
Sondersitzung des Bundestags ++ Dröge wirft Merz Unehrlichkeit vor ++
"Wir können uns nicht auf Ihr Wort verlassen", warf Grünen-Fraktionschefin Dröge CDU-Chef Merz im Bundestag vor. Zuvor hatten Merz und SPD-Chef Klingbeil um die Zustimmung der Grünen zum Finanzpaket geworben.
Die wichtigsten Entwicklungen:
- Merz wirft Vorwurf des Wortbruchs zurück
- AfD-Absetzungsantrag abgelehnt
- Sondersitzung des Bundestags beginnt
- Günther kritisiert teure Wahlversprechen
- Grüne bekräftigen Ablehnung von Finanzpaket
- Experten drängen auf Einigung zu Verteidigungsausgaben
- Erste Beratung im Bundestag zu Finanzpaket
- Städte fordern Schuldenbremsen-Reform und Klimaschutz
- Linnemann: Personalabbau in Ministerien nötig
Man hätte diese Debatte auch "Werben um die Grünen" nennen können, so ARD-Korrespondent Christoph Mestmacher aus Berlin in einem Zwischenfazit zum Verlauf der Sondersitzung. Viel Bewegung sei aber noch nicht zu erkennen. Die Grünen begegneten Merz mit einem großen Misstrauen. Mestmacher glaubt: "Es wird noch spannend bleiben."
Grünen-Parteichef Felix Banaszak griff Unions-Kanzlerkandidat Merz scharf an. "Sie sind sehenden Auges in diese Situation hineingelaufen", sagte er. Nichts von dem sei vom Himmel gefallen. Banaszak verwies auf den Sanierungsbedarf von Bahn und Infrastruktur. Auch Trump sei bereits am 6. November vergangenen Jahres gewählt worden. Banaszak konstatierte: "Wer regieren will, muss auch regieren können."
Schwesig appelliert an die Grünen
Die 16 Bundesländer begrüßen nach Angaben von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) das Finanzpaket von Union und SPD. Die Änderungen, auf die die Grünen in den vergangenen Tagen gepocht hätten, seien richtig gewesen, sagt sie im Bundestag. Sie habe Verständnis dafür, dass die Union heute die Lage anders beurteile als vor der Wahl und dass sich die Grünen ärgerten, dass sie bereits vor der Wahl eine Reform der Schuldenbremse gefordert hätten. Aber nun sei es an der Zeit, Emotionen hinter sich zu lassen, sagt die SPD-Politikerin. "Jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir zusammenkommen müssen", fügt sie Richtung Grüne hinzu.
Ex-Finanzminister Christian Lindner von der FDP warnte eindringlich vor einem Aufweichen der Schuldenbremse. Fast drei Jahre als Finanzminister habe er sich solchen Ansinnen von SPD und Grünen entgegengestellt. "Die Merz-Union hat nicht einmal zwei Wochen durchgehalten." Die Pläne stärkten nicht Deutschlands Sicherheit, sondern würden neue Risiken bergen. "Fiskalische Resilienz ist Teil von Sicherheitspolitik."
Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann warb für den von ihrer Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf. "Ertüchtigung der Bundeswehr reicht nicht", sagte sie. "Wir brauchen eine fundamentale Stärkung der Verteidigungsfähigkeit." Die Grünen wollen, dass nicht nur Geld für die Bundeswehr bereitgestellt werden, sondern unter anderem auch für die Nachrichtendienste und die Abwehr von Cyberangriffen. Mit Blick auf die Verhandlungsführung der Union sagte sie: "Angebote für unzureichende Gesetzentwürfe macht man weder über die Mailbox noch im Plenum, wenn man will, dass sie Erfolg haben." Merz hatte Haßelmann Angebote auf die Mailbox gesprochen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt appellierte an die Verantwortung der demokratischen Fraktionen. Nun zeige sich, "wie leistungsfähig und entscheidungsfähig die demokratische Mitte in diesem Land sein kann", sagte Dobrindt in seiner Rede im Plenum. "Gehen Sie diesen Weg gemeinsam mit uns", sagte er vor allem in Richtung der Grünen.
SPD-Chefin Esken gegen "Entweder-Oder"
SPD-Chefin Saskia Esken warb für ein Miteinander von mehr Geld für Verteidigung und höheren Investitionen in die Infrastruktur. "Es darf kein Entweder-Oder geben", warnte sie. "Die Bereitschaft, mehr für die Verteidigung unseres Landes zu tun, darf nicht dagegen ausgespielt werden, dass Schienen und Netze auf Vordermann gebracht werden", sagte die SPD-Vorsitzende.
