Frank-Walter Steinmeier spricht im Bundestag.

Holocaust-Gedenken im Bundestag Steinmeier warnt vor Rückschritt "in dunkle Zeit"

Stand: 29.01.2025 14:34 Uhr

Der Bundestag hat der NS-Opfer gedacht. "Wir wissen es besser. Machen wir es besser", sagte Bundespräsident Steinmeier. Er warnte vor Rückschritten der Demokratie. Auch der ukrainische Holocaust-Überlebende Schwarzman sprach.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus an die Verantwortung Deutschlands für seine Geschichte erinnert. "Die Shoah ist ein Teil deutscher Geschichte. Sie ist, ob wir wollen oder nicht, Teil unserer Identität", sagte er im Bundestag. Es gebe "kein Ende der Erinnerung und deshalb auch keinen Schlussstrich unter unsere Verantwortung". Man dürfe nicht zurück in die "dunkle Zeit".

Damit wandte sich Steinmeier auch an jene Menschen, die den Holocaust "verdrängen, verharmlosen oder vergessen" wollen. Damit werde das Fundament erschüttert, auf dem die Demokratie gewachsen sei.

80 Jahre Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau

Der Bundestag gedenkt jährlich der NS-Opfer. Diesmal stand die Gedenkstunde im Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Steinmeier sagte dazu, es gebe immer weniger Überlebende der Schoah, die von ihren Erfahrungen berichten könnten. "Wir werden besonders für die jungen Menschen neue Formen des Erinnerns finden müssen", sagte er.

Es sei eine "Aufgabe unserer Generation, überall in Europa gegen das Vergessen zu arbeiten". Das gelte vor allem vor dem Hintergrund wachsender Judenfeindlichkeit in Deutschland. "Wenn Antisemitismus Alltag wird in unserem Land, auf unseren Straßen und Plätzen, in Schulen und Hochschulen, das dürfen wir in unserem Land mit unserer Geschichte niemals zulassen", warnte er.

Holocaust-Überlebender im Bundestag

Bei der Gedenkstunde kam auch der ukrainische Schoah-Überlebende Roman Schwarzman zu Wort. Es sei ihm eine Ehre, dass er aus seiner angegriffenen Stadt Odessa gekommen sei, sagte Steinmeier: "Mein Land steht an Ihrer Seite."

Die Erinnerung an die Opfer der Nazis sei zu seiner Lebensaufgabe geworden, sagte Schwarzman vor den Abgeordneten des Bundestags. In seiner Rede verglich er Russlands Krieg gegen sein Land mit der Barbarei der Nazis. "Damals versuchte Hitler, mich zu töten, weil ich Jude bin. Jetzt versucht Putin, mich zu töten, weil ich Ukrainer bin", sagte er.

Zudem appellierte Schwarzman an die Unterstützung Deutschlands für die Ukraine und forderte konkret auch Langstreckenflugkörper. "Ich flehe sie an, uns zu bewaffnen, damit Putin diesen Vernichtungskrieg beendet", sagte er.

"Das Gedenken an die Millionen Menschen zu erhalten, die davon nicht mehr berichten können", Roman Schwarzman, Holocaust-Überlebender

tagesthemen, 27.01.2025 22:15 Uhr

Erinnerung an Millionen Opfer des Nationalsozialismus

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) warnte vor, "im analogen und im digitalen Raum grassierenden Verschwörungsmythen und Propaganda". Daher sei historisches Bewusstsein gerade heute "besonders wichtig". Deutschland dürfe sich seiner historischen Verantwortung "niemals entziehen".

Mit der Gedenkstunde erinnerte der Bundestag an Opfer der Verbrechen im Nationalsozialismus. Mehr als 1,5 Millionen Männer, Frauen und Kinder wurden allein in Auschwitz ermordet. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Gefangenen des Konzentrationslagers. 

Man schätzt, dass insgesamt über sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet wurden - mehr als die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Europas.

Holocaust-Gedenktag
Am 27. Januar wird weltweit der Opfer des Holocaust gedacht. Das Datum erinnert an die Befreiung der überlebenden Häftlinge des größten NS-Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 - vor 80 Jahren. Seit 1996 gedenken die Menschen in Deutschland an diesem Tag der Millionen Opfer des Völkermords. Im November 2005 verabschiedete auch die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, die den 27. Januar zum weltweiten Gedenktag machte.

Auschwitz ist zum Synonym für den Holocaust geworden. In das größte deutsche Konzentrationslager nahe der polnischen Kleinstadt Oswiecim in der Nähe von Krakau wurden zwischen 1940 und 1945 weit mehr als eine Million Menschen aus ganz Europa deportiert. Der überwiegende Teil waren Juden, dazu kamen etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge anderer Nationalität. Die Zahl der im KZ Auschwitz und vor allem im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau Ermordeten wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 29. Januar 2025 um 14:00 Uhr.