Ausbau der Handelsbeziehungen Indien wird Russlands größter Ölkunde
Nach den Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges hat Russland schnell neue Abnehmer gefunden: Die Öllieferungen nach Indien haben sich im letzten Jahr verdoppelt. Das Land ist nun wichtigster Abnehmer und will den Handel mit Moskau ausbauen.
Indien ist nach Angaben der Moskauer Regierung zum größten Abnehmer von russischem Öl aufgestiegen. "Indien ist der wichtigste Markt und zum heutigen Tag ist Indien für uns im Energiesektor einer der Schlüsselpartner", sagte Russlands Vizeregierungschef Alexander Nowak.
Seinen Angaben nach hat Russland im vergangenen Jahr 90 Millionen Tonnen Öl nach Indien geliefert. "Das entspricht 40 Prozent des Gesamtbedarfs von Indien." Die Lieferungen hätten sich damit gegenüber 2022 verdoppelt.
Neu-Delhi verurteilt Angriffskrieg nicht
Nowak äußerte sich am Rande eines zweitägigen Besuchs von Indiens Regierungschef Narendra Modi in Moskau. Modi traf dabei erstmals seit Kriegsbeginn Kremlchef Wladimir Putin in der russischen Hauptstadt. Dabei besprachen beide Staatschefs einen Ausbau der wirtschaftlichen Kooperation.
Beim russischen Krieg gegen die Ukraine nimmt Neu-Delhi eine pragmatische Haltung ein: Indien ruft zu einer diplomatischen Lösung auf, verurteilt den Angriffskrieg aber nicht und beteiligt sich nicht an Sanktionen. Im Gegenteil: Weil russisches Öl wegen westlicher Sanktionen billig ist, kauft Indien den Rohstoff in großen Mengen.
Bilateraler Handel soll gestärkt werden
Die beiden Länder peilen in den kommenden Jahren zudem einen massiven Ausbau ihrer bilateralen Handelsbeziehungen an. Der indische Außenminister Vinay Mohan Kwatra sprach gestern von einem Volumen von 100 Milliarden Dollar bis 2030. Gegenwärtig liege es bei 65 Milliarden Dollar.
Kwatra sprach konkret von Vereinbarungen im Energiesektor etwa mit Rosneft und anderen russischen Unternehmen. Der staatliche Atomkonzern Rosatom gab seinerseits Gespräche über den Bau von sechs weiteren Kernkraftwerken in Indien bekannt. Der Russische Direktinvestmentfonds (RDIF) unterzeichnete Vereinbarungen in den Bereichen Pharma, Schiffsbau und Bildung.
Die zweitgrößte russische Bank VTB räumte allerdings Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr ein. "Es gibt natürlich Probleme im Zusammenhang mit den Sanktionen", sagte VTB-Chef Andrej Kostin. Als weitere Schwierigkeiten nannte er die eingeschränkte Konvertierbarkeit der indischen Rupie.
Getreide-Importe um das 22-Fache gestiegen
Die Regierungen in Moskau und Neu-Delhi unterhalten seit der Sowjetzeit enge Beziehungen. Russland ist seit Jahrzehnten der größte Waffenlieferant Indiens.
Indien ist dabei nicht nur ein Großabnehmer russischen Öls. Auch bei anderen Produkten aus Russland greift das bevölkerungsreichste Land der Erde zu: Den russischen Behörden zufolge steigerte Indien seine Getreide-Importe im Erntejahr 2023/2024 um das 22-Fache. Auch der Westen ist um gute Beziehungen zu Indien bemüht, das als Gegengewicht zu China in der Region gesehen wird.