Tarifkonflikt bei der Bahn Unbefristete Streiks - oder Schlichtung?
Nach dem Scheitern der Tarifgespräche zwischen Deutscher Bahn und EVG berät die Gewerkschaft über das weitere Vorgehen. Es könnte zum unbefristeten Streik kommen oder zum Schlichtungsverfahren. Am Nachmittag will sich die EVG äußern.
Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn berät die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG nun über das weitere Vorgehen. Gestern hatte die Gewerkschaft mitgeteilt, dass die Tarifverhandlungen mit dem bundeseigenen Konzern gescheitert sind. Sie begründete den Abbruch damit, dass die von der Bahn angebotene Gehaltserhöhung zu niedrig sei und zu spät komme. Die dabei vorgesehene Vertragslaufzeit von 27 Monaten sei "deutlich zu lang", hieß es.
Wie geht es nun weiter?
Heute begann um kurz nach 9.00 Uhr eine Sitzung des Bundesvorstands. Für 14 Uhr setzte die EVG eine Pressekonferenz an, auf der die Gewerkschaft über ihr weiteres Vorgehen informieren will. In der Diskussion waren zuletzt eine mögliche Urabstimmung über unbefristete Streiks oder ein Schlichtungsverfahren.
Als denkbar galt aber auch noch, dass etwa EVG-Chef Martin Burkert die Verhandlungen an sich zieht, um dann mit den Vertretern der DB eine Lösung zu finden.
Szenario eins: Streiks in den Sommerferien
Sollte sich die EVG für eine Urabstimmung und unbefristete Streiks bei der Deutschen Bahn entscheiden, drohen Arbeitsniederlegungen mit unzähligen Zugausfällen mitten in den Sommerferien. Nordrhein-Westfalen ist bereits in die Ferien gestartet, am 6. Juli folgen Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.
Auch Warnstreiks parallel zur Urabstimmung sind nicht ausgeschlossen. Diese Urabstimmung ist nun möglich, da die Friedenspflicht mit gescheiterten Tarifverhandlungen abgelaufen ist. Generelle Regelungen, wie viele Gewerkschaftsmitglieder an einer Urabstimmung teilnehmen müssen, damit es zu einem Streik kommt, gibt es nicht. Auch das Ende eines Streiks muss durch eine Urabstimmung beschlossen werden.
Dass Streiks für die EVG ein akzeptabler Weg sind, hatte die Gewerkschaft bereits mehrfach deutlich gemacht: "Neue Streiks können wir so lange nicht ausschließen, bis ein akzeptabler Tarifabschluss vorliegt", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch.
Szenario zwei: Schlichtung
Eine Schlichtung ist der Versuch, mit Verhandlungen doch noch ein Ergebnis zu erzielen. Dafür wird eine Schlichtungskommission eingesetzt. Sie besteht aus Vertretern der Gewerkschaft und der Deutschen Bahn, sowie unabhängigen Schlichtern.
Am Ende der Schlichtungsverhandlungen gibt die Kommission eine Empfehlung ab, über die die EVG und die Deutsche Bahn dann erneut verhandeln.
Was soll in den Tarifvertrag?
Die EVG fordert in dem seit Februar andauernden Tarifkonflikt eine Lohnerhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen, darunter etwa 180.000 bei der Deutschen Bahn.
Die Bahn hat nach eigenen Angaben zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen in Aussicht gestellt. Details zu diesen Verbesserungen nannte sie aber nicht. Der Konzern will die Laufzeit des Tarifvertrags auf 27 Monaten festsetzen.
Tarifabschlüsse bei Privatbahnen
Zu Beginn der laufenden Woche hatte die EVG Abschlüssen bei einigen Privatbahnen erreicht. Dabei wurden Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen vereinbart, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1000 bis 1400 Euro Inflationsausgleichsprämie.
Unter den Mitgliedern der EVG wurden die Abschlüsse allerdings kontrovers diskutiert, da die EVG auch dort mindestens 650 Euro mehr gefordert hatte.