Feuerwehrleute der Freiwilligen Feuerwehr Müssen vor ihrem Gerätehaus.

Schleswig-Holstein Sanierungsfall Feuerwehrhaus: Darum schlagen kleine Wehren jetzt Alarm

Stand: 22.11.2024 05:00 Uhr

Wer auf dem Land lebt, ist im Notfall fast immer auf die Freiwillige Feuerwehr angewiesen - ein Ehrenamt. Doch die Infrastruktur ist alt, Gebäude sanierungsbedürftig. Eine Herausforderung für Kommunen.

Von Paul Wessels

Ob Arbeitstermin oder Sonntagsfrühstück mit der Familie: Wenn ein Alarm kommt, lassen die Feuerwehrleute aus Müssen (Kreis Herzogtum-Lauenburg) alles stehen und liegen. Schnell ins Gerätehaus, denn oft geht es um Minuten. Doch genau dieses Haus macht es dann nicht leicht: Es gibt zu wenig Platz. "Wir müssen die Fahrzeuge rausfahren und können dann erst draußen aufsitzen, weil der Raum zwischen den Fahrzeugen einfach zu gering ist", erzählt Wehrführer Ingwer Paulsen. Auch Atemschutzwerkstatt und Umkleiden sind mit in der Fahrzeughalle. Dadurch entspreche das Haus überhaupt nicht mehr den heutigen technischen Sicherheitsstandards, so der Wehrführer. Dazu kommt, dass die Feuerwehr sich die Ausfahrt mit der örtlichen Schule teilt.

Brandschutz ist Aufgabe der Kommunen

Kein Platz im Feuerwehrhaus in Müssen.

Die Feuerwehrleute müssen die Autos erst aus der Halle fahren und können dann erst einsteigen.

Dass sie ein neues Feuerwehrhaus brauchen, da sind sich alle einig. Ein Grundstück der Gemeinde wurde dafür sogar schon gefunden. Doch der Bau des neuen Hauses würde etwa drei Millionen Euro kosten. "Wir haben in Müssen nicht mal einen Gesamthaushalt von über drei Millionen Euro im Jahr, deshalb würde das ja alle Dinge sprengen", sagt Bürgermeister Detlef Dehr (Freie Wählergemeinschaft Müssen).

Veraltete Gerätehäuser: Ein landesweites Problem

Müssen ist kein Einzelfall, sondern steht für viele der 1.330 Freiwilligen Feuerwehren in Schleswig-Holstein. Laut Landesfeuerwehrverband sind knapp die Hälfte aller Gerätehäuser sanierungsbedürftig.

Landesgeschäftsführer Volker Arp erklärt, dass viele Feuerwehrhäuser in den 1960er- und 1980er-Jahren neu gebaut worden sind. "Nun ist die Zeit, dass viele wieder erneuert werden müssen", sagt er. Das betrifft vor allem den ländlichen Raum. Auch die Sicherheitsstandards für Einsatzkräfte haben sich laut Arp seitdem verschärft. "Wie bei vielen Dingen geht es also ums Geld", sagt er. Dabei sei jede Kommune gesetzlich verpflichtet, eine leistungsfähige Feuerwehr in ihrer Gemeinde vorzuhalten.

Förderprogramm wird nicht weitergeführt

In den vergangenen zwei Jahren gab es ein Förderprogramm der Landesregierung, speziell für Bauprojekte der Freiwilligen Feuerwehren. Laut Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) wurde das auch sehr gut angenommen und knapp 20 Millionen Euro ausgezahlt. Davon wurden einige neue Feuerwehrhäuser gebaut. Trotz des bleibendem Bedarfs wird das Programm aber nicht weitergeführt. "Da gibt's 'ne ganz schlichte Antwort: Wir haben kein Geld", erklärt die Innenministerin.

Gerätehäuser nach Muster: Die Lösung?

In Mecklenburg-Vorpommern laufen aktuell Projekte zu sogenannten Modulhäusern an. Es gibt also einen einheitlichen Bauplan für ein Feuerwehrhaus. "Das Land übernimmt die Planung für das Gebäude und stellt dann ein Tool zur Verfügung, in das die Gemeinde die Bedingungen vor Ort einfach eintippen kann", erklärt Landesgeschäftsführer Volker Arp. Sie müsste dann nur noch Material und Bau zahlen.

Das soll pro neuer Wache bis zu einer Million Euro Planungskosten sparen. Das Innenministerium ist dazu aktuell in Kontakt mit den anderen Bundesländer. "Wir sind in Gesprächen und am Planen. Sind aber noch nicht soweit, dass wir erste Modulhäuser anbieten können. Aber die Vorbereitungen laufen", sagt Sütterlin-Waack.

In Mecklenburg-Vorpommern laufen erste Projekte zu "Muster-Feuerwehrhaus.".

Mecklenburg-Vorpommern ist bei den Muster-Feuerwehrhäusern weiter. Hier laufen erste Projekte inklusive Gelder bereits an.

Wehren fordern weitere Fördergelder

Die Feuerwehrleute aus Müssen helfen sich selbst, wo sie können. Der MTW (Mannschaftstransportwagen) etwa, war früher der örtliche Schulbus. Den haben sie umgebaut. Auch die Hallenerweiterung wurde von Handwerkern, die Mitglied der Feuerwehr sind, selbst gebaut. Die Gemeinde musste also nur das Baumaterial bezahlen. Trotzdem sind sich alle einig, dass sie ein neues Feuerwehrhaus brauchen.

Deshalb fordern sie jetzt weitere Fördergelder und Hilfen vom Land für die Freiwilligen Feuerwehren in Schleswig-Holstein, gemeinsam mit vielen anderen Wehren aus dem Amt Büchen. Denn sie alle haben die gleichen Probleme und sind sich einig, dass sie nur so den Sicherheitsanforderungen in Zukunft gerecht werden können.

Einsatz für die Feuerwehr: Mehr als nur Brandschutz

"Wir bekommen zwar auf jeder Kreisversammlung Schulterklopfer, aber davon können wir uns nichts kaufen", meint Wehrführer Paulsen. "Wir werden jetzt versuchen, weiterhin Druck zu machen, [...] damit man uns erhört." Ob wöchentliche Übung oder Laterne-Laufen: Für die Menschen in Müssen ist die Feuerwehr nämlich nicht nur Brandschutz, sondern auch ein wichtiger Baustein der Dorfgemeinde.

Das Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr Müssen.

Die neue Halle (r.) hat die Feuerwehr Müssen selbst gebaut.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 22.11.2024 | 19:30 Uhr