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Entlastungen gefordert Kommunen klagen über "dramatische Finanzlage"
Die Finanznot der Kommunen zwingt zu immer drastischeren Kürzungen. Für die Bürger sind die Einsparungen bei Schwimmbädern oder im Nahverkehr längst spürbar. Der Städtetag fordert eine Reform der Schuldenbremse.
Die finanzielle Lage der Städte in Deutschland hat sich nach einer Umfrage des Deutschen Städtetages dramatisch verschlechtert. Von den Städten schätzten 95 Prozent ihre Haushaltslage in den kommenden fünf Jahren als eher schlecht oder sogar sehr schlecht ein, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe (CDU). Man erlebe "eine komplette Kehrtwende hin zum Schlechteren".
Der Umfrage zufolge, an der 100 Großstädte teilnahmen, können 37 Prozent der Städte keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen. Weitere 47 Prozent schaffen einen ausgeglichenen Haushalt nur, indem sie auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen.
Schuldenbremse soll auf den Prüfstand
Die schwierige Lage habe viele strukturelle Gründe, sei aber kein selbstverschuldetes Problem der Städte, meint Lewe. "Die Sozialausgaben, auf die wir kaum Einfluss haben, laufen uns davon", sagte der Städtetags-Präsident, der auch Oberbürgermeister von Münster ist. Beispiele sind laut der Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) die ganztägige Kinderbetreuung, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen oder die Hilfe zur Pflege im Alter.
Zudem übertrügen Bund und Länder Städten und Kommunen laut Lewe immer mehr Aufgaben, ohne die Finanzierung zu sichern. Er forderte den Bund auf, dass keine neuen Aufgaben mehr an die Städte weitergegeben werden, die nicht finanziell gedeckt sind. Der Städtetag fordert zum Beispiel einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern, etwa der Umsatzsteuer. Außerdem müsse die Schuldenbremse erneut auf den Prüfstand gestellt werden, der Städtetag hält eine Reform für erforderlich. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) warnte wie Lewe und Dörner, dass der Sparzwang "handfeste Konsequenzen" habe. Es sei wirklich sehr, sehr ernst um die finanzielle Situation der Städte und Kommunen.
Sparzwang dürfte steigen
Für die Bürgerinnen und Bürger ist die schlechte Finanzlage spürbar. Die Vertreter des Städtetags berichteten von Einsparungen bei Schwimmbädern, Sportvereinen, Bibliotheken oder Museen und bei der Ausstattung von Schulen. Städte müssten Bus- und Bahnlinien streichen, Personal müsse abgebaut werden. Das sorge dann bei Leistungen für längere Bearbeitungs- und Wartezeiten. Der Sparzwang werde ohne Gegenmaßnahmen noch steigen.
Lewe verwies auf die Bedeutung kommunaler Leistungen für das Verhältnis zum Staat. Für die Menschen werde vor allem in den Kommunen sichtbar, dass und wie der Staat funktioniere: "Und wenn Menschen das Gefühl haben, dass Leistungen nicht mehr oder nur noch teilweise erbracht werden können, im ÖPNV oder in der Kultur oder im Sport, dann ist das eine Begegnung mit dem Staat, die durchaus problematisch ist für den einen oder anderen."