Chemieindustrie Evonik will Erdgas ersetzen
Der Spezialchemiekonzern Evonik will bis zu 40 Prozent Erdgas sparen. Dies soll laut Unternehmen auch dabei helfen, die deutschen Speicher aufzufüllen und private Haushalte zu versorgen.
Einer der größten deutschen Chemiekonzerne macht seine Produktion in Deutschland unabhängiger von Erdgas. Das Essener Unternehmen will bis zu 40 Prozent seines Erdgas-Verbrauchs durch andere Energieträger ersetzen. "Die Energieversorgung an unseren europäischen Standorten ist auch für den Fall eines Gasstopps aus Russland weitestgehend gesichert", sagte Evonik-Chef Christian Kullmann heute.
Am größten deutschen Evonik-Standort in Marl wird darum nun in einem neuen Gaskraftwerk Liquefied Petroleum Gas (LPG) statt Erdgas zur Energieerzeugung genutzt. Außerdem betreibt Evonik an dem Standort im Ruhrgebiet ein Kohlekraftwerk weiter, das eigentlich in diesem Jahr eingemottet werden sollte. "Mit der Substitution von Erdgas durch LPG sowie dem Weiterbetrieb des Kohlekraftwerks können wir für die Energieversorgung an unserem größten deutschen Standort in Marl auf Erdgas verzichten - und das ohne eine nennenswerte Einschränkung der Produktion“, sagte Kullmann.
Frei werdendes Gas für 100.000 Haushalte
LPG ist ein Flüssiggas, das auch als Autogas bezeichnet wird, weil es als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren verwendet werden kann. Die Gase fallen bei der Erdgas- und Erdölgewinnung und auch in Raffinerien als Nebenprodukt an.
Die freiwerdenden Erdgasmengen könnten laut dem Evonik-Chef zum Auffüllen der Erdgasspeicher genutzt werden. Mit den frei werdenden Mengen könnten bis zu 100.000 Haushalte in Deutschland mit Erdgas versorgt werden.
Weltweit bezieht Evonik insgesamt etwa 15 Terawattstunden Erdgas pro Jahr, das zum überwiegenden Teil zur Energie- und Dampferzeugung genutzt wird. Der Konzern ist in über 100 Ländern aktiv. Gut ein Drittel des Erdgasbedarfs wird in Deutschland verbraucht.
Auch bei BASF wird gespart
Kaum ein Industriezweig ist so stark auf Gas angewiesen wie die Chemie. Sie ist der größte industrielle Energieverbraucher in Deutschland und von den stark steigenden Preisen massiv betroffen. Ein möglicher Gasstopp aus Russland würde vor allem Unternehmen dieser Branche hart treffen. So hatte der Chemiekonzern BASF bereits angekündigt, dass er seine Produktion einstellen müsse, sollte im Hauptwerk Ludwigshafen nur noch etwa die Hälfte der bestellten Menge ankommen.
Morgen tritt der europäische Gas-Notfallplan zur Vorbereitung auf einen möglichen Stopp russischer Gaslieferungen in Kraft. Russland hat seine Lieferungen an die EU bereits drastisch reduziert. Insgesamt müssen laut EU-Kommission 45 Milliarden Kubikmeter Gas gespart werden. Deutschland müsste etwa 10 Milliarden Kubikmeter Gas weniger verbrauchen, um das 15-Prozent-Ziel zu erreichen.