
Bonusprogramme im Einzelhandel Das große Buhlen um die Kundentreue
Kundenbindung steht bei Einzelhändlern hoch im Kurs - ob es nun das Payback-System ist oder die eigene App. Aber wie können Verbraucher bei den Bonusprogrammen noch den Durchblick behalten?
Mit viel Werbe-Tamtam feiern Rewe und Edeka den Start ihrer neuen Bonusprogramme. Bei Edeka baden die Kunden im Werbespot im blauen Payback-Bällebad, und Rewe schickt sein Bonus-Maskottchen Bo in den Dschungel, in dem er keine Sterne, sondern Guthaben sammelt.
Edeka will mit Payback verlorene Marktanteile zurückgewinnen, Rewe steigt bei Payback aus und setzt in Sachen Kundenbindung auf ein eigenes Programm. Und der Rest?
Punkte versus Guthaben
Rewes Ausstieg bei Payback zum Jahreswechsel haben nicht alle Kunden mitbekommen. Und so steht manch einer da mit der blauen Karte in der Hand - und kann sie nicht mehr einsetzen. Stattdessen die Frage der Kassiererin: Nutzen Sie schon die Rewe-App? Darin gibt es eine Art Startguthaben, Bonus-Coupons zum Aktivieren und Gutschriften, die dann wiederum erst für den nächsten Einkauf gelten.
Beim Konkurrenten Edeka ist ebenfalls alles neu. Statt der Deutschland-Card setzt man hier nun auf Payback - der Start wird natürlich auch hier versüßt, mit Vielfachpunkten.
Die größten Unterschiede sieht Handelsexperte Stephan Rüschen von der Hochschule Heilbronn darin, dass Payback ein sogenanntes Multipartner-Programm sei. Das bedeutet, dass viele verschiedene Händler und Geschäfte die Payback-App nutzen. Jeder Punkt, den ein Kunde mit seinem Einkauf bei einem Händler einsammelt, kann er bei dem anderen einlösen. Den Nachteil sieht Rüschen damit klar in der fehlenden Kundenbindung und darin, dass man das Programm nicht selber gestalten könne.
Kunden gewinnen als oberstes Ziel
Das Ziel aber ist klar: möglichst viele Kunden in die eigene Datenwelt und Geschäfte ziehen. Während allerdings Rewe seine Kunden vom App-Download noch überzeugen muss, kann Edeka auf dem etablierten Payback-System aufbauen, das deutschlandweit bereits über 30 Millionen Menschen nutzen. Edeka hat viel in Payback investiert. Die entscheidende Frage ist: Sind die Kunden an der Kasse neue? Oder zumindest solche, die mit Payback in ihrem Laden mehr ausgeben als ohne? Dann kann die Rechnung aufgehen. Hätten aber dieselben Kunden denselben Einkauf auch ohne Bonuskarte getätigt, sieht die Rechnung ganz anders aus.
Rewe hingegen muss neue Nutzer des hauseigenen Bonusprogramms erstmal überzeugen. Und macht das mit gigantischen Rabatten - es gibt Startguthaben, Coupons für ganze Kategorien und einzelne Artikel und einen zusätzlichen Bonus auf bereits stark reduzierte Sonderangebote.
Angebote nicht immer am günstigsten
Beispiel Barilla-Nudeln: Die 500-Gramm-Packung wird in der Rewe-App derzeit für 88 Cent beworben. Rewe-Bonus-Kunden erhalten dann zusätzlich zehn Cent Guthaben. Der ist allerdings erst beim nächsten Einkauf einlösbar. So soll die Kundenbindung funktionieren, und zusammengerechnet schrumpft der Preis der Nudelpackung auf fast ein Drittel des üblichen Regalpreises. Bei der Konkurrenz ist die Marke ebenfalls im Angebot - kostet aber einen Euro, ist also teurer.
Doch genauso gibt es Beispiele für das Gegenteil. Auf Tomaten der Marke ORO di Parma bietet Rewe gar einen vollen Euro als Bonus. Zieht man dem vom aktuellen Regalpreis von 1,99 Euro ab, kostet das Produkt also 99 Cent. Edeka hat die Ware im Angebot - der Preis liegt drunter, bei 88 Cent -, und Payback-Punkte gibt es ja dann noch obendrauf.
Nur einer hat noch keine App
Noch hat der Kunde kaum Durchblick, auf welchen Wegen er an Punkte und Geld kommt, aber er merkt schnell: Da geht was. Bekommt er drei Packungen Premium-Nudeln zu einem Preis, zu dem er sonst nur eine bekommt, wundert es kaum, dass Kundenfrequenz und Umsätze nach oben zeigen. Und in diesem Spiel wollen alle mitmischen. Auch die Discounter Lidl, Penny und Netto sind dabei.
Nur Aldi hat weder eine eigene App, noch ein anderes Programm zur Kundenbindung. Aus einem einfachen Grund, sagt Handelsexperte Stephan Rüschen: "Mit einer App muss man sich beschäftigen, man muss vor dem Einkauf gucken, welche Coupons da sind - das ist etwas, was Aldi seinen Kunden nicht zumuten will." Das Versprechen hier sei, dass es fair zugehe.
Hohes Risiko beim Handel
"Kundengewinnung ist teuer, das war schon immer so", sagt Rüschen. Aber klar sei auch: Die Kosten müssen irgendwann wieder runter. Ewig können sich die Händler nicht mit hohen Rabatten und Tiefstpreisen überbieten.
Was ein Händler braucht, wenn er den Kampf um Marktanteile nicht nur über den Preis ausfechten will, sind treue Kunden, keine von einem Markt zum nächsten hüpfende Schnäppchenjäger. Denn sonst kann Edeka seine Marge bald im Bällebad suchen - oder Rewe im Dschungel.