Null-Covid-Strategie Lockdowns treffen Chinas Wirtschaft hart
Die Industrieproduktion schrumpft, die Bürger kaufen weniger ein und die Arbeitslosigkeit steigt steil an: Chinas Wirtschaft spürt inzwischen massiv die Folgen der Null-Covid-Strategie.
Die strikten Beschränkungen durch Chinas Null-Covid-Strategie bremsen die zweitgrößte Volkswirtschaft stärker als erwartet. Die Industrieproduktion fiel im April überraschend um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistikamt in Peking berichtete. Die Einzelhandelsumsätze brachen um 11,1 Prozent ein - und damit deutlicher als von Analysten vorhergesagt. Zudem fielen die Sachinvestitionen schwächer aus als erwartet.
Hinzu kommt, dass mittlerweile auch die Arbeitslosigkeit in China wieder steil ansteigt. Die Arbeitslosenquote lag laut Nationaler Statistikbehörde im April bei 6,1 Prozent. Dieser Wert liegt nur knapp unter dem historischen Rekordwert von 6,2 Prozent aus dem Februar 2020 während des Beginns der Corona-Pandemie.
"Schwerer Schlag für Chinas Wirtschaft"
Die Zahlen deuten nach Ansicht von Experten darauf hin, dass die Rückschläge für die Entwicklung der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr stärker ausfallen als erwartet. "Die Daten für die Aktivitäten im April haben den Schaden durch die Lockdowns in Shanghai und anderen Teilen des Landes offengelegt", schrieben Chang Shu und Eric Zhu in einer Analyse der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Die Auswirkungen sind viel breiter und tiefer als erwartet."
"An den Zahlen für den April ist zu erkennen, dass die Wirtschaft Chinas durch den Virus-Lockdown einen schweren Schlag erlitten hat", schreibt Hao Zhou, Ökonom bei der Commerzbank in einem Tageskommentar. Die Rückkehr zur Normalität werde sehr holprig verlaufen und unsicher sein.
Rigorose Restriktionen?
China erlebt seit Wochen den schlimmsten Corona-Ausbruch seit Beginn der Pandemie. Das Land hatte auf rigorose Restriktionen gesetzt und die Infektionszahlen damit über lange Zeit hinweg auf im internationalen Vergleich relativ niedrigem Stand halten können. China setzt auch weiterhin auf eine strikte Null-Covid-Strategie und unterscheidet sich damit von vielen anderen Ländern.
Die Ausbreitung der sich schnell verbreitenden Omikron-Variante stellt die strikte chinesische Strategie längst auf eine harte Probe. Millionen Menschen in Metropolen wie Shanghai, Changchun oder der Provinz Jilin stecken seit Wochen in Lockdowns und dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen. In Peking sind zahlreiche Nachbarschaften abgeriegelt. Die meisten Geschäfte und viele U-Bahnhöfe sind geschlossen. Millionen müssen im Homeoffice arbeiten.
Schaden auch für die Weltwirtschaft
Durch die Beschränkungen ist der Frachtverkehr landesweit deutlich zurückgegangen. Lieferketten sind unterbrochen. Viele Betriebe mussten die Produktion einstellen oder herunterfahren. Der Containertransport über den größten Hafen der Welt in Shanghai ist stark eingebrochen.
Das hat angesichts der großen Bedeutung der chinesischen Ökonomie Folgen für die Weltwirtschaft. Die Lieferengpässe werden auch in Deutschland über höhere Preise zu spüren sein, wie Experten vorhersagen. Auch in China tätige deutsche und andere europäische oder ausländische Unternehmen sind schwer betroffen.
Werden die Wachstumsziele erreicht?
Trotz der schlechten Zahlen versuchte der Sprecher des Statistikamtes, Fu Linghui, Optimismus zu verbreiten. "Der Covid-Ausbruch im April hatte große Auswirkungen auf die Wirtschaft, aber die Folgen werden kurzfristig sein." Die guten langfristigen Grundlagen der chinesischen Wirtschaft seien unverändert. Wenn die Covid-Maßnahmen Fortschritte machten und die Politik zur Stabilisierung der Wirtschaft ihre Wirkung zeige, sei zu erwarten, dass sich die Konjunktur wieder schrittweise erhole, versichert Fu Linghui.
Die chinesische Führung hatte für dieses Jahr ein Wachstumsziel von 5,5 Prozent vorgegeben. Ob die ursprünglich schon optimistische Vorgabe erreicht werden kann, wird sowohl wegen der Covid-Ausbrüche und der strikten Maßnahmen in China als auch wegen des Rückschlags für die Weltwirtschaft durch den russischen Krieg in der Ukraine immer fraglicher.