Künstliche Intelligenz Welche Rolle spielt KI im Wahlkampf?
Der Wahlkampf hat kaum begonnen und schon kursiert ein KI-generiertes Video über CDU-Chef Merz in den sozialen Medien. Wie gehen die Parteien damit um - und wie gut ist das Land auf Manipulationen vorbereitet?
Sicher ist bei der Künstlichen Intelligenz derzeit vor allem, dass sie provoziert. Gerade erst wieder: Friedrich Merz. Im Netz kursiert ein Fake-Video über ihn, das auf den ersten Blick täuschend echt wirkt. "Ich muss gar keine Lösungen anbieten, solange ich die anderen als inkompetent darstellen, lächerlich machen und diskreditieren kann", heißt es darin.
Im Bundestag empört sich der echte CDU-Chef Merz über das Video - vor allem, dass es von einem SPD-Mann verbreitet werde. "Seit gestern kursieren im Netz KI-generierte Fake-Videos über mich. So weit, so schlecht", sagte er an die Adresse von Kanzler Olaf Scholz. "Aber dass sie von sozialdemokratischen Abgeordneten gepostet werden und weitergeleitet werden, das gibt einen Vorgeschmack auf die Art und Weise des Wahlkampfes, den Sie hier in Deutschland offensichtlich bereit sind zu führen."
Die Parteien setzen auf den AI-Act
Der Fall zeigt, wie unterschiedlich der Umgang mit KI ist. Die einen verstehen es als Satire, die als Kunstform eben alles darf, bei den anderen kommt es als üble Nachrede an.
Der SPD-Mann Bengt Bergt hatte das Video geteilt und sich dafür schriftlich bei Merz entschuldigt. Er habe die Wirkung des Videos unterschätzt. "Ich kann verstehen, dass Satire - geteilt von einem Politiker - als politische Aussage gewertet werden kann", hieß es in dem Brief.
Bergt ordnet den Umgang mit Künstlicher Intelligenz so ein: "Bei KI muss immer gebrandet sein, das ist wichtig. Da muss immer ein Label drauf sein." In den USA habe man im Wahlkampf gesehen, dass es teilweise ungelabelt war. "Und das ist etwas, was wir wirklich nicht dulden können. Deswegen bin ich sehr froh über den AI-Act, der aus Europa kommt."
Auf diesen AI-Act - AI steht für Artifcial intelligence - setzen sie. Es ist das weltweit erste Gesetz zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz, und es kommt aus Brüssel. Das Gesetz soll aber erst 2026 gelten und muss von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Noch leichter, Wahlen zu manipulieren
Das Bundesinnenministerium hat gerade vor der Wahl vor allem ein Auge auf Hass-Posts. Zum Thema KI-generierte Videos sagt Innenministerin Nancy Faeser: "Wir haben ja diese Früherkennungseinheit im Bereich der Desinformation auf den Weg gebracht, was ich für sehr wichtig halte." Dabei gehe es auch darum, technisch kenntlich zu machen, wo etwas verändert wurde. "Daran arbeiten wir weiter. Das gehört zum normalen Regierungshandeln."
Faeser und auch die Experten vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik beobachten, dass es mit KI noch leichter möglich ist, Wahlen zu manipulieren. Zum Beispiel mit sehr gezielter Wahlwerbung oder wenn Fragen von Wählern nur noch durch Chatbots beantwortet werden.
Aktuell sind die Bundestagsparteien bei der Frage, wie sie KI im jetzt anstehenden Wahlkampf einsetzen wollen, noch sehr zurückhaltend. Die CDU hat zum Einsatz von KI noch keine Entscheidung getroffen und beobachtet die Entwicklungen der Technologie. Ähnlich die SPD, die derzeit keine KI-generierten Texte oder Bilder nutzt.
Maßnahmen hinken der Realität hinterher
FDP und Grüne gehen davon aus, dass KI insgesamt im Wahlkampf sehr intensiv genutzt werden wird. Beide setzen darauf, das KI-generierte Inhalte immer kenntlich gemacht werden. Die AfD erklärt auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios nur schriftlich, dass KI bei der Erstellung von Grafiken und eventuell bei der Produktion von Videoclips verwendet werde.
"KI betrifft ja alle möglichen Bereiche", sagt Philipp Lorenz-Spreen. Er ist Computational Social Scientist am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und an der Technischen Universität Dresden. "Wenn wir jetzt hier über manipulierte Inhalte sprechen, dann würde ich behaupten, dass wir nicht besonders gut aufgestellt sind. Weder in Deutschland und tatsächlich noch im Rest der Welt."
Dazu kommt, dass fast alle Sicherheitsmaßnahmen immer der Realität hinterherhinken - und Regelungen mit neuen technischen Tricks von der KI umgangen werden können.