
Sondersitzung Kommt das Finanzpaket durch den Bundestag?
Die Schuldenbremse für Verteidigung lockern und ein 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur: Heute berät der Bundestag zum ersten Mal über die von Union und SPD vorgeschlagene Änderung des Grundgesetzes.
Es sind eigentlich nur 20 Minuten, die der Bundestag vorab zur "Geschäftsordnung" debattieren wird. Aber es sind 20 Minuten, die es in sich haben könnten.
Denn es wird auch um die Frage gehen, ob Bundestagspräsidentin Bärbel Bas überhaupt in die Tagesordnung einsteigen wird. Der einzige Punkt darauf ist das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes aus der Feder von SPD und Union.
Drei Verfassungsänderungen binnen weniger Tage
Der Zeitplan ist ambitioniert. Heute soll die sogenannte Erste Lesung des Entwurfs stattfinden, am Nachmittag soll der Haushaltsausschuss darüber beraten und in einer zweiten Sondersitzung in der kommenden Woche soll das Gesetz abgestimmt werden. Nur so könnte es noch rechtzeitig am 21. März in den Bundesrat gelangen.
Hintergrund ist die überraschende Wende der Union, doch noch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse aufzuweichen. Sie soll so angepasst werden, dass Verteidigungsausgaben ausgenommen sind, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Eine Obergrenze gibt es nicht. Auch Ukraine-Hilfen sind von der Ausnahme von der Schuldenregel umfasst.
Eine weitere Lockerung der Schuldenbremse soll künftig für die Bundesländer gelten. Auch sie sollen sich mit bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden dürfen.
Und noch ein dritter Punkt ist geplant: Neu ist auch, dass die wohl künftigen Regierungsparteien zusätzlich zum 100-Milliarden-Paket der Bundeswehr aus dem Jahr 2022 ein weiteres sogenanntes Sondervermögen für die Infrastruktur mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro in das Grundgesetz einführen wollen. "Alternativen: keine", heißt es im Entwurf von Union und SPD.
Alternativen bieten Grüne und FDP an
Anfang der Woche hatten die Grünen dem Vorhaben eine Absage erteilt. Die Grünen stünden nicht zur Verfügung, um "Wahlgeschenke" von Union und SPD zu finanzieren. Vor allem mit Blick auf das Infrastruktur-Paket war von einer "Schatzkiste mit Spielgeld" die Rede. Die Grünen befürchten, dass die Parteien ihre im Sondierungspapier angedeuteten teuren Wahlversprechen wie etwa die Mütterrente mit dem Sondervermögen querfinanzieren wollen.
Aber auch CDU-Chef Friedrich Merz' persönlichen Umgang mit der Partei- und Fraktionsspitze der Grünen haben die Grünen kritisiert. Etwa die Art und Weise, wie Merz sein Kompromissangebot unterbreitet habe, wie die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge am Montag deutlich machte. Ihr Nein "gilt auch für Punkte, die Friedrich Merz auf die Mailbox meiner Kollegin Britta Haßelmann gesprochen hat". Weitere Provokationen hat es am politischen Aschermittwoch von der CSU gegeben.
Die Grünen legen ein eigenes Angebot vor. Es lehnt sich an den Entwurf von SPD und Union an, aber nur bezogen auf das Verteidigungspaket. Sie schlagen einen breiteren Verteidigungsbegriff vor. Außerdem soll die neue Regel erst bei mehr als 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts greifen. Sowohl zum Sondervermögen als auch zur Verschuldungsmöglichkeit der Länder sagt der grüne Entwurf nichts. Ob sie hier noch gesprächsbereit sind, bleibt offen.
Der Weg der FDP führt nicht über eine Aufweichung der Schuldenbremse. Sie möchte mehr Verteidigungsausgaben über das bereits bestehende Sondervermögen Bundeswehr darstellen. Der 100-Milliarden-Topf soll einmalig um 200 Milliarden Euro erhöht werden.
Mehrheiten offen
Bei der Debatte heute dürfte es nicht nur darum gehen, was die einzelnen Redner vortragen, sondern auch wie. Es ist das erste Mal nach der Wahl, dass die Parteien öffentlich aufeinandertreffen, nachdem viel über die Medien ausgetauscht wurde. Auch zwischen SPD und Union war der Ton zuletzt etwas rauer geworden. Den Sozialdemokraten dürfte es zudem nicht gefallen, wenn sich die Union heute öffentlich für den Grünen-Vorschlag erwärmt, nur das Verteidigungspaket durch den alten Bundestag zu bringen und das 500-Milliarden-Euro-Paket für die Infrastruktur zu verschieben.
Noch ist alles offen - auch, ob die Bundestagspräsidentin kurz nach 12 Uhr wirklich sagen wird: "Die Sitzung ist eröffnet." Das Vorhaben ist politisch hoch umstritten.
Mit dem neugewählten Bundestag, der sich am 25. März konstituieren soll, würde die Union mit der SPD nicht die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten im Bundestag zusammenbekommen. Selbst dann nicht, wenn die Grünen mitstimmen. Das geht nur mit dem alten Bundestag. AfD und Linke hatten versucht, dies noch mit Klagen zu verhindern.