Smarte Bewässerung in Städten So lassen sich Gärten vor dem Klimawandel schützen
Gelbes Gestrüpp statt sattgrüner Flächen: Der Klimawandel bedroht auch öffentliche Gärten und Parks - auf Städte kommen hohe Kosten zu. In Rheinland-Pfalz testen sie deshalb bereits smarte Bewässerungstechnik.
"Sattgrüner Rasen im Sommer ist ein Gartenbild, von dem wir uns verabschieden müssen" - davon ist Eva Hofmann überzeugt. Sie erforscht an der Gartenakademie Rheinland-Pfalz, was künftig noch gut in Gärten wachsen kann. Wer den Anblick von vertrocknetem, braunem Gras nicht erträgt, dem empfiehlt die Gartenbau-Ingenieurin sogenannten Kräuterrasen oder Blumenwiesen.
Kräuterrasen entstehe meist ganz von selbst, wenn seltener gemäht, nicht mehr gegossen und gedüngt werde und die natürliche Ansiedlung von Wildpflanzen zugelassen werde. "Selbstverständlich gibt es dafür aber auch tolle Saatgutmischungen", sagt Hofmann. Auf Kräuterrasen könne man auch liegen und spielen, Blumenwiesen würden im Gegensatz höher werden und seien eher nicht zum Betreten gedacht.
Einige Pflanzenarten werden verschwinden
"Einfach mehr gießen wird in Zukunft jedenfalls nicht mehr funktionieren". Da ist sich Hofmann sicher. Wasser werde dafür bei anhaltender Trockenheit zu knapp. "Wir haben ja jetzt schon ein Grundwasserdefizit, viele Bäche trocknen aus." Wie solle man da noch mit Leitungswasser gießen? Und im Winter gesammeltes Regenwasser reiche nicht für den kompletten Sommer. Wichtig sei, Pflanzen und Bäume in der Anwachsphase zu wässern. Und zwar lieber selten, lange und tiefgründig als regelmäßig und kurz, rät die Gartenbau-Expertin. "Damit sich die Wurzeln ihr Wasser in tieferen Bodenschichten suchen."
Bauern-Hortensien und Rhododendron werden sich wohl über kurz oder lang aus den Gärten hier im Land verabschieden, prophezeit Hofmann: "Sie fühlen sich in unserem fast mediterranen Klima nicht mehr wohl oder funktionieren wegen ihres hohen Wasserbedarfs auf die lange Sicht nicht mehr." Ganz auf Blumenpracht verzichten müssten Gartenbesitzer aber auch künftig nicht. "Säckelblume, Zistrose und Abelie blühen auch schön und kommen mit Trockenheit und Hitze besser klar."
Keine privaten Pools mehr?
Auch Thuja werde es zunehmend schwerer haben, besser geeignet seien da Steinlinde, Kreuzdorn und Ölweide, das zeige sich auf den Versuchsflächen der Gartenakademie in Neustadt an der Weinstraße. Ganz verschwinden aus deutschen Gärten werden laut Hofmann wegen Wasserknappheit private Pools.
Nicht nur für Privatgärten empfiehlt die Gartenbau-Ingenieurin das Pflanzen von Bäumen - als Schattenspender und natürliche Klimaanlagen. "Bis ein junger Baum all das leistet, was ein etablierter Baum an Kühlung und Luftreinigung kann, gehen viele Jahre vorbei." Deshalb sei es ungeheuer wichtig, schnell viele Bäume zu pflanzen und diese auch die ersten Jahre gut zu pflegen.
Sensoren sollen erkennen, welcher Baum Wasser braucht
Weil Bäume für ein gutes Stadtklima unersetzlich sind, setzt die Stadt Pirmasens bei Neupflanzungen verstärkt auf Arten, die mit dem veränderten Klima besser zurechtkommen: etwa Eichen und Erlen, aber auch amerikanische Amberbäume, die sogar auf trockenen Böden in mexikanischen Höhenlagen wachsen, oder Eisenholzbäume, die aus Vorderasien stammen. Auch in Beeten pflanze die Stadt widerstandsfähigere Pflanzen, sagt der Pressesprecher von Pirmasens, Maximilian Zwick; zum Beispiel Thymian, Lavendel oder Wollziest, Perlkörbchen und Astern.
Von Mitte August an will die Stadt in der Pfalz nun smarte Technik testen, um ihre Bäume vor Trockenheit zu schützen. Digitale Sensoren sollen erkennen, welcher Baum wann Bewässerung benötigt. So soll Wasser, Personal und Geld gespart werden. Etwa 30.000 Stadtbäume gibt es in Pirmasens, für deren Pflege immer mehr Aufwand betrieben werden muss. In einer dreimonatigen Pilotphase sollen zunächst drei Bäume im Stadtgebiet mit solarbetriebenen Sensoren ausgestattet werden, die die Temperatur und die Bodenfeuchtigkeit um den Wurzelballen herum messen. "Diese Daten sollen eine Vorhersage zum Trockenstress der Bäume möglich machen, was die Bewässerung für uns als Stadt künftig planbarer und zielgenauer machen soll", erklärt Zwick.
Historische Parks unter Druck
Auch vor historischen Denkmälern macht der Klimawandel nicht Halt. Zu Schloss Stolzenfels am Mittelrhein gehören ein Park und Gärten, angelegt vom preußischen Gartenkünstler Peter Joseph Lenné im 19. Jahrhundert. Die Anlage gilt als wichtiges Zeugnis der Rheinromantik. Viele der alten Kastanien hier leiden unter der Trockenheit, sind dadurch anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Es mussten schon einige Bäume gefällt werden.
Für die zuständige Direktorin Angela Kaiser-Lahme geht es darum, die Schlossanlage als Gesamtkunstwerk zu bewahren: "Man denkt immer nur an das Baudenkmal. Aber dieses Schloss wurde mit Landschaftspark und Gärten konzipiert, mit imposanten Bäumen und prächtigen Blumenbeeten, das macht seinen Charakter aus."
Dutzende Parks und Grünflächen
Kaiser-Lahme von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz betreut zahlreiche Burgen und Schlösser im Land und dazu gehören auch mehr als 70 Grünflächen, Parks und Biotope. Diese verursachten wegen des Klimawandels mehr Arbeit und höhere Kosten. In den vergangenen vier, fünf Jahren, sagt Kaiser-Lahme, hätten sie deutlich mehr Zeit und Geld in die Bewässerung der Gartenanlagen stecken müssen.
"Blumen leiden besonders unter der Hitze und der Trockenheit", sagt Angela Kaiser-Lahme. "Ich brauche dringend Bewässerungsanlagen." So könnten Pflanzen zielgenauer und sparsamer mit Wasser versorgt werden, als das mit Gartenschlauch oder Gießkanne ginge. Und es spare Arbeitszeit. Auf Blumen ganz zu verzichten, schließt die Direktorin aus. Dann ginge der Denkmalcharakter der Anlage verloren: "Der Pergola-Garten von Schloss Stolzenfels ist einer der schönsten und bedeutendsten Gärten am ganzen Mittelrhein und besticht durch seine Blütenpracht." Das müsse für zukünftige Generationen erhalten bleiben.
Mehrkosten durch Zisterne
Da Wasser eine knappe Ressource, es zum Gießen auf Schloss Stolzenfels aber unverzichtbar ist, plant Kaiser-Lahme den Bau einer Regenwasserzisterne. "Das wird zwar erst mal hohe Investitionen bedeuten, ich gehe von mehr als einer Million Euro aus. Auf Dauer aber wird es sich auszahlen." Woher das Geld dafür kommen soll, kann sie im Moment noch nicht sagen. Solche Kosten, die durch den Klimawandel entstehen, werde sie jedenfalls nicht aus ihrem normalen Haushalt stemmen können.
Die Direktorin muss nun entscheiden, welche Bäume und Sträucher künftig in den Gärten von Schloss Stolzenfels wachsen sollen - und können. Sie wird auf widerstandsfähigere Sorten setzen müssen. Dafür holt die studierte Historikerin aktuell noch Expertise von außen ein.
Gartendenkmäler wie Baudenkmäler behandeln
Da immer mehr Maßnahmen nötig würden, um dem Klimawandel zu begegnen, wünscht sich Kaiser-Lahme eigene Fachleute für ihre Direktion. Allein für Ersatzpflanzungen von Allee-Bäumen sowie von Sträuchern und Stauden, die besser mit Hitze und Trockenheit zurechtkommen, werden geschätzt mehr als 184.000 Euro auf sie zukommen. Mindestens 50 alte Kastanienbäume müssten im Park von Schloss Stolzenfels gefällt und ersetzt werden. Da könne stattdessen nicht wahllos irgendetwas gepflanzt werden. "Das Bild muss erhalten bleiben. Und das müssen Bäume sein, die schon ein gewisses Alter und eine gewisse Höhe haben." Und nach dem Einpflanzen müssten diese dann drei bis fünf Jahre betreut werden, damit sie nicht kaputt gingen.
"Gartendenkmäler sind genauso wertvoll wie Baudenkmäler", betont Kaiser-Lahme. Dafür will sie Politik und Öffentlichkeit sensibilisieren. Man könne schließlich auch kein historisches Schieferdach einfach durch rote Ziegel ersetzen, genau das Gleiche gelte für Pflanzen in kunstvoll angelegten Parkanlagen.