Bedrohliche Lage Börsen brechen Erholung ab
Wie in Europa, brachen auch in den USA die Aktienmärkte ihre frühe Erholung ab. Angesichts der bedrohlichen Lage in Osteuropa zogen sich viele Anleger zurück.
Ein klares Bild zeichnet sich nicht ab, doch deuteten die Märkte die jüngsten Meldungen aus der Ukraine als Vorzeichen einer bevorstehenden militärischen Eskalation. An der Wall Street drehten die Kurse nach einem zuversichtlichen Start deutlich ins Minus. Der Standardwerteindex Dow Jones schloss 1,4 Prozent tiefer, während die Technologietitel des Nasdaq-100 2,6 Prozent einbüßten.
Meldungen über einen erneuten Cyberangriff auf ukrainische Netze und die Vorbereitungen der Ukraine auf eine russische Invasion lösten den Trendwechsel in New York aus. Sollte Russland die Kontaktlinie im Donbass überschreiten, sind weitere Sanktionen des Westens zu erwarten. Bislang zielen die USA, die EU, Großbritannien, Australien, Kanada und Japan vor allem auf das Finanzsystem und die politischen Eliten des Landes ab.
Auch der deutsche Markt brach seinen Erholungskurs am frühen Nachmittag ab. Der DAX war in der Spitze schon um rund 1,4 Prozent auf 14.901 Punkte gestiegen, musste seine Gewinne dann aber komplett abgeben. Zum Handelsende lag der deutsche Leitindex 0,4 Prozent tiefer.
So lange die Lage derart unklar bleibt, ist eine nachhaltige Kurserholung nicht zu erwarten. In der Tat waren die Begründungen für die jüngste Erholung recht dünn. Für das leichte Plus der asiatischen Märkte wurde die relativ einmütige Reaktion des Westens angeführt, und in Frankfurt sprachen Marktbeobachter von Hoffnungen, dass die krisenhafte Zuspitzung in Osteuropa die Notenbank von einem allzu straffen Zinskurs abbringen werde.
Ein weiteres belastendes Thema könnte in den kommenden Monaten wieder in den Vordergrund treten. Der Internationale Währungsfonds warnte heute vor der hohen Verschuldung von Unternehmen. Sobald Regierungen ihre Corona-Hilfen zurückziehen, würden sich die Schwächen im System zeigen, wie Experten des IWF in einem Blogbeitrag schrieben. Unternehmen seien bereits mit Rekordschulden in die Pandemie gegangen. Ende 2020 summierten sich die Verbindlichkeiten der Firmen auf 83 Billionen Dollar. Das entspricht 98 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Der Löwenanteil des Anstiegs entfiel dabei auf Industriestaaten sowie China. Weil die Notenbanken rund um den Globus langsam die Zinsen erhöhten, müssten Firmen mit steigenden Zinskosten rechnen. Regierungen sollten gezielter Betriebe stützen, die eine Perspektive hätten. In anderen Fällen seien Restrukturierungen oder Insolvenzen besser als immer mehr Staatshilfen.
Nachdem Russland eine "harte Antwort" auf die westlichen Sanktionen angekündigt hatte, gab es hohe Ausschläge bei den Öl- und Gaspreisen. Auch wenn der Öl- und Gasmarkt von den Sanktionen nicht direkt betroffen ist, ist durch den Konflikt perspektivisch mit höheren Notierungen zu rechnen. Zuletzt hatte sich der Preis für ein Barrel (159 Liter) der magischen Marke von 100 Dollar angenähert. Experten bringen derzeit sogar deutlich höhere Notierungen ins Spiel.
Rasant steigende Preise und die nicht ausgestandene Pandemie rauben den Verbrauchern die Zuversicht. Das Barometer der Nürnberger GfK-Marktforscher signalisiert für März überraschend wieder einen Rückgang, nachdem sich die Stimmung zuvor gebessert hatte.
Der Euro fiel im Tagesverlauf wieder in Richtung 1,13 Dollar zurück. Allgemein gilt der US-Dollar bei einer Zuspitzung der geopolitischen Lage als "Fluchtwährung".
Der Darmstädter Pharmakonzern Merck baut sein Geschäft mit der mRNA-Technologie aus. Das DAX-Unternehmen teilte mit, es habe die Übernahme der US-Biopharma-Firma Exelead für 780 Millionen Dollar abgeschlossen. Zugleich kündigte Merck an, über zehn Jahre mehr als 500 Millionen Euro in die Technologie von Exelead zu investieren. Mit der Transaktion erreiche Merck einen Meilenstein auf dem Weg, einer der führenden Auftragsentwickler und -hersteller von mRNA-basierten Impfstoffen und Therapien zu werden. Merck beliefert bereits BioNTech mit Lipiden für das Vakzin der Mainzer. Anfang 2021 hatte Merck den Hamburger mRNA-Spezialisten Amptec übernommen.
Die Münchener Rück hat ihren Gewinn im abgelaufenen Jahr mehr als verdoppelt und ihr selbstgestecktes Ziel übertroffen. Der größte Rückversicherer der Welt erwirtschaftete ein Nettoergebnis von 2,93 (2020: 1,21) Milliarden Euro. Für das neue Jahr peilt Vorstandschef Joachim Wenning einen Gewinn von 3,3 Milliarden Euro an. Die Dividende soll auf 11,00 (2020: 9,80) Euro erhöht werden. Die Zahlen halfen der Aktie nicht, denn beim Ausblick hatten Analysten etwas mehr erwartet.
Der Sportartikelhersteller Puma rechnet trotz Gegenwind mit Wachstum im laufenden Jahr. Das DAX-Unternehmen sagte für das Jahr 2022 ein währungsbereinigtes Umsatzplus von mindestens zehn Prozent voraus. Das Betriebsergebnis soll sich auf 600 bis 700 Millionen Euro verbessern nach 557 Millionen Euro im abgelaufenen Jahr.
Die Dividende soll bei 72 Cent je Aktie liegen, im vergangenen Jahr mussten sich die Aktionäre mit 16 Cent bescheiden. 2021 schnellte der Umsatz um 32 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro in die Höhe, der Nettogewinn verbesserte sich von 79 auf 310 Millionen Euro. An der Börse wurden die Zahlen mit Verkäufen quittiert. Händler sprachen von einer zu verhaltenen Gewinnprognose.
Die Henkel-Vorzugsaktie gewann zwei Prozent. Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern will seinen Aktionären für das vergangene Jahr eine unveränderte Dividende von 1,85 Euro je Vorzugsaktie zahlen. Unter dem Strich verdiente Henkel 1,6 Milliarden Euro, nach 1,4 Milliarden 2020. Der Konzern hatte bereits Ende Januar vorläufige Zahlen für 2021 vorgelegt. So stieg der Umsatz um gut vier Prozent auf 20,1 Milliarden Euro. Die operative Marge blieb unverändert. Henkel sieht sich unter anderem mit steigenden Kosten für Rohstoffe konfrontiert.
Der Immobilienkonzern Patrizia hält im laufenden Jahr einen Rückgang des operativen Ergebnisses für möglich. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde bei 120 bis 145 Millionen Euro liegen, teilte das SDAX-Unternehmen am Abend mit. 2021 war das Ebitda um 11,4 Prozent auf 128,9 Millionen Euro geklettert. Die Dividende soll um 6,7 Prozent auf 32 Cent pro Aktie steigen.
Der Ticketvermarkter CTS Eventim hat für das vergangene Jahr weitere Corona-Hilfen der Bundesregierung erhalten. Mit den 36 Millionen Euro aus der Corona-Überbrückungshilfe III, die für die Lockdowns im ersten Halbjahr gewährt wurde, werde das Ergebnis von 2021 aufgebessert, teilte das MDAX-Unternehmen am Abend mit. CTS leidet seit zwei Jahren unter dem fast vollständigen Ausfall von Großveranstaltungen. Ein Bescheid über beantragte weitere zehn Millionen für das zweite Halbjahr stehe noch aus. CTS hatte im Juli bereits 102 Millionen Euro für die erste Phase der Pandemie erhalten.
Mit einem Kurssprung von 16,7 Prozent machte Flatexdegiro auf sich aufmerksam. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg haben Finanzinvestoren ein Auge auf den Onlinebroker geworfen. Sie prüften eine Übernahme und ein anschließendes Delisting. Das Unternehmen selbst zeigte sich offen für Offerten. Der SDAX-Titel hatte in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren. Vom Rekordhoch bei 29,70 Euro im Juni 2021 war der Kurs bis zum Börsenschluss gestern um fast die Hälfte eingebrochen.
Hochtief will seine australische Tochter Cimic vollständig übernehmen. Das Kaufangebot für die restlichen 21,4 Prozent der Anteile werde maximal 940 Millionen Euro kosten, teilte der Essener Baukonzern mit. Gleichzeitig will der SDAX-Konzern wegen eines kräftigen Gewinnrückgangs deutlich weniger an die Aktionäre ausschütten. Der Vorstand schlägt eine Dividende von 1,91 Euro je Aktie für 2021 vor. Analysten hatten mit deutlich mehr gerechnet. Der Gewinn war 2021 um ein Drittel auf 207,9 Millionen Euro geschrumpft.
Das starke Geschäft in den USA und Kostenvorteile durch die Fusion haben dem Opel-Mutterkonzern Stellantis zu einem Rekordergebnis verholfen. Das bereinigte operative Ergebnis verdoppelte sich 2021 nahezu auf 18 Milliarden Euro, wie der vor einem Jahr aus dem Zusammenschluss von Fiat Chrysler und PSA hervorgegangene Autokonzern mitteilte. Der Umsatz kletterte um 14 Prozent auf 152 Milliarden Euro. Die bereinigte operative Marge erreichte 11,8 (Vorjahr 6,9) Prozent, was für einen Massenhersteller ein sehr hoher Wert ist.