AfD-Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel malte ein düsteres Bild. Sie sprach von einem "finanzpolitischen Staatsstreich", den Union und SPD planten. Um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu erhöhen, brauche es keine "Schuldengießkanne". Stattdessen müssten die Ausgaben des Staates verringert werden. Dann könne man auch die Investitionen in die Infrastruktur finanzieren.

AfD-Co-Chefin Weidel wirft Union und SPD vor, die Kreditwürdigkeit Deutschlands durch die geplanten Schulden zu riskieren.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf Merz eine "linke Wirtschaftspolitik" vor. Die Vorschläge von CDU/CSU und SPD zur Reform des Grundgesetzes für ein neues Sondervermögen und Änderungen der Schuldenbremse führten zu einer höheren Inflation und gefährdeten die Tragfähigkeit der europäischen Finanzen, sagt Dürr im Bundestag. Vieles davon sei vor allem von den Grünen in der vergangenen Legislaturperiode bereits vorgeschlagen worden, und jetzt wolle Merz dies umsetzen. Dürr schlug Merz stattdessen einen "Verteidigungsfonds für Deutschland" vor.
Fraktionschefin Katharina Dröge reagierte für die Grünen auf die Merz-Rede. Sie erinnerte an Angebote der Grünen nach Bruch der Ampelregierung zur Reform der Schuldenbremse. Aus parteitaktischem Kalkül habe Merz abgelehnt. Dröge warf Merz Unehrlichkeit vor. Die Grünen könnten sich nicht auf sein Wort verlassen. Und zur Rolle des Klimaschutzes sagte sie: "Klimaschutz ist kein Privatvergnügen der Grünen." Die Partei verlangt unter anderem, dass auch Maßnahmen für den Klimaschutz im Investitionspaket enthalten sind.

Die Grünen könnten sich nicht auf das Wort von Merz verlassen, sagte Fraktionschefin Dröge.
Nächster Redner: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Er rechtfertigte die Milliardenpläne und sprach von einer "wirklich besorgniserregenden Sicherheitslage in Europa". Den Vorwurf des Wahlbetrugs oder Wortbruchs wies Merz zurück. Schon vor Monaten habe er sich offen für eine Reform der Schuldenbremse gezeigt. Mit Blick auf die Sicherheitslage sagte Merz: "Wir müssen jetzt etwas tun. Alles andere wäre unverantwortlich. "Deutschland muss verteidigungsfähig sein und zurück auf die internationale Bühne." Auch die Wirtschaft müsse wieder wettbewerbsfähig werden.
Ähnlich wie Klingbeil warb auch Merz um Zustimmung der Grünen. Bis zu 50 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollten in den Klima- und Transformationsfonds fließen, sagte Merz. Damit könne Deutschland nicht nur bei der Verteidigung, sondern auch bei der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und beim Klimaschutz einen großen Sprung nach vorn machen. "Was wollen Sie noch mehr?", fragte Merz die Grünen.
SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil begann seine Rede mit Lob für Bundeskanzler Olaf Scholz, der eine Zeitenwende eingeleitet habe. Auf Deutschland komme nun eine Führungsrolle in Europa zu. Dabei gehe es nicht nur um Investitionen in Sicherheitspolitik. "Wir müssen unser Land wieder auf Vordermann bringen." Beides gehöre zusammen, sagte Klingbeil. Er appellierte vor allem an die Grünen, den Finanzplänen zuzustimmen. Klingbeil betonte weitgehende Angebote an die Grünen. "Wir haben angeboten, das Sondervermögen Infrastruktur um den Aspekt Klimaschutz zu erweitern", sagte er. Es gebe die feste Zusage von Union und SPD, das Geld wirklich für neue Investitionen zu verwenden. "Es braucht eine breite Mehrheit der demokratischen Mitte." Deutschland könne sich nicht leisten, dass das scheitert.
Absetzungsantrag der AfD abgelehnt
Der Bundestag lehnte den Antrag der AfD zur Absetzung der Beratung über das Finanzpaket mehrheitlich ab. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnete die Aussprache. 180 Minuten sind dafür angesetzt.
Die FDP rechnete grundsätzlich mit Union und SPD ab. Strukturreformen fehlten im Sondierungspapier komplett. Fraktionsgeschäftsführer Johannes Vogel forderte: "Überdenken Sie Ihre Pläne. Kehren Sie um." Er dürfe nicht die Fehler der Ampel wiederholen. Die FDP ist im neuen Bundestag nicht mehr vertreten.
Mihalic