Mann protestiert in Neustadt in einem Kostüm, das wie ein Kackhaufen aussieht

Rheinland-Pfalz Kein Kackhaufen-Kostüm vor AfD-Stand in Neustadt

Stand: 14.02.2025 07:33 Uhr

Ein Südpfälzer verkleidet sich als "Kackhaufen" und stellt sich vor einen Wahlkampfstand der AfD. Dafür bekommt er vom Ordnungsamt in Neustadt einen Platzverweis. Warum?

Zweimal stand Patrick Christmann in seinem Kackhaufen-Emoji-Kostüm in der Innenstadt von Neustadt an der Weinstraße vor einem Wahlkampfstand der AfD. Zweimal hielt er Schilder hoch mit der Aufschrift "Keine Schorle für Nazis", "Das B in AfD steht für Bildung" und "Braune Kacke gegen braune Kacke". Zweimal wurde er deswegen vom Ordnungsamt der Stadt weggeschickt.

Mann protestiert in Neustadt in einem Kostüm, das wie ein Kackhaufen aussieht

Meinungsfreiheit auch im Kackhaufen-Kostüm?

Christmann ist sauer: "Ich fühle mich von der Polizei und der Ordnungsbehörde in meinen Grundrechten auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt". Das Tragen des Kostüms und auch die Texte der Plakate seien durch das Grundgesetz gedeckt. Er habe mit Humor zeigen wollen, dass Rassismus nicht gehe.

"Schon nach zwei, drei Minuten habe ich einen Platzverweis bekommen", sagt Christmann. Begründung: Seine Aktion sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Ich habe protestiert, um mit Humor zu zeigen, dass Rassismus überhaupt nicht geht. Patrick Christmann

Ordnungsamt Neustadt: politische Betätigung "gezielt behindert"

Lustig fanden das Ordnungsbehörde und Polizei nicht. Beide Mal bekam das Häufchen auf zwei Beinen einen Platzverweis. Auf Anfrage schreibt die Neustadter Stadtverwaltung von einer "gezielten Behinderung politischer Betätigung".

In einer schriftlichen Stellungnahme an den SWR erklärt die Stadt, warum das Ordnungsamt vor Ort so entschieden hat: "Sowohl die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) als auch die verfassungsmäßige Stellung politischer Parteien (Art. 21 GG) genießen hohen verfassungsrechtlichen Schutz... In diesem Fall überschritt die Protestaktion jedoch die Grenzen einer zulässigen Meinungsäußerung."

Mann protestiert in Neustadt in einem Kostüm, das wie ein Kackhaufen aussieht

Der Beteiligte trat in einem provozierenden Kostüm auf und nutzte herabwürdigende Plakataufschriften, wodurch der Informationsstand gestört wurde. Stadtverwaltung Neustadt/Weinstraße

Und: Laut Neustadter Ordnungsamt hatten sich andere Menschen "mit ähnlicher politischer Haltung" dem Protest angeschlossen. Das habe die "Funktionsfähigkeit des Infostands" weiter eingeschränkt.

Was darf man generell an Wahlkampfständen machen?
Es ist zulässig, an Wahlständen seine eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen. Das gilt auch dann, wenn diese nicht mit der Partei übereinstimmt, die zu dem Wahlstand gehört. Es ist also erlaubt, einer Partei zu widersprechen und auch zu versuchen, eine gegenteilige Meinung zum Ausdruck zu bringen. Das Zeigen entsprechender Plakate oder auch das Verteilen von Flugblättern wäre grundsätzlich also zulässig. Die Grenze des Erlaubten verläuft da, wo die Partei aktiv an der Durchführung ihres Wahlstandes gehindert wird. Die Partei hat ein Recht darauf, in Wahlkämpfen in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Es muss auch gewährleistet sein, dass Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, den Stand zu erreichen und sich an diesem mit den Vertreterinnen und Vertretern der Parteien unterhalten zu können.

Hat das Ordnungsamt in Neustadt richtig entschieden?

Ob das Ordnungsamt in Neustadt an der Weinstraße richtig entschieden hat? Die SWR-Rechtsredaktion ordnet den Fall ein: "Geht man davon aus, dass es für die Bürgerinnen und Bürger weiterhin problemlos möglich war, sich am Wahlstand zu informieren, würde eine Störung wohl noch nicht vorliegen. Möglicherweise könnte die Stadt in der Protestaktion aber eine strafbare Beleidigung gesehen haben."

Es müsste unter anderem geprüft werden, ob die auf dem Plakat angebrachten Äußerungen und das Kostüm von der durch das Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sind oder nicht.

Die SWR-Rechtsredaktion meint außerdem: "Die Grenze der strafbaren Beleidigung ist nach der Rechtsprechung in der Regel erst dann erreicht, wenn eine Schmähkritik vorliegt. Eine Schmähkritik hat als einziges Ziel, eine Person herabzuwürdigen."

Ob die Stadt das hohe Schutzgut der Meinungsfreiheit ausreichend gewichtet hat oder nicht, müssten im Zweifel die zuständigen Gerichte klären. SWR-Rechtsredaktion

Nächster Auftritt als Kackhaufen schon geplant

Patrick Christmann, der Mann hinter dem Kackhaufen-Auftritt, hat Widerspruch gegen die Platzverweise eingelegt. Und: Er will sich bald wieder als stinkiger Haufen verkleiden, sich vor einen AfD-Stand stellen und so zeigen, was er von dieser Partei hält.

Mann protestiert in Neustadt in einem Kostüm, das wie ein Kackhaufen aussieht

"Ich bin eine Einzelperson, ich stehe nur da und sage nichts." Eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung sei er auf keinen Fall.