Wirtschaftsminister Sigurdsson zieht Konsequenzen Erste Rücktritte nach Protesten in Island

Stand: 25.01.2009 16:25 Uhr

Fast drei Monate ist es her, dass Island mit dem Zusammenbruch von drei Banken an den Rand des Staatsbankrotts gerutscht ist. Doch erst jetzt zog ein Regierungsmitglied persönliche Konsequenzen: Wirtschaftsminister Sigurdsson trat zurück. Auch an der Spitze der Bankenaufsicht rollen Köpfe.

Islands Wirtschaftsminister Björgvin Sigurdsson ist zurückgetreten. Er reagierte damit auf die tagelangen Demonstrationen gegen die Regierung. "Der Zorn und die Enttäuschung bei den Menschen hier sitzen so tief, dass es für mich nicht möglich sein wird, ihr Vertrauen zurückzugewinnen", sagte Sigurdsson. Auch die Spitze der staatlichen Bankenaufsicht erklärte ihren Rücktritt und kam damit einer der Forderungen der aufgebrachten Demonstranten nach. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, das von der Finanzkrise besonders schwer betroffene Land in den finanziellen Ruin geführt zu haben.

Ministerpräsident Geir Haarde hatte am Freitag vorgezogene Neuwahlen am 9. Mai angekündigt. Ungeachtet dieser Ankündigung versammelten sich erneut Tausende Menschen vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik. Sie forderten auch den sofortigen Rücktritt von Haardes Koalition und umgehende Neuwahlen.

Sieben statt ein Prozent Arbeitslose

Seit dem Zusammenbruch der drei größten isländischen Banken im Zuge der Finanzkrise sind inszwischen fast drei Monate vergangen. Bislang hatte aber niemand aus der isländischen Politik oder Wirtschaft Verantwortung übernommen. Für die Bürger des Landes sind die Folgen inzwischen aber deutlich zu spüren: Die Arbeitslosenquote auf der Insel im Nordatlantik ist von einem Prozent Anfang des vergangenen Jahres auf jetzt fast sieben Prozent gestiegen und könnte nach einer Prognose des Finanzministeriums bis 2010 auf über zehn Prozent klettern.

Island und die Finanzkrise
Der im Nordatlanktik gelegene Staat Island ist zugleich die größte Vulkaninsel der Welt. Seine Fläche beträgt 103.000 Quadratkilometer, etwa so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Von den rund 313.000 Einwohnern leben mehr als die Hälfte im Großraum um die Hauptstadt Reykjavik. Wie fast alle Orte liegt sie an der Küste. Seit 1944 ist Island von Dänemark unabhängig. Regiert wird Island zurzeit von einer Koalition aus der liberal-konservativen Unabhängigkeitspartei und der Sozialdemokratischen Allianz. Der kleine Staat ist von der weltweiten Finanzkrise stark betroffen und vom Staatsbankrott bedroht. Die Regierung musste die drei größten Banken Kaupthing, Landsbanki und Glitnir übernehmen, weil sie gigantische Auslandskredite aufgenommen hatten, um ihre Expansion zu finanzieren. Die Schulden der drei Banken übersteigen jetzt Islands Bruttoinlandsprodukt um mehr als das Zehnfache (2007: 14,56 Mrd. Euro). Das Land ist auf Stützung durch andere Länder und den Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen.