
Krieg in Nahost Hamas übergibt Leichen israelischer Geiseln
Die Terrororganisation Hamas hat im Gazastreifen die sterblichen Überreste von vier Geiseln übergeben. Unter den Toten soll eine Deutsch-Israelin mit ihren Kindern sein. Die Inszenierung der Übergabe löst erneut Entsetzen aus.
Die militant-islamistische Hamas hat im Gazastreifen die Leichen von vier israelischen Geiseln an das Rote Kreuz übergeben. Im Anschluss nahm das Militär die Särge entgegen. Der Hamas und israelischen Medien zufolge sollen unter den Toten eine Mutter und zwei Kleinkinder sein. Alle drei sollen auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Am späten Mittwochabend hatte das Forum der Geisel-Familien mitgeteilt, es habe die "erschütternde Nachricht" erhalten, "dass Shiri Bibas, ihre Kinder Ariel und Kfir sowie Oded Lifshitz nicht mehr unter uns sind". Als einer der vier Toten wurde Lifshitz identifiziert, wie seine Familie über das Forum der Geiselfamilien mitteilte. Mit Blick auf Shiri Bibas und ihre Söhne gab es zunächst keine letztliche Gewissheit, solange forensische Untersuchungen noch ausstanden.
Kfir und Ariel Bibas waren die letzten Kinder, die noch von der Hamas als Geiseln im Gazastreifen festgehalten wurden. Die Hamas hatte die Kleinkinder sowie deren Eltern vor mehr als 16 Monaten aus dem Kibbuz Nir Oz verschleppt. Kfir war damals gerade einmal neun Monate alt, sein Bruder Ariel vier Jahre.
Als einziges Familienmitglied ließ die Hamas vor zweieinhalb Wochen den Vater Jarden Bibas frei. Seine Frau und seine Kinder waren getrennt von ihm in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen. Die Terrororganisation hatte Shiri Bibas und ihre Kinder bereits für tot erklärt. Angeblich wurden sie bei einem israelischen Luftangriff im November 2023 getötet. Israels Behörden hatten dies jedoch nicht bestätigt.
Übergabe auf makaberer Bühne
Für die Übergabe hatte die Hamas eine Bühne errichtet, auf der vier schwarze Särge aufgebahrt wurden. Im Hintergrund war Netanjahu als Vampir abgebildet, mit den Bildern der getöteten Geiseln. Zahlreiche jubelnde Schaulustige versammelten sich neben Dutzenden vermummten und maskierten Islamisten in Uniformen zu lauter Musik.
Bevor die schwarzen Särge in Fahrzeuge des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz geladen wurden, stellten die Mitarbeiter der Organisation weiße Sichtblenden auf. Sie überdeckten Hamas-Propaganda auf den Särgen mit weißen Tüchern. Das Rote Kreuz hatte zuvor mehr Menschenwürde bei der Übergabe von Geiseln gefordert. Israels Fernsehen übertrug die Übergabe nicht.
Entsetzen über Inszenierung
Die Inszenierung der Leichenübergabe löste Erschütterung aus. Vom Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte hieß es, die Zurschaustellung der Leichen sei "abscheulich und grausam" und stehe im Gegensatz zum Völkerrecht. Außenministerin Baerbock beklagte, die Bilder der Vorführung der vier Särge durch die Hamas seien "kaum zu ertragen". Die Geisel-Familien seien bis zum Schluss "dem grenzenlosen Hamas-Terror ausgesetzt".
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach der Familie sein Mitgefühl aus. Der Tod der drei am 7. Oktober von der radikalislamischen Hamas verschleppten Menschen sei "zur schrecklichen Gewissheit geworden", teilte Scholz im Onlinedienst X mit. "Ich fühle mit allen, die mit dieser schrecklichen Gewissheit umgehen müssen", fügte er hinzu.
Israels Staatspräsident bittet um Vergebung
Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog bat die Geiseln um Verzeihung. "Qual. Schmerz. Es fehlen die Worte", hieß es in einer Mitteilung Herzogs. "Unsere Herzen - die Herzen einer ganzen Nation - sind gebrochen." Er neige im Namen des Staates Israel das Haupt und bitte um Vergebung. "Vergebung dafür, dass wir euch an dem schrecklichen Tag nicht beschützt haben. Vergebung dafür, dass wir euch nicht sicher nach Hause gebracht haben."
Im Gegenzug für die vier Leichen wird Israel Berichten zufolge alle Frauen und Minderjährigen freilassen, die seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 festgenommen wurden und nicht am bewaffneten Kampf gegen Israel beteiligt gewesen sein sollen.
Am Samstag sollen sechs weitere Geiseln der Hamas an Israel übergeben werden - sie sind die letzten lebenden Gefangenen, die in der ersten Phase des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas freikommen sollen.