Eine südafrikanische und mehrere Pride-Flaggen zur Pride Parade in Johannesburg (aufgenommen am 26. Oktober 2024)

Provinz Eastern Cape Homosexueller Imam in Südafrika erschossen

Stand: 16.02.2025 17:43 Uhr

Der Südafrikaner Muhsin Hendricks galt als weltweit erster offen schwuler Imam. Nun wurde der 58-Jährige erschossen. Das Motiv ist laut Polizei unklar, die mutmaßlichen Angreifer sind flüchtig.

Die Trauer und die Bestürzung sind groß - in Südafrika und weit darüber hinaus. Freunde, Familienangehörige und Mitstreiter von Muhsin Hendricks würdigen ihn als friedlichen Aktivisten, der sich furchtlos für die Inklusion queerer Muslime und für einen auf Mitgefühl ausgerichteten Islam eingesetzt habe.

Das Global Faith Network - eine gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in den USA - sagte, Hendricks sei ein Pionier, ein Visionär und ein Leuchtfeuer der Hoffnung für unzählige marginalisierte Muslime weltweit gewesen. 

Der als erster offen schwuler Imam bekannte Mann war gestern in der Provinz Eastern Cape auf offener Straße erschossen worden. Zwei Männer hatten sein Auto gestoppt und aus nächster Nähe das Feuer auf den Geistlichen eröffnet. Die Täter konnten unerkannt entkommen.

Fahndung ohne Festnahmen, Video im Internet

Nach Angaben der Polizei läuft die Fahndung auf Hochtouren, Festnahmen gab es bisher nicht. In den sozialen Medien kursiert das Video einer Sicherheitskamera, das angeblich den Mord und die anschließende Flucht der Täter zeigt. Hendricks soll auf dem Weg zu einer Hochzeitszeremonie gewesen sein, bei der er ein lesbisches Paar trauen wollte. Der 58-Jährige hatte eine Moschee geleitet, die als Anlaufstelle und sicherer Zufluchtsort für Lesben, Schwule, bi-, trans- und intersexuelle Muslime galt.

In einer Erklärung des Muslimischen Justizrats heißt es, Hendricks' Ansichten seien zwar mit den islamischen Lehren unvereinbar gewesen. Den Mord aber verurteile man unmissverständlich, genauso wie alle Gewalttaten, die sich gegen Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft richteten. Die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens sei ein Grundprinzip des Islam.

Schutz vor Diskriminierung hat Verfassungsrang

Südafrikas größte Regierungspartei, der Afrikanische Nationalkongress ANC, spricht von einer abscheulichen Gewalttat und verurteilt die, so wörtlich: hasserfüllte Rhetorik, mit der die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen immer weiter angeheizt werde.

Kein Südafrikaner sollte wegen seiner sexuellen Identität oder seiner Überzeugungen in Angst leben. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen und die Netzwerke der Intoleranz zerschlagen werden.

Südafrika war nach dem Ende der Apartheid das erste afrikanische Land, das gleichgeschlechtliche Ehen erlaubte. Die Verfassung schützt die Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich vor Diskriminierung wegen ihrer sexuellen Orientierung. 

Stephan Ueberbach, SWR, tagesschau, 16.02.2025 16:54 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 16. Februar 2025 um 17:16 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur.