Jean-Marie Le Pen

Front National-Gründer Le Pen Der Patriarch der französischen Rechten ist tot

Stand: 07.01.2025 17:43 Uhr

Jean-Marie Le Pen war über Jahrzehnte das Gesicht der extremen Rechten in Frankreich. Auf offen rechtsextreme Äußerungen folgten Gerichtsurteile. Sein größter Traum - die Le-Pen-Präsidentschaft - blieb unerfüllt.

Vom Präsidentenamt hatte er immer geträumt. Geschafft hat Jean-Marie Le Pen das nie - aber er war 2002 der erste rechtsextreme Politiker, der es in die Stichwahl um das Präsidentenamt schaffte. Nun ist der rechtsextreme Politiker und Gründer des französischen Front National im Alter von 96 Jahren gestorben.

Er war ein Politiker, der zu Lebzeiten schon lange mit offen rassistischen Parolen Stimmung machte - und Stimmen fischte. "Ich glaube an die Ungleichheit menschlicher Rassen, natürlich. Sie ist offensichtlich, und die Geschichte zeigt das deutlich: Sie haben nicht alle die gleichen Fähigkeiten, das gleiche Entwicklungsniveau", sagte Le Pen zum Beispiel 1996.

Le Pen in Stichwahl löst Protestbewegung aus

So ging dann auch eine politische Schockwelle durch das Land, nachdem die Stichwahlkandidaten Chirac und Le Pen bekannt wurden - und rund 1,5 Millionen Menschen gingen am 1. Mai 2002 auf die Straße, um gegen die extreme Rechte zu demonstrieren. Die Punkbank Bérurier Noir wurde damals mit "La jeunesse emmerde le Front National" - auf Deutsch: "Die Jugend scheißt auf den Front National" - zum Sound dieses Protests.

Jean-Marie Le Pen verlor zwar die Stichwahl gegen Jacques Chirac - doch seine Partei, die damals noch Front National hieß, wurde zur festen Größe in der französischen Politik.

Le Pen war über Jahrzehnte das Gesicht, wenn nicht gar die Inkarnation der extremen Rechten in Frankreich - und der unumstrittene Anführer seiner Partei. "Das Motto des Front National lautet: Die Franzosen zuerst", beschrieb Le Pen den Anspruch seiner Partei.

Mit 29 Jahren in die Nationalversammlung

Jean-Marie Louis Le Pen wuchs in einfachen Verhältnissen in der Bretagne auf. 1942 wurde er im Zweiten Weltkrieg Halbwaise. Später ging Le Pen zur Fremdenlegion, kämpfte im Algerienkrieg und studierte schließlich Jura. 1957 wurde er mit 29 Jahren zum jüngsten Mitglied der Nationalversammlung gewählt, als Abgeordneter der antisemitischen Poujadisten-Partei.

"Wenn ich in den Rückspiegel schaue, bin ich ziemlich stolz auf mich, ich habe immer eine schnurgerade Linie verfolgt, so gerade wie möglich", sagte er 2018 über sich selbst.

Seine Linie war auch so weit rechts wie möglich. 1972 gründete Le Pen den Front National - ein Sammelbecken für patriotische Franzosen; viele haben eine Vichy-Vergangenheit. Seine Bewunderung für Maréchal Pétain, der mit den Nazis kollaborierte, versteckte Le Pen nie. Immer und immer wieder provozierte er mit rassistischen und antisemitischen Parolen.

Tochter wirft Vater aus der Partei

Mehr als 25 Mal wird Jean-Marie Le Pen verurteilt - wegen Verherrlichung von Kriegsverbrechen, Hassrede und Diskriminierung oder antisemitischer Äußerungen. Viele Jahre später verharmlost er den in der französischen Gesellschaft verwurzelten Antisemitismus - und stellt ihn vor allem als Folge der Einwanderungspolitik dar. "Ich glaube nicht, dass der Antisemitismus eine akute Gefahr ist. Wenn es in unserem Land eine antisemitische Gefahr gibt, dann kommt sie ausschließlich von einigen muslimischen Extremisten und aus keiner anderen politischen Strömung."

2015 wirft seine Tochter Marine - inzwischen Chefin des Front National, der nun den Namen Rassemblement National trägt - den Patriarchen aus der Partei; nach einem erbitterten internen Richtungsstreit. Marine Le Pen steht für eine Strategie der Entdämonisierung, für ein bürgerliches Auftreten der Partei. Die wiederholten Entgleisungen des Vaters sieht sie als Gefahr für den politischen Erfolg.

Versöhnung zum 90. Geburtstag.

Zum 90. Geburtstag folgt die große Versöhnung; seine Verbitterung hat Jean-Marie zumindest öffentlich vergessen: "Ich habe das Fundament gelegt, und sie kümmert sich jetzt um die elegante, effiziente Architektur der Zukunft."

Das Rassemblement National stellt inzwischen die stärkste Einzelfraktion im Parlament. In Folge eines Gerichtsprozesses droht Marine Le Pen aber der Ausschluss von allen Wahlen in den kommenden fünf Jahren. Jean-Maries Traum einer Präsidentschaft Le Pen könnte - nach seinem Tod - also einmal mehr scheitern.