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Migranten in den USA Die ständige Angst der dringend Gebrauchten
Viele Migranten, die ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA leben, haben seit Trumps Amtsantritt Angst. Es gibt Berichte über willkürliche Kontrollen und drohende Razzien. Dabei ist die US-Wirtschaft auf sie angewiesen.
Bakersfield am Südende des Central Valley in Kalifornien: Der Gärtner Ernesto Campos berichtet gegenüber Reportern, er sei vor gut einer Woche gezielt wegen seiner Hautfarbe angehalten und vier Stunden festgehalten worden. Als er sich geweigert habe, seinen Autoschlüssel abzugeben, hätten Beamte einen Reifen zerstochen. Aus seinem Wagen heraus filmte Campos die Fahrzeugkontrolle und stellte sie ins Netz.
Die ganze Latino-Gemeinschaft sei verängstigt, sagt Einwanderungsanwältin Ambar Tovar am Rande einer Demonstration in Bakersfield. Willkürliche Kontrollen "erzeugen Angst und zerstören die Nachbarschaftsstrukturen".
Dringend gebrauchte Helfer und Steuerzahler
Etwa ein Viertel der Migrantinnen und Migranten aus Lateinamerika haben keinen Aufenthaltstitel. 50 bis 75 Prozent von ihnen zahlen trotzdem Steuern, für sie gibt es spezielle Steuernummern. Und: Sie werden dringend gebraucht. So stellen sie die Hälfte bis drei Viertel der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft.
Orangenpflückerin Xolit Núñez sagt: "In ständiger Angst zu leben, ist nicht einfach - dabei bringen wir die Lebensmittel auf den Tisch." Massenabschiebungen hätten extreme wirtschaftliche Folgen, warnt auch Anwältin Ana Alicia Huerta. Die Lebensmittelpreise würden weiter steigen. Denn: Ein Viertel der US-Lebensmittelproduktion kommt aus dem Central Valley.
Demonstrationen in Los Angeles
Zu einem "Tag ohne Migranten", der die Folgen für die Wirtschaft deutlich machen sollte, gab es kürzlich auch in Los Angeles Demonstrationen. Studierende blockierten dabei kurzzeitig eine Autobahn. Eine Protestteilnehmerin erklärte, sie trete für Menschen ein, die keine Stimme hätten. Sie kritisierte den Einbürgerungsprozess als zu kompliziert.
Eine andere junge Frau, hier geboren und dadurch US-Staatsbürgerin, trat für ihren Vater und die Eltern anderer ein, die die US-Staatsbürgerschaft noch immer nicht haben: "Weil er so hart arbeitet, um für uns zu sorgen."
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Demonstration zum "Tag ohne Migranten" in Los Angeles.
Berichte über bevorstehende Großrazzien
Der angesehenen Zeitung Los Angeles Times sind laut eigener Berichterstattung Informationen zugespielt worden, wonach es noch in diesem Monat große Razzien in Los Angeles geben soll. Nach Behördenschätzungen leben im Los Angeles County mindestens 800.000 Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis. Laut der Zeitung solle die Razzia aber zunächst vor allem Menschen gelten, die ihren Aufenthaltsstatus kürzlich verloren hätten oder gegen die es eine Abschiebeverfügung gebe.
Die neue Justizministerin Pam Bondi drohte bei Fox News: "Wer Informationen über Razzien durchsticht, gefährdet die Gesundheit und das Leben unserer Beamten. Wir werden jeden verfolgen und schnappen."
Der Papst mischt sich ein
Die Abschiebepläne der Regierung haben jetzt Papst Franziskus veranlasst, den US-Bischöfen einen Brief zu schreiben. Darin heißt es sinngemäß, die geplanten Abschiebungen verletzten die Menschenwürde. Und ganz konkret: "Alle gläubigen Christen und Menschen guten Willens sind aufgerufen, die Legitimität von Normen und öffentlichen Maßnahmen im Lichte der Würde der Person und ihrer Grundrechte zu betrachten, und nicht umgekehrt."
Anwältinnen und Anwälte versuchen, den von Abschiebungen Bedrohten Mut zu machen: "Ihr habt Rechte, macht euch mit ihnen vertraut", sagen sie. Und die Stadt Los Angeles hat eine Informationskampagne dazu gestartet: Migranten und Arbeitgeber müssten ihre Rechte kennen und sollten sich nicht von Beamten der Einwanderungsbehörde verunsichern lassen, so Stadtrat Hugo Soto-Martínez. Auch seine Großeltern kamen als Einwanderer und wurden erst nach vielen Jahren US-Staatsbürger.