Krieg in Syrien Islamisten nehmen offenbar Homs ein
Islamistische Kämpfer rücken weiter in Syrien vor: Nun wollen sie die Großstadt Homs eingenommen haben. Zuvor hatten Aktivisten berichtet, die Truppen der Assad-Regierung seien aus der Stadt abgezogen.
Die Aufständischen in Syrien haben die strategisch wichtige Großstadt Homs eigenen Angaben zufolge vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Das teilte ein Sprecher der islamistischen Allianz unter Führung der Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) mit. Die Gruppe gab zudem an, 3.500 Häftlinge aus einem Militärgefängnis in Homs befreit zu haben.
Zuvor hatte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet, die Regierungstruppen seien aus Homs abgezogen. Offiziere sollen demnach teilweise in Helikoptern an die Küste geflohen sein. Aus syrischen Militärkreisen hieß es, die Streitkräfte positionierten sich neu um die Stadt.
Homs, die drittgrößte Stadt Syriens, liegt zwischen Aleppo im Norden und der Hauptstadt Damaskus im Süden. Zudem liegt sie an einer strategisch wichtigen Position zwischen den Hochburgen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad an der Küste und Damaskus. Beobachter bezeichneten eine Übernahme von Homs bereits im Vorfeld als wahrscheinlichen Wendepunkt in den Kämpfen.
Der Kommandeur von HTS, Abu Muhammad al-Dscholani, bezeichnete die Einnahme von Homs als historischen Moment und forderte die Kämpfer auf, "denen, die ihre Waffen fallen lassen", keinen Schaden zuzufügen.
Aufständische rücken offenbar auf Damaskus vor
Die Offensive der Islamisten dürfte sich nun auf die Hauptstadt richten. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (OSDH) verließen Soldaten der Regierung Posten in der Nähe der Hauptstadt Damaskus. Die Regierungstruppen hätten sich aus dem Ort Artuz, etwa 15 Kilometer südwestlich von Damaskus, zurückgezogen. Das syrische Verteidigungsministerium wies das zurück.
Regierungsfeindliche Kämpfer erklärten nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP, sie hätten damit begonnen, Damaskus einzukreisen. Die Aufständischen hätten "mit der letzten Phase der Einkreisung der Hauptstadt Damaskus begonnen", sagte Hassan Abdel Ghani, ein Militärchef der islamistischen Allianz, die die Offensive im Nordwesten des Landes gestartet hatte. Zuvor hatten sowohl die Beobachtungsstelle als auch Vertreter der Aufständischen gemeldet, dass die regierungsfeindlichen Kämpfer inzwischen bis auf rund 20 Kilometer an Damaskus vorgerückt seien.
Aufenthaltsort von Präsident Assad ist unbekannt
Bewohner in Damaskus fürchten sich Berichten zufolge vor einem Eintreffen der Islamisten. Viele Familien aus dem Umfeld des syrischen Präsidenten Assad hätten bereits ihre Häuser verlassen und seien in den Libanon gereist, hieß es aus gut informierten Kreisen der Hauptstadt. Die Regierung dementierte Berichte, wonach Assad Damaskus bereits verlassen haben soll.
Der Konflikt in Syrien begann 2011 mit friedlichen Protesten gegen die Regierung Assads. Sicherheitskräfte gingen dagegen mit äußerster Brutalität vor. Die Gewaltspirale mündete in einem Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, in dem Russland, der Iran, die Türkei und die USA eigene Interessen verfolgen. Rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung zeichnete sich bis zuletzt nicht ab.