Trockenheit und Baumsterben Wie der Klimawandel Pilzen zusetzt
Trockenheit, Erderwärmung, Baumsterben: Pilze sind auf vielfältige Weise vom Klimawandel betroffen. Einige Arten dürften verschwinden, neue - auch giftige - hinzukommen. Und die Pilzsaison verschiebt sich.
Haben Bäume Probleme, bekommen auch Pilze Probleme - das beobachten immer mehr Pilzsachverständige in Deutschland. Denn die Pilze leben in einer engen Gemeinschaft mit den Bäumen. Das unterirdische Geflecht liefert den Bäumen Nährstoffe, im Gegenzug gibt es für die Pilze Zucker. Dieser Vorgang nennt sich Mykorrhiza.
Doch wenn es dem Baum schlecht geht oder er gar abstirbt, hat dies große Auswirkungen auch auf die Pilze. Der saarländische Pilzsachverständige Harry Regin beobachtet das bei der Fichte. Immer mehr Bäume sterben wegen Dürre und Trockenheit. Betroffen sind große Teile von Südwestdeutschland und andere Gebiete wie im Harz und in Ostdeutschland. Damit haben Pilzarten wie der Fichtenreizker es immer schwerer.
Gewinner und Verlierer
Der Pilzexperte hat beobachtet, dass es nach dem Tod des Baumes eine Art Pilzexplosion gibt. Ein oder zwei Jahre lang bilden sich viele Fruchtkörper. Dadurch entstehen auch viele Sporen, die mit dem Wind weiter getragen werden. So können die Sporen einen neuen Baum finden, mit dem der Pilz in Symbiose weiter leben kann. Ein System, das normalerweise funktioniert.
Doch durch die jüngste Trockenperiode ist das System aus der Balance: Weil viele Fichten beispielsweise derzeit stark unter Stress leiden und dezimiert werden, finden die Sporen keinen neuen Baum. Das bedeutet: Der Pilz kann ohne diesen Partner in der Region, in der er bisher gelebt hat, aussterben.
Doch es gibt nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner des Klimawandels. Das gilt besonders für die Arten, die sich auf Totholz spezialisiert haben. So zum Beispiel der Riesenporling: Er verträgt die steigenden Temperaturen gut - und da durch den Klimawandel mehr Bäume absterben, kann er sich leichter ausbreiten. Schließlich gibt es genug Totholz, aus dem er genügend Nährstoffe ziehen kann.
Die Trockenheit der vergangenen Jahre hat den Wäldern geschadet - und damit auch den Pilzen.
Neue Pilzarten wandern nach Deutschland ein
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie, also die Deutsche Pilzgesellschaft, beobachtet, dass es auch bei den Pilzen Klimaeinwanderer gibt. Arten, die sonst im Mittelmeerraum oder südlich der Alpen wachsen, haben inzwischen auch nördlich der Alpen Fuß gefasst. Als zusätzlicher Speisepilz ist der Kaiserling an einigen Orten in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland zu finden.
Doch nicht nur die essbaren Einwanderer sind im Kommen - das gleiche gilt auch für giftige Arten wie dem falschen Wiesen-Champignon. Er hat eine große Ähnlichkeit zum Speisepilz und kann Magen- und Darmprobleme verursachen.
Klimawandel verlängert die Pilzsaison
Der Frühstart der Pilze in diesem Jahr kam durch das nass-warme Wetter. Doch der Trend geht in die andere Richtung. Hitze und Trockenheit verzögern zwar immer häufiger den Sommer-Start in die Pilzsaison, doch dafür können die Pilze länger gesammelt werden. Der Grund: Erst wenn die richtige Mischung von Nässe und Wärme da ist, wachsen die Pilze.
So kommt es, dass die Fruchtkörper häufiger im Spätherbst kräftig sprießen. Die milden Temperaturen führen aber dann dazu, dass man noch teilweise im November Pilze sammeln kann. So zum Beispiel den Austernseitling oder Maronenröhrling sowie den Steinpilz.
Pilze als Kohlenstoffspeicher
Doch die Pilze sind nicht nur Opfer des Klimawandels - sie spielen anscheinend auch eine große Rolle beim Kampf dagegen. Eine Studie der Universität Kapstadt kommt zum Ergebnis, dass Wurzelpilze eine große Menge an CO2 speichern: umgerechnet mehr als 35 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen aus dem Verkehr. Die Wissenschaftler kommen daher zu dem Schluss, dass der Einfluss der Pilze auf das Klima und den Klimawandel bisher unterschätzt wurde.