Trotz heftiger Kritik Polen fusioniert große Ölkonzerne
In Polen steht die geplante Fusion der Ölriesen PKN Orlen und Lotos vor dem Ziel. Das sorgt für scharfe Kritik. Denn als Folge erhalten zwei Konzerne Einfluss in Polen, denen eine Nähe zu Russland nachgesagt wird.
Piotr Naimski, Regierungsbevollmächtigter für kritische Energieinfrastruktur, galt auch unter PiS-Gegnern als ein fähiger Mann. Nach dessen Rücktritt Mitte der Woche bestätigte Regierungschef Mateusz Morawiecki, er sei der beste Energiespezialist des Landes gewesen. Offiziell ist das zwar nicht - und doch sind sich viele Beobachter im politischen Warschau sicher: Naimski geht auch, weil er die Großfusion der staatlichen Ölriesen Lotos und PKN Orlen ablehnt. Er galt dabei als am lautesten schweigender Kritiker der Fusion. Denn offizielle Wortmeldungen sind nicht belegt.
Fusion wird seit vier Jahren forciert
Redseliger sind da Oppositionspolitiker wie der Abgeordnete Adrian Zandberg von der Linkspartei "Razem". Er äußert "ernste Zweifel an der Fusion, ob sie langfristig für Polen sicher sein wird, und ich stehe damit nicht allein, denn offenbar war der Streit darum einer der Gründe, warum es gestern zu einer ziemlich spektakulären Entlassung gekommen ist."
Der Zusammenschluss der staatlich kontrollierten Ölkonzerne wird seit 2018 vorangetrieben - eine Großfusion, die auch kartellrechtliche Fragen aufwarf. Die EU-Kommission erteilte deswegen scharfe Auflagen. Die Befürworter der Fusion sagen, es entstehe ein Ölriese, der weltweit mitspielen könne, sich die Einkaufspreise nicht diktieren lassen müsse, die gewaltigen Umwälzungen und Investitionen im Energiebereich stemmen könne.
Gegenwind für Orlen-Chef Obajtek
Der derzeitige Orlen-Chef Daniel Obajtek, ein enger Gefolgsmann des PiS-Chefs Kaczynski, meinte: "Wir bauen einen Multienergie-Konzern, der zur energetischen Transformation fähig ist, in Forschung und Entwicklung investieren, aber auch die Petrochemie entwickeln kann." Der Konzenchef erklärte, dass die sich nicht mehr auf Treibstoffe werde stützen können, "sondern auf Petrochemie". Obajtek wird von seinen Gegnern gern als Bürgermeister von Pcim verspottet. Er war Kleinstadtbürgermeister, als Kaczynski ihn entdeckte. Unter PiS aber legte er einen rasanten Aufstieg im staatlich geprägten Energiesektor hin.
Nun, kurz vorm Ziel, scheint auch der Gegenwind enorm. Denn der neue Konzern muss vieles abstoßen: Hunderte Tankstellen an die ungarische MOL, Teile einer als hochmodern geltenden Raffinerie und damit ein Herzstück der polnischen Energieinfrastruktur an die saudische Saudi Aramco. Im polnischen Fernsehen meinte der der Fusion kritisch gegenüberstehende Fondsmanager Dawid Czopek: "Niemand hat den beiden Firmen, also Lotos und Orlen, verboten, zusammenzuarbeiten, gemeinsam zu investieren in Windparks oder zusammen Treibstoffe zu kaufen. Aber diese Fusion ist schädlich, auch für unseren Staat."
Bedenken wegen Nähe zu Russland
Denn sowohl der ungarischen MOL als auch den Saudis wird eine gefährliche Nähe zu Russland nachgesagt. Es besser zu lassen, war angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen deswegen ein immer wieder gehörter, aber offenbar nicht erhörter Ruf. Es sei vor allem ein Geschäft, heißt es nun. Das lassen Kritiker wie der frühere Wirtschaftsminister Piotr Wozniak nicht gelten. Habe nicht auch Angela Merkel immer wieder betont, bei "Nord Stream" handele es sich um ein rein wirtschaftliches Projekt?