Ludwigshafen Waschen, wenn der Gaspreis passt
In vielen Branchen sind die Auftragsbücher voll. Doch wegen der hohen Energiepreise ist die Arbeit oft kaum noch wirtschaftlich. Auch eine Wäscherei in der Pfalz kämpft mit den steigenden Kosten.
Es gibt viel dreckige Wäsche zu waschen. Die Körbe beim Textilpflegeunternehmen Topf in Ludwigshafen sind voll. Von 7.30 Uhr an drehen sich die Waschtrommeln - normalerweise.
An einem Freitagmorgen Ende März ist es wieder so weit: Die ersten der 35 Mitarbeiter betreten die Werkshallen am Stadtrand. Noch kommt Gas bei der Wäscherei Topf an. Noch hält das Gas die Waschmaschinen des mittelständischen Betriebes am Laufen. Die Belegschaft fragt sich aber nach dem Dekret aus Moskau: wie lange können wir in Ludwigshafen noch arbeiten?
Betriebsleiter Achim Topf spricht Klartext: "Wenn hier in der Wäscherei der Gashahn zudgedreht wird, herrscht hier Stillstand. Wir brauchen für alles, was wir machen, Energie - zum Waschen, zum Bügeln, zum Mangeln. Das wäre dann eine typische Zeit der Kurzarbeit - zu 100 Prozent."
Nach ein paar Minuten sorgen die riesigen Waschmaschinen und die Heißmangelanlagen für eine geschäftige Geräuschkulisse. "Heute können wir hier arbeiten, weil der Gaspreis nicht zu hoch ist. Wir planen nur noch kurzfristig und müssen schnell reagieren", sagt Topf. Das Unternehmen hat sich auf die Reinigung von Tischdecken aus der Gastronomie spezialisiert.
Achim Topf (r.) sorgt sich angesichts der hohen Energiepreise um die Zukunft seiner Wäscherei.
Preise teilweise versechsfacht
Der russische Überfall auf die Ukraine bewegt den 34-Jährigen. Auch er leidet mit der dortigen Zivilbevölkerung und verfolgt die neuesten Nachrichten. Gleichzeitig hat der Krieg auch für ihn Folgen: "Die Situation in der Ukraine hat direkte Auswirkungen auf meinen Betrieb in Ludwigshafen", sagt der Betriebsleiter. "Sobald Unsicherheit an den Märkten herrscht, steigt der Gaspreis und unsere Produktion wird unwirtschaftlich."
Täglich überprüft Topf mehrfach über eine App den Preis an der Erdgasbörse. Vergangenes Jahr kostete ihn eine Megawattstunde um die 40 Euro, jetzt liegt der Preis teils bei 240 Euro. Ist der Preis zu hoch, muss Topf den Betrieb kurzfristig einstellen.
"Zuletzt hatten wir eine Produktion für Montag geplant. Da wollten wir den ganzen Tag unsere Wäsche einwaschen. Das haben wir jetzt auf zwei Wochen später verschoben. Wir beobachten die Marktentwicklung und reagieren, wenn der Preis einigermaßen passt." Früher hatten Topf und sein Team eine normale Fünf-Tage-Woche - derzeit ist es höchstens noch die Hälfte.
Sparmaßnahmen laufen ins Leere
Die Wäscherei hat bereits einiges getan, um weniger Energie zu verbrauchen und die Kosten zu drücken. Die Firma hat bereits vor einiger Zeit drei sogenannte Wärmetauscher installiert. Die Anlage sorgt dafür, dass aus den warmen Abwässern wieder neues Wasser für die Waschmaschinen erhitzt wird.
So können wir rund zehn Prozent unserer Gesamtenergiekosten sparen. Das haben wir bislang in der Gesamtbilanz auch gemerkt. Bei einer Versechsfachung der Gaspreise hat das jetzt aber kaum noch Auswirkungen. Das ist frustrierend. Man weiß gar nicht mehr, was man noch machen soll.
Kaum Einsparpotential im Fuhrpark
In der Wäscherei geht es um Preise für Gas - draußen im Fuhrpark um Kosten für den Diesel. Die Wäscherei hat sechs kleinere Lkw. Klaus Fröhlich ist Logistiker und unter anderem für die Auslieferung der Wäsche zuständig. Fröhlich versucht zu sparen, indem er wenigstens ein paar Fahrten zusammenlegt und Leerfahrten vermeidet. Er rechnet inzwischen mit jedem Kilometer.
"Wir haben kein großes Einsparpotential", sagt Fröhlich. "Wir sind ein Dienstleister. Es beginnt hier, dass wir die Wäsche abholen beim Kunden und endet damit, dass wir sie zurückbringen zum Kunden. Das muss gemacht werden. Das können wir nicht einschränken."
Die Ampel-Koalition hat sich in der vergangenen Woche auf ein umfangreiches Hilfspaket für die Bevölkerung wegen der massiv gestiegenen Energiepreise verständigt. Brauchen die Wirtschaft und die Wäscherei nicht auch eine ähnliche Unterstützung? Fröhlich atmet tief durch: "Ich denke, man muss das sogar erwarten können. Wenn da nichts passiert, glaube ich, dass viele Betriebe bankrottgehen."
Die Wäscherei von Achim Topf musste die Preise im vergangenen Jahr bereits um zehn Prozent anheben.
Energiepreise verteuern auch Lebenshaltungskosten
Die Mitarbeiter bei Topf haben wegen der steigenden Energiepreise im vergangenen Herbst eine Lohnerhöhung bekommen. Zwischen fünf und acht Prozent wurden die Gehälter angehoben. Auch dieses Jahr will Topf die Löhne nochmal anheben. "Meine Kollegen arbeiten sehr zuverlässig", sagt er. "Auch sie leiden unter den Folgen des Krieges gegen die Ukraine. Das muss ich auch mit im Blick haben."
Die Lohnerhöhungen muss Topf aber bei stark fallenden Umsätzen der Firma irgendwie finanzieren. Zudem gilt in der Wäscherei-Branche ein besonders harter Preiswettbewerb. "Wir mussten im vergangenen Jahr unsere Preise um zehn Prozent erhöhen. Das deckt die Mehrbelastung natürlich nicht ab. Aber ich kann ja die Kosten nicht einfach eins zu eins weitergeben. Wir sind doch keine Tankstelle."
Ungewisse Zukunft für das Familienunternehmen
Das Familienunternehmen Topf gibt es seit 1954. Eigentlich wollte Achim Topf die Leitung der Firma im vergangenen Jahr komplett von seinem Vater übernehmen. Die Folgen von Corona und der Krieg gegen die Ukraine machten das aber bislang unmöglich.
Jetzt seien alle gefragt, um den Betrieb am Laufen zu halten, sagt Topf. "Die schwierigste Zeit seit drei Generationen war die Corona-Krise. Das dachten wir noch im vergangenen Jahr. Wir hätten es uns nicht erdenken können, dass wir jetzt in eine noch schwierigere Zeit kommen."
Und wie geht es die nächsten Monate weiter? Topf zuckt mit den Schultern. "Ich habe immer versucht, mit mehr Arbeit mehr Geld zu verdienen. Aber jetzt ist es so, dass man mit mehr Arbeit vielleicht nicht mehr Geld verdient. Ich weiß nicht, was ich da noch sagen soll."