Hitzige Debatte im Bundestag Gut gegangen ist so gut wie gar nichts
Die Erleichterung, die bei vielen nach der Ablehnung des Gesetzentwurfes der Union zu spüren war, trügt. Die sogenannte demokratische Mitte hat sich selbst einen schweren Schaden zugefügt.
Er ist gescheitert, der Gesetzentwurf der Union zur Asylpolitik. Damit ist verhindert worden, dass erstmals ein Gesetzentwurf im Bundestag mit Stimmen der AfD eine Mehrheit findet. Gerade nochmal gut gegangen, könnte man meinen. Aber gut gegangen ist an diesem Tag so gut wie gar nichts.
Die Parteien der demokratischen Mitte haben versagt: Sie haben ihre Chance verpasst, zusammenzufinden und sich geeint gegen die AfD zu stellen, sich auf einen Entwurf in Sachen Migration zu einigen, den alle mittragen können. Damit machen sich SPD, CDU, CSU, FDP und Grüne mitverantwortlich dafür, dass die demokratische Mitte geschwächt ist, die AfD als Gewinnerin aus dem Chaos hervorgeht - und die Menschen in diesem Land das Vertrauen in die Politik weiter verlieren.
Mögliche Sternstunde verpasst
Dabei hätte dieser Tag eine Sternstunde der Demokratie werden können. Am Vormittag noch sah alles so aus, als könnten sich die Parteien auf einen Kompromiss einigen und damit die Risse in der Brandmauer gegen die AfD kitten.
Es war ein Hoffnungszeichen, dass die Fraktionschefs nochmal zusammensaßen - das erste Mal seit Wochen. Ein Hoffnungszeichen für alle, die sich wünschten, dass die Politik nach dem Attentat von Aschaffenburg Lösungen findet. Für alle, die gleichzeitig die AfD ablehnen und die Angst haben vor einem Rechtsruck.
Beispiellose Generalabrechnung
Stattdessen wurde es ein Tag voller Frust, Enttäuschung, Wut - am Ende einer Woche, in der sich in Sachen Asylpolitik rein gar nichts verändert hat. Und das alles ausgelöst von Friedrich Merz und der Union. Im Plenum des Bundestags war eine Generalabrechnung zu sehen, wie es sie in der Bundesrepublik so selten gegeben haben dürfte: gespickt mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, harschen Vorwürfen, hässlichen Zwischenrufen und Pfiffen. Abgeordnete bezichtigten einander der Lüge.
Die Fronten: verhärtet. Die Gräben: tief. Die Gesichter: mal rot vor Wut, mal blass vor Schock. All das lässt berechtigte Zweifel daran aufkommen, ob nach dieser Bundestagswahl überhaupt noch eine Koalition gebildet werden kann.
Es gibt eine Gewinnerin der Woche
Weniger Zweifel darf man daran haben, wer als Gewinnerin aus dieser Woche hervorgeht. Es ist die AfD. Plötzlich wirkt der Umgangston der Partei am rechten Rand des Plenums gar nicht mehr so fremd. Die sich zerfleischenden Demokraten haben es möglich gemacht, dass sich die AfD als Partei der Vernunft und als Heilsbringerin inszenieren kann. Eine gefährliche Entwicklung.
Es ist Wahlkampf. Die Abgeordneten werden am Wochenende in ihren Wahlkreisen unterwegs sein, vielen Bürgern begegnen. Es bleiben nur wenige Augenblicke der Ruhe. In diesen aber sollten sie sich fragen, ob sie wirklich alles getan haben, um die demokratische Mitte zu retten und den Aufstieg der Rechten zu verhindern.