Preiskampf in der Landwirtschaft Beheizter Spargel in der Energiekrise?
Gärtner und Landwirte müssen angesichts hoher Energiepreise abwägen, was sie noch wie anbauen. Denn Gewächshäuser müssen beheizt werden, und auch der frühe Spargel braucht es warm.
Im niederbayerischen Plattling hat die Spargelsaison für den Gemüse- und Obstbetrieb Baumann bereits begonnen. Bei Minusgraden, Schnee und Eis ist es unter den Erdhügeln schon ausreichend warm. Seit über einer Woche läuft unter den Spargelreihen bereits eine Art Fußbodenheizung mit 30 Grad warmem Wasser. Möglich macht das die nahegelegene Papierfabrik. Deren Abwärme wird genutzt, um Spargel zu heizen.
Geschäftsführer Karl Baumann kontrolliert vom Büro aus die Verteilung. Ohne Heizung hätte der Boden zwei Grad minus. Nun liegt die Temperatur unterirdisch bei etwa 19 Grad. Für den weißen Spargel seien das perfekte Bedingungen. Er könne nun schon zu wachsen beginnen. Die Ernte sei für die erste Märzwoche geplant, einige Wochen früher als üblich.
50 Prozent weniger "Heizspargel"
In Deutschland wird der erste Spargel im Schnitt Mitte April gestochen. Baumann ist damit einer der ersten regionalen Produzenten am Markt. Doch wie lange ist beheizter Spargel noch rentabel? Bereits vergangenes Jahr brachen die Absatzzahlen für Spargel wegen des Ukraine-Kriegs und der Inflation stark ein.
Die Abwärme ist deutlich günstiger als andere Energieträger, doch auch sie hat sich im Preis verdoppelt. Der Spargel soll nicht teurer werden, auch der hochpreisige Heizspargel nicht. Die Baumanns bauen dieses Jahr deshalb fünfzig Prozent weniger Frühspargel an.
"Heizspargel" ökologisch umstritten
Ohne Abwärme würde Baumann ganz damit aufhören. Denn ihm sei bewusst: Spargel zu heizen, stößt nicht bei allen auf Verständnis. Die Idee zum Heizen habe er aus Holland, dort wurde der Spargel vor 20 Jahren mit Öl geheizt. Für ihn keine Option. Stattdessen habe er bis vor einigen Jahren Restholz genutzt.
Damals sei viel Wipfel- und Abfallholz angefallen, für das keiner eine Verwendung gehabt habe. Zu dieser Zeit sei das ökologisch einwandfrei gewesen, erklärt Baumann. Der Spargelproduzent aus Niederbayern betont: Mittlerweile sei es unvorstellbar, mit Hackschnitzeln Spargel zu heizen. Das könne man weder von der Preisgestaltung, noch aus ökologischen Gründen vertreten.
Regional heizen oder aus dem Ausland einschiffen
Bleibt die Frage, ob es überhaupt regionalen Spargel sechs Wochen früher geben muss. Baumann hat dazu eine klare Meinung: Die Nachfrage sei einfach da. Zwar eine beschränkte, aber der Handel verlange danach. Wenn keine Produkte aus Deutschland kommen, werden Spargelstangen aus dem Ausland verkauft.
Verbraucher, die schon im März Lust auf Spargel haben, können so entscheiden, was sie eher vertreten können: Spargel aus Südamerika, der mit dem Schiff kommt oder heimischer Spargel, der in Niederbayern mit Abwärme geheizt wird.
Druck auf regionale Produzenten steigt
Der Landwirt macht sich Sorgen, dass bald nur noch Gemüse und Obst aus dem Ausland im Regal liegen. Neben Spargel produziert er auch Erdbeeren und Himbeeren - unbeheizt. Seine Himbeeren wurden von einer großen Supermarktkette für die kommende Saison bereits aussortiert. Laut Aussage von Baumann will man dort nur noch günstige Himbeeren aus Marokko ins Sortiment nehmen.
Der Verbraucher ist laut Meinung seiner Geschäftspartner in der aktuellen Lage nicht mehr bereit, höhere Preise für Lebensmittel zu zahlen. 2,49 Euro für eine 125-Gramm-Schale Himbeeren sei zu viel. Für Baumann eine herbe Enttäuschung. In Südeuropa gelten schließlich andere Lohnkosten und Sozialstandards.
Gemüsebetriebe senken Temperaturen in Gewächshäusern
Der Druck für regionale Produzenten steigt: Günstig produzieren und gleichzeitig die Energiekosten im Blick behalten. Beim Gemüsebau-Betrieb Evers in München sind Gurken und Tomaten in den letzten Monaten rausgeflogen. Denn ihre Gewächshäuser heizen sie mit Gas. Stattdessen haben sie Salat angebaut, der mit niedrigeren Temperaturen zurechtkommt.
Auch die Gärtnerei Kiening aus dem Landkreis Dachau hatte sich schon im Herbst entschieden, ihre Gewächshäuser im Dezember und Januar leerzuräumen oder runterzufahren. Die Glashäuser wurden lediglich geheizt, damit keine Leitungen gefrieren. Basilikum, den sie hier normalerweise anbauen, braucht eigentlich zwanzig Grad.
Zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachfrage
Nun geht die Aussaat wieder los. Erst in einigen Wochen werden sie ihre Kunden im Supermarkt und Großhandel wieder mit Topfkräutern und Salaten beliefern. Einige Händler sind zu anderen Produzenten abgewandert. Denn auch hier steht fest: Die Nachfrage nach regionalem Basilikum im Januar und frischen Salat im Februar ist da.
Die Kienings ziehen bisher ein positives Fazit. Sie haben sich sehr viele Energiekosten gespart und hoffen, dass ihre Zwangspause der richtige Schritt war. Ihre Kunden im Hofladen hätten Verständnis: "Die wollen warten", so Gärtnerin Caroline Kiening.
Gärtnereien planen die Zukunft
Entscheidend sei nun, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Für Gewächshaus-Kollegen aus dem Raum Nürnberg wird die Energiefrage erst im Laufe des Jahres interessant. Viele Gärtnereien haben dort noch laufende Rahmenverträge für Gas und ihre Glashäuser geheizt wie zuvor, bestätigt beispieslweise Gärtner Peter Höfler.
"Das regionale Angebot ist da", betont er. Doch auch er muss nun planen, wie es weitergeht. Seine Idee: Auf Heizen mit Biomasse umstellen. Wie seine Kollegen hofft er, dass die Kunden zum heimischen Gemüse greifen, damit sich ihre Arbeit lohnt.