KI-generierte Songs Musik - aber ohne Musiker
Künstliche Intelligenz dringt in alle Lebensbereiche vor - auch in die Musik und komponiert sogar selbst. Doch auf Basis bereits veröffentlichter Werke. Universal Music will dagegen nun vorgehen.
Immer schneller entwickelt sich die Künstliche Intelligenz (KI), immer besser werden ihre Anwendung. Nun tauchen auf den Plattformen von Musik-Streamingdiensten offenbar vermehrt Songs auf, die von Künstlicher Intelligenz aus generiert wurden - aus Liedern von bekannten Künstlern, die auf diesen Plattformen veröffentlicht wurden. Die Universal Music Group, selbst eines der größten Musiklabels, hat wichtige Streamingdienste für Musik nun offenbar aufgefordert, zu handeln.
Wie aus internen E-Mails, die der "Financial Times" vorliegen, hervorgeht, verlangt Universal Music, dass Plattformen wie Spotify oder Apple gezielt gegen die Verbreitung von KI-generierter Musik vorgehen. "Wir werden nicht zögern, Schritte zu unternehmen, um unsere Rechte und die unserer Künstler zu schützen", schrieb Universal Music bereits im März an die Streamingdienste.
"Moralische und kommerzielle Verantwortung"
Nach Informationen der "Financial Times" sei man bei Universal Music besorgt darüber, dass KI-Bots vermehrt Songs populärer Künstler, die auf Streaming-Plattformen zu finden sind, nutzen, um sich selbst das komponieren beizubringen. Das Problem daran: Die Bots würden laut Informationen der "Finanical Times" besonders die Pop-Songs nutzen, um sich selbst das Komponieren beizubringen - und klingen dann auch wie die derzeit erfolgreichen Künstlerinnen und Künstler.
"Wir haben eine moralische und kommerzielle Verantwortung gegenüber unseren Künstlern, daran zu arbeiten, die unbefugte Nutzung ihrer Musik zu verhindern und Plattformen daran zu hindern, Inhalte aufzunehmen, die die Rechte von Künstlern und anderen Urhebern verletzen", sagte ein Sprecher der Universal Music Group gegenüber der "Financial Times".
Universal Music hat bekannte deutsche und internationale Künstler unter Vertrag, etwa die deutsche Sängerin Sarah Conner, Rammstein, Eminem oder Billie Eilish. Ihre Rechte will der US-Musikkonzern, der neben Sony Music und der Warner Music Group eines der wichtigsten Musiklabels weltweit ist, schützen.
Wenn Musik aus Text entsteht
Denn die Programme, die in der Lage sind, KI-generierte Musikstücke zu erzeugen, häufen sich. Auch der US-Konzern Google hat ein solches Programm entwickelt: MusicLM. Aus Beschreibungen generiert das Programm Musikstücke, die dann etwa so klingen können "Langsamer, Bass-und Schlagzeug-geführter Reggae-Song". Dies ist auf der Webseite zum neuen Programm zu hören. "Unsere Experimente zeigen, dass MusicLM sowohl in der Audioqualität als auch in der Einhaltung der Textbeschreibung bisherige Systeme übertrifft", heißt es von den Entwicklern.
"Beethovens X" von der KI vollendet
Und es gibt bereits großartige Erfolge zu feiern: 2021 wurde die von dem deutschen Komponisten Ludwig van Beethoven zu seinen Lebzeiten nicht vollendete 10. Sinfonie uraufgeführt. Eine KI hatte "Beethovens X" zu Ende geschrieben, der Dirigent zeigte sich vor zwei Jahren aber noch skeptisch: "Die KI verarbeitet Dinge, die schon passiert sind. Die Frage ist, ob sie etwas originäres Neues schafft, was aus der Seele des Menschen einen Zeitgeist auffängt und daraus ein unverwechselbares Kunstwerk macht. Da hätte ich meine ganz, ganz großen Zweifel", sagte Dirigent Dirk Kaftan.
Dass KI in ihrer Kreativität der Menschlichen allerdings in nichts nachsteht, konnte jüngst eine Studie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Universität in Essex belegen: Sie ließ 100 Menschen und sechs KI-Programme einen Kreativitätstest ablegen, mit dem verblüffenden Ergebnis, dass es zwischen den menschlichen und den KI-basierten Kreativ-Erzeugnissen kaum Unterschiede gab.
KI könnte Künstlern "schaden"
Auch wenn KI laut Antonio Krüger, Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, nicht in der Lage sei, selbst "völlig abstraktes Neuland zu betreten", ist die Musik-Branche aufgeschreckt. "Wir gehen davon aus, dass unsere Plattformpartner verhindern wollen, dass ihre Dienste auf eine Weise genutzt werden, die den Künstlern schadet", sagte ein Sprecher der Universal Music Group der "Finanical Times". Und meint damit eindeutig, KI-generierte Musik, die auf Basis bereits veröffentlichter Werke Ähnliches reproduziert.
Die Streaming-Dienste selbst haben sich bislang nicht zu den Vorgängen geäußert - auch nicht dazu, ob und wie sie gegen KI-generierte Musikstücke vorgehen wollen.