Verbraucherstimmung Spargel in der Krise
Vom kleinen Luxus zum verzichtbaren Gemüse: Spargel landet in diesem Frühjahr nicht so häufig auf dem Teller wie in den vergangenen Jahren. Die Verbraucher halten sich zurück und viele deutsche Spargelbauern bleiben auf ihrer Ware sitzen.
Einigermaßen fassungslos steht Eckhard Kuhl vor seinem Acker im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis. Grüne, buschartige Ranken recken sich aus dem Boden, so weit das Auge reicht. Es ist ungeernteter Spargel, den keine Kundin und kein Kunde in den vergangenen Wochen kaufen mochten. Nutzlos und unverkäuflich ist er geworden, sichtbares Zeichen der Spargelflaute, die viele Erzeuger in Deutschland beschäftigt. "Da kann Ihnen doch das Herz bluten", klagt Landwirt Kuhl. "Wenn Sie sehen, was hier für ein toller Spargel kommt, der eigentlich bei den Konsumenten landen sollte und jetzt hier herauswächst."
"Jeder behält das Geld jetzt lieber in der Tasche"
Nur dreieinhalb Tonnen Spargel pro Hektar hat er geerntet, acht könnten es eigentlich sein. Macht Einbußen von mehr als der Hälfte. 25 von 60 Hektar seines Betriebs hat er schon stillgelegt. Das hat Auswirkungen auch auf die Arbeitskräfte: Von den 100 Saisonarbeitern, die er normalerweise beschäftigt, konnten dieses Jahr nur 60 bleiben.
Die Erklärung bekommt Bauer Kuhl oft direkt von den Kunden: "Die Leute sind verunsichert. Was passiert mit meinen Wohnungsabrechnungen, Nebenkosten usw.? Und jeder behält das Geld jetzt lieber in der Tasche." Jedenfalls scheinen es wesentlich weniger Menschen für ihr eigentlich heiß geliebtes Edelgemüse auszugeben.
"Mehrere parallel laufende Krisen"
Ein Trend, den Branchenvertreter bestätigen. "Die Verbraucherstimmung ist momentan auf einem Rekordtief", berichtet Phillip Haverkamp vom Handelsverband Berlin Brandenburg. "Das liegt einfach daran, dass wir nicht nur Krise an Krise haben, sondern mehrere parallel laufende Krisen." Offensichtlich haben der Dauerbrenner Corona und nun der Krieg in der Ukraine den Deutschen die Lust am exklusiven Genuss genommen.
"Ich gucke schon sehr nach den Preisen", bestätigt Kundin Rita Trotzke. Sie ist Stammkundin im Hofladen des Spargelhofs Jakobs in Beelitz. Die Gemeinde südöstlich von Potsdam ist eines der "Spargel-Mekkas" in Deutschland. Und doch scheinen auch hier die Kunden reservierter als früher. "Es ist schon eine Besonderheit, zu den Wochenenden vielleicht", erklärt Elke Pantel ihre Einkaufsgewohnheiten.
Preiskonkurrenz aus dem Ausland
Diese Kaufzurückhaltung beobachten die Verantwortlichen an den Spargelstandorten mit Sorge, denn die Preise geraten stärker unter Druck als früher. "Der Spargel ist so günstig wie seit fünf Jahren nicht mehr", erklärt Spargelbauer Jürgen Jakobs, gleichzeitig Chef des Beelitzer Spargelvereins. Zu Beginn der Saison habe der beste Spargel 16,90 Euro pro Kilogramm gekostet, mittlerweile sei der Preis auf 11,90 Euro gesunken. Die günstigste Ware koste 3,50 Euro. "Im Supermarkt ist der frische Spargel sogar noch günstiger", sagt Jakobs.
Dafür sorgt auch die Konkurrenz aus dem Ausland. Spanien und Griechenland haben Deutschland längst als interessanten Absatzmarkt erkannt. Und auch aus Nachbarländern wie Polen drängen Produzenten mit günstigem Spargel in den Markt. Ein Preiskampf, den die deutschen Spargelbauern nicht gewinnen können.
Guter Absatz im eigenen Restaurant
Einen kleinen Lichtblick nach all den Corona-bedingten Einschränkungen bietet manchen Spargelhöfen allenfalls die eigene Gastronomie. Im hofeigenen Spargel-Restaurant von Jürgen Jakobs ist der Spargel dieser Tage sehr gefragt. Nach zwei schwierigen Corona-Jahren mit hohen Ausfällen ist das Lokal in diesem Jahr "so voll wie lange nicht mehr", berichtete Jakobs: "Die Menschen haben was nachzuholen."
Vielleicht komme davon ja auch noch etwas in den heimischen Kochtöpfen an, hofft er. Die Hälfte der diesjährigen Spargelsaison ist vorüber. Bis zum 24. Juni wird noch gestochen.