Gipfel in Washington Scharfe Töne zwischen NATO und China - wegen Russland
Aus Sicht der NATO leistet China entscheidende Beihilfe für Russlands Angriffskrieg. Beim Gipfel werden die Bündnisstaaten nun sehr deutlich. Der Ton ist scharf - ebenso wie die Reaktion darauf aus Peking.
Die NATO feiert ihren 75. Geburtstag, wobei es das Wort "feiern" wohl nicht ganz trifft. Eher wappnet sich das Verteidigungsbündnis für eine neue Blockbildung. Auf der einen Seite stehen die USA und Europa, auf der anderen China und Russland, die um Einfluss in der Welt ringen.
So verschärft die NATO ihren Ton gegenüber China und wirft der asiatischen Großmacht entscheidende Beihilfe für Russlands Krieg gegen die Ukraine vor. In der Abschlusserklärung des Gipfels werden die Unterstützung Chinas für die russische Verteidigungsindustrie sowie die sogenannte grenzenlose Partnerschaft zwischen beiden Ländern als Beispiele genannt. "Dies erhöht die Gefahr, die Russland für seine Nachbarn und die euro-atlantische Sicherheit darstellt", heißt es im Abschlussdokument des NATO-Gipfels in Washington.
Strategische Partnerschaft zwischen Russland und China
China könne den größten Krieg der jüngeren Geschichte in Europa nicht ermöglichen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf seine Interessen und seinen Ruf habe, heißt es in dem Dokument weiter. Die immer enger werdende strategische Partnerschaft zwischen Russland und China und deren sich gegenseitig verstärkende Versuche, die regelbasierte internationale Ordnung zu unterhöhlen und umzugestalten, gäben Anlass zu großer Sorge.
Konkret fordert die NATO China nun auf, jede materielle und politische Unterstützung für Russlands Krieg sofort einzustellen. Dies umfasse auch militärisch nutzbare zivile Güter sowie Rohstoffe, die von der russischen Rüstungsindustrie genutzt würden, heißt es in dem Text.
"Stärkste Botschaft" an die Volksrepublik
Beim Gipfel im vergangenen Jahr hatte sich die NATO noch wesentlich zurückhaltender geäußert. Damals hieß es in der Gipfelerklärung unter anderem: "Wir rufen China auf, als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine konstruktive Rolle zu spielen, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen. (...)".
NATO-Chef Jens Stoltenberg sprach von der bisher "stärksten Botschaft" an die Volksrepublik, ihre Haltung zu überdenken. Mögliche Sanktionen seien aber Sache der einzelnen Mitgliedsländer.
Aufrüstung und Desinformation
Besorgt zeigt sich die NATO mit der neuen Erklärung auch über die fortgesetzte Erweiterung und Diversifizierung der chinesischen Kernwaffenbestände. Konkret ist dabei von weiteren Gefechtsköpfen und mehr hoch entwickelten Trägersystemen die Rede. Zudem werden China erneut Versuche vorgeworfen, die NATO zum Beispiel mit Desinformationkampagnen spalten zu wollen.
China warnt davor, "Konfrontation zu provozieren"
Die Reaktion aus China ließ nicht lange auf sich warten. Man warne die NATO davor, wegen der Beziehungen der Volksrepublik zu Russland eine "Konfrontation" zu "provozieren". Die NATO solle aufhören, die "sogenannte Bedrohung durch China" hochzuspielen und "Konfrontation und Rivalität zu provozieren", erklärte ein Sprecher der chinesischen Mission bei der EU. Das Verteidigungsbündnis solle mehr zu Frieden und Stabilität auf der Welt beitragen. Es sei allgemein bekannt, "dass China nicht der Verursacher der Ukraine-Krise ist", hieß es weiter.
Die Führung in Peking hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine bisher nicht öffentlich verurteilt und liefert weiter zivil wie militärisch nutzbare Güter an Moskau. China bezeichnet seine Rolle im Ukraine-Krieg als neutral. Seit Kriegsbeginn sind die Beziehungen zwischen China und Russland intensiver geworden.
Treffen mit Partnerländern des Asien-Pazifikraums
Heute treffen die Staats- und Regierungschefs der NATO einige Partnerländer des Asien-Pazifikraums wie Australien und Südkorea. Stoltenberg hatte in einer Pressekonferenz vor dem Gipfel angegeben, dass das Einbeziehen dieser Länder zeige, "dass unsere Sicherheit nicht regional ist", sondern "global". "Und das zeigt sich deutlich im Krieg in der Ukraine, wo der Iran, Nordkorea, China den illegalen Angriffskrieg Russlands unterstützen und ermöglichen", sagte der NATO-Generalsekretär.
"China wendet sich entschieden gegen die Verleumdungen und Angriffe der NATO": Außenamtssprecher Lin Jian.
China spricht von "Verleumdungen "
China hatte die Vorwürfe als "Verleumdungen" kritisiert. "Die sogenannte Sicherheit der NATO geht auf Kosten der Sicherheit anderer Länder und ihr Handeln hat extrem hohe Sicherheitsrisiken für die Welt und die Region mit sich gebracht", sagte der chinesische Außenministeriumssprecher Lin Jian am Dienstag bei einer Pressekonferenz. "China wendet sich entschieden gegen die Verleumdungen und Angriffe der NATO auf China, gegen ihre Bereitschaft, die Schuld auf andere abzuwälzen sowie dagegen, dass die NATO China als Vorwand benutzt, um nach Osten in den asiatisch-pazifischen Raum vorzudringen und regionale Spannungen zu schüren", fuhr der Sprecher fort.