Starliner-Probleme Neue Schmach für Boeing
Als hätte der heute antretende neue Boeing-Chef Kelly Ortberg nicht schon Herkulesaufgaben genug. Jetzt droht dem Luftfahrtkonzern ein neuer schwerer Reputationsschaden.
Nicht, dass es einer weiteren Baustelle für den neuen Boeing-Chef Kelly Ortberg bedurft hätte. Denn der 64-jährige Luftfahrtmanager findet das Unternehmen bei seinem heutigen Antritt ohnehin bereits in der tiefsten Krise seiner 108-jährigen Geschichte vor.
Nun droht noch ein Tiefschlag - und zwar aus dem All. Wegen anhaltender technischer Probleme erwägt die NASA, die beiden Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore, die im Juni mit Boeings "Starliner" zu ISS gebracht worden waren, nicht mit dem Boeing-Gefährt, sondern dem "Crew Dragon" von SpaceX zurückfliegen zu lassen. Eine endgültige Entscheidung will die US-Raumfahrtbehörde in der kommenden Woche treffen.
Grund für die Bedenken der NASA sind Probleme mit den Schubdüsen des Starliners. Dazu kamen Heliumlecks an der Kapsel. Zu den möglichen Szenarien gehört nun, dass der Starliner aus Sicherheitsgründen ohne Besatzung zur Erde zurückfliegt. Damit könnte sich die ursprünglich auf acht Tage angelegte Mission der beiden Astronauten bis zum Februar 2025 verlängern.
SpaceX lauert
Das wäre ein weiterer Schlag für die ohnehin am Boden liegende Reputation des Traditionskonzerns. Boeing ringt seit Jahren mit technischen Problemen seines Weltraumprojekts, wodurch es gegenüber dem Konkurrenten SpaceX stark ins Hintertreffen geriet.
Die NASA hatte 2014 mit beiden Unternehmen milliardenschwere Verträge über Transporte zur ISS geschlossen. Während die Elon Musk gegründete SpaceX aber bereits seit 2020 Astronauten zur ISS und zurück befördert, gelang Boeing erst im Juni der erste bemannte Flug zu der Raumstation - wo der Starliner nun festsitzt.
Produktionsqualität im Fokus
Um wieder Vertrauen aufzubauen, dürfte der neue Konzernchef Ortberg sein Hauptaugenmerk auf die Wiederherstellung der Produktionsqualität legen. Dafür hat Boeing bereits auf Verlangen der US-Flugaufsichtsbehörde FAA einen Fahrplan erstellt. Um die notwendigen Qualitätsstandards zu erreichen, soll außerdem der 2005 ausgegliederte Zulieferer Spirit AeroSystems wieder Teil von Boeing werden.
Der Luftfahrtkonzern ist seit zwei tödlichen Abstürzen von Boeing-Maschinen in den Jahren 2018 und 2019 in der Krise. Großen Wirbel verursachte zuletzt ein Vorfall im Januar, bei dem einer 737 MAX 9 von Alaska Airlines während des Fluges eine Kabinentürabdeckung abgefallen war.