Platzprobleme mit Folgen Onlinehandel fehlt Platz zum Lagern
Der Onlinehandel zählt zu den Gewinnern der Pandemie. Doch bald könnte es bei der Auslieferung zu Engpässen kommen. Denn es mangelt an Lagerhallen. Oft wollen Kommunen keine neuen Logistikimmobilien.
Der Bedarf ist riesig: Der Bundesverband Spedition und Logistik rechnet damit, dass bis 2025 rund vier Millionen Quadratmeter zusätzliche Lagerflächen benötigt werden. Grund ist vor allem der wachsende Onlinehandel. Doch die Flächen sind immer schwerer verfügbar. Denn immer mehr Kommunen lehnen den Bau von Lagern und Verteilzentren ab. Oft erwarten sie zu geringe Steuereinnahmen und eine Belastung für die Anwohner, beispielsweise durch zusätzlichen Verkehr.
Ein Beispiel ist Magdeburg. Dort beschloss das Stadtparlament Anfang November, in einem Gewerbegebiet ausschließlich "qualitativ hochwertiges" Gewerbe zuzulassen. Logistik war damit nicht gemeint. In der osthessischen Gemeinde Friedewald entschied die Versammlung der Gemeindevertreter bereits im Frühjahr 2021, im örtlichen Gewerbegebiet keine Logistikunternehmen zu akzeptieren.
Mangel an Logistikflächen
Deutschland steht ein Mangel an Logistikflächen bevor - und das in einer Zeit, in der immer mehr dieser Flächen benötigt werden. "Wir erwarten für 2022 weiterhin eine äußerst große Nachfrage nach Industrie- und Logistikimmobilienflächen", sagt Rainer Koepke, Logistikchef der Immobilienberatungsgesellschaft CBRE. "Gerade in den alten Bundesländern trifft die Nachfrage nicht auf ein ausreichendes Angebot - das gilt vor allem für die Regionen um Frankfurt am Main und Hamburg sowie für fast den gesamten süddeutschen Raum."
Die Revitalisierung von Brachflächen werde immer wichtiger, denn Kommunen wiesen weniger Grundstücke auf der "grünen Wiese" aus. Zudem habe die Bundesregierung das Ziel ausgerufen, dass die Versiegelung bisher nicht bebauter Flächen bis 2030 maximal 30 Hektar pro Tag betragen solle. Aktuell seien es etwa doppelt so viel, so Koepke.
Vor allem große Logistikimmobilien seien nur noch zu bekommen, wenn Onlinehändler sie mit einem Immobilienpartner selbst entwickeln, berichtet Frank Düssler vom Bundesverband e-commerce. Die Folgen seien schon jetzt zu spüren. "Was knapp ist, ist teuer. Die Mieten und Preise für Logistikflächen gehen seit Jahren nach oben. Das kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass die Unternehmen sich nicht mehr ansiedeln können", so Düssler.
Standorte verlieren an Attraktivität
Immobilienexperte Köpke sieht aber auch Probleme für die Regionen. Wenn die Unternehmen keine ausreichenden Logistikflächen finden, könne dies den betroffenen Standort für Unternehmen weniger attraktiv werden lassen, da ein entsprechendes Wachstum vor Ort nicht mehr möglich sei. So wirke sich der Mangel vor Ort negativ auf das Wirtschaftswachstum aus.
Auch aufgrund der Corona-Pandemie werden neue Lagerflächen benötigt. Industrie und Handel würden infolge massiv unter Druck geratener Lieferketten derzeit ihre Beschaffungsstrukturen überdenken und Lagerbestände vor allem mit Halb- und Fertigwaren füllen, so Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Spedition und Logistik DSLV. Dadurch entstehe zusätzlicher Bedarf an Lagerflächen.
Leere Läden als City-Warenlager?
Lösungen müssten nun von beiden Seiten kommen, sagt Düssler - also nicht nur von den Kommunen, sondern auch von den Immobilienentwicklern, die die Lager ansiedeln. "Eine schöne Nebenwirkung von Knappheit ist doch, dass sie kreativ machen kann. Beispielsweise haben manche Entwickler damit begonnen, größere Distributionszentren auch doppelstöckig zu bauen, um den wenigen Platz optimaler nutzen zu können", so Düssler. "In den Innenstädten gibt es Pläne der Eigentümer von Warenhäusern und Shopping-Centern, nicht mehr benötigte Einzelhandelsflächen in kleine City-Warenlager umzuwandeln, statt von Grund auf neue Logistikhallen zu bauen."
Immobilien-Experte Rainer Koepke relativiert aber: Die Baukosten pro Quadratmeter Logistikfläche seien bei mehrstöckigen Logistikimmobilien deutlich größer. "Und damit steigen auch die zu zahlenden Mieten. Da die Margen in der Logistikbranche aber sehr gering sind, müssten die Logistiker diese gestiegenen Mieten an ihre Kunden weitergeben. Noch lohnen sich mehrstöckige Logistikimmobilien in Deutschland deswegen nur sehr selten."
Hallen werden nachhaltig gebaut
Die Logistikimmobilienbranche sei sehr bemüht, den Wünschen der Kommunen entgegenzukommen, so Koepke. Die Kommunen seien in der angenehmen Position, die attraktivsten Konzepte auszusuchen. "Auch deshalb steht Nachhaltigkeit mittlerweile sehr im Mittelpunkt: Vom begrünten oder mit Fotovoltaikanlagen bestückten Dächern über eine optimierte Gebäudetechnik- und Steuerung für einen möglichst energiesparenden Gebäudebetrieb bis hin zu nachhaltigen Baumaterialien wie Holzleimbindern anstelle von Stahl- oder Betonträgern", so Koepke.
Für die komplexen Lieferketten der Händler werden sehr unterschiedliche Arten von Lagern benötigt. "Das beginnt mit den großen Zentrallagern, die an wichtigen Verkehrsknotenpunkten auf der grünen Wiese oder auf Industrieflächen gebaut werden, und als Umschlagsplätze in die Städte gebraucht werden", so Düssler. In den Städten würden sehr viel kleinere, zentralere Lager benötigt. Alle Lager hätten aber eines gemeinsam: Platz sei überall knapp.