der Euro-Staaten EFSF, ein weiteres Drittel auf die EU, das dritte Drittel auf den Internationalen Währungsfonds IWF.
Im Gegenzug musste sich das Land verpflichten, die Neuverschuldung rasch abzubauen und seine Wirtschaft grundlegend zu reformieren. Die Neuverschuldung muss von rund sechs Prozent in diesem Jahr bis 2013 unter die vom europäischen Stabilitätspakt vorgegebene Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken. Mit Reformen am Arbeitsmarkt, im Immobilien- und im Dienstleistungssektor soll die lahmende Wirtschaft des Landes wieder Fahrt aufnehmen.
Portugal musste außerdem zusagen, private Gläubiger von Staatsanleihen zu "ermutigen", die Staatspapiere nicht zu verkaufen. Diese Bedingung hatte Finnland für seine Zustimmung zu dem Hilfspaket gestellt.
Programm auf drei Jahre ausgelegt
Nach Griechenland und Irland ist Portugal somit das dritte Euro-Land, das internationale Hilfskredite bekommt. Portugal hatte Anfang April beantragt, unter den Rettungsschirm von insgesamt 750 Milliarden Euro zu schlüpfen. Das Programm ist auf drei Jahre ausgelegt. Auf die Freigabe der ersten Tranche der Kredite ist das Land dringend angewiesen, weil es zum 15. Juni Schulden in Höhe von fünf Milliarden Euro begleichen muss. Die Finanzminister aller 27 EU-Staaten müssen die Entscheidung an diesem Dienstag noch einmal bestätigen - die Zustimmung gilt als gesichert.
Minister sprechen auch über Griechenland-Hilfen
Neben Portugal berieten die Finanzminister auch über die Situation in Griechenland. Trotz Milliardenhilfen kommt das Land nicht aus der Schuldenkrise. Vor möglichen zusätzlichen Griechenland-Hilfen wollen die 17 Euro-Länder allerdings die Empfehlungen einer Überprüfungskommission von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) abwarten. Die Bewertung soll bis Mitte Juni vorliegen.
Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager sagte, "der einzige Weg vorwärts sind mehr Reformen, mehr Budgeteinschnitte und mehr Privatisierungen". Er brachte aber auch eine Umschuldung ins Spiel. Dabei müssten die Gläubiger des Landes auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Die EU-Kommission und die Bundesregierung lehnten dies abermals ab. Dann drohe der Abzug von Anlagegeldern aus der Euro-Zone, warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Denkbar sei höchstens, mit Gläubigern auf freiwilliger Basis Absprachen zur Lösung der Schuldenprobleme zu treffen.
Beratung über EZB-Chefposten
Die Euro-Ministerrunde unter Leitung des Luxemburger Regierungschefs Jean-Claude Juncker wollte auch über die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet beraten. Der Franzose wird Ende Oktober turnusgemäß aus dem Amt scheiden.
Laut Diplomatenangaben ist es möglich, dass die Minister den italienischen Notenbankchef Mario Draghi für den EZB-Chefposten vorschlagen. Die Bundesregierung hatte sich vergangene Woche erstmals öffentlich hinter dessen Kandidatur gestellt.
An dem Treffen wollte auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn teilnehmen. Der 62-Jährige wurde aber am Wochenende in New York festgenommen. Er wird eines "kriminellen sexuellen Akts" und der "versuchten Vergewaltigung" beschuldigt. Bei dem Treffen in Brüssel wurde Strauss-Kahn durch die stellvertretende geschäftsführende Direktorin Nemat Shafik vertreten.