US-Pharmakonzern Purdue Opioid-Hersteller beantragt Insolvenz
Die US-Firma Purdue steht wegen ihrer Rolle in der Opioid-Krise in den USA unter Druck. Zahlreiche Kommunen und US-Staaten klagten. Nach einer Einigung mit den Klägern hat das Unternehmen nun Insolvenz angemeldet.
Der im Zentrum der Opioid-Krise in den USA stehende Pharmakonzern Purdue Pharma hat Insolvenz beantragt. Mit dem Insolvenzverfahren nach Kapitel 11 will Purdue Schutz vor den Gläubigern erhalten, um sich neu aufzustellen. Die Firma soll in eine Stiftung der öffentlichen Hand überführt werden, teilte das Unternehmen mit.
Mit 24 Bundesstaaten, fünf US-Territorien sowie leitenden Anwälten von mehr als 2000 Städten, Bezirken und anderen Klägern erzielte Purdue vor einigen Tagen eine vorläufige Vereinbarung zur Beilegung der Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Opioid-Krise, wie der Konzern mitteilte.
Milliardenschwerer Vergleich
Die Behörden wollten ursprünglich bis zu zwölf Milliarden US-Dollar (rund elf Milliarden Euro) an Schadenersatz erheben, die Purdue-Verantwortlichen konnten sich mit ihnen nach eigenen Angaben auf einen Vergleichsbetrag von mehr als zehn Milliarden US-Dollar einigen. Das wäre die bisher höchste Vergleichssumme im Zusammenhang mit der in den USA grassierenden Welle der Opioid-Abhängigkeit.
Der Oxycontin-Hersteller und andere Firmen sollen in aggressiven Marketingkampagnen die Risiken süchtigmachender Schmerzmittel bei längerem Gebrauch verharmlost haben. Millionen US-Bürger wurden in der Folge süchtig. In weniger als zwei Jahrzehnten starben mehr als 400.000 Menschen an einer Überdosis. Allein im Jahr 2017 gab es den Behörden zufolge landesweit rund 47.600 Todesfälle.
Die Eigentümerfamilie Sackler hatte sich bereit erklärt, mindestens drei Milliarden Dollar zu der Einigung beizusteuern und die Kontrolle über die Firma in den USA aufzugeben. Mitglieder der Familie erklärten, sie hofften, dass die Gegner des Vergleichsangebotes ihre Meinung ändern werden. Ansonsten hätte das langwierige Rechtsstreitigkeiten und steigende Anwaltskosten zufolge.
Verschoben Eigentümer Geld ins Ausland?
Ohne Einigung mit den Klägern hätte im Oktober ein Verfahren gegen Purdue vor einem Bundesgericht begonnen. Der juristische Ärger dürfte für Purdue Pharma aber nicht vorbei sein. Etwa die Hälfte der Staaten haben sich der Grundsatzeinigung nicht angeschlossen. Sie lehnen den Vergleich ab, weil sie glauben, dass das Vermögen der Sacklers höher ist als diese angibt, und dass große Teile davon auf mehreren Auslandskonten liegen.
Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James hatte am Freitag mitgeteilt, Mitglieder der Familie hätten versucht, die Höhe ihres Vermögens zu verschleiern. Gelder von Purdue seien über Konten auf der ganzen Welt verschoben worden. James zufolge gibt es Überweisungen von alleine rund einer Milliarde Dollar zwischen den Sacklers, den von ihnen kontrollierten Betrieben und verschiedenen Finanzinstitutionen, darunter jene, die Gelder auf Schweizer Bankkonten geschleust hätten.
Ein Sprecher des ehemaligen Purdue-Vorstandsmitglieds Mortimer Sackler wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Transaktionen seien völlig legal gewesen. Das US-Magazin "Forbes" schätzt das Vermögen der Familie auf rund 13 Milliarden Dollar. Diese bestreitet die Summe.
Opioide sind zum Teil synthetisch hergestellte Arzneimittel - wie etwa Oxycontin - mit unter anderem schmerzlindernden Eigenschaften.
Klagewelle gegen Pharmaindustrie
Zahlreichen Pharmakonzerne haben derzeit Schadenersatzforderungen für die enormen Folgekosten der Opioid-Krise zu tun, zum Beispiel für das Gesundheits- und Sozialsystem. In einer vor Gericht eingereichten Schätzung wird von Kosten von 453 Milliarden Dollar innerhalb des kommenden Jahrzehnts ausgegangen.
Erst Ende August hatte ein Gericht den Pharmakonzern Johnson & Johnson wegen unrechtmäßiger Vermarktung von suchtgefährdenden Schmerzmitteln zu einer Zahlung von 572 Millionen Dollar verurteilt. Johnson & Johnson kündigte umgehend an, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen. Der Generalstaatsanwalt von Oklahoma, Mike Hunter, hatte dem Konzern vorgeworfen, mit suchtgefährdenden Schmerzmitteln ein Wegbereiter der Opioid-Welle und Drogenkrise gewesen zu sein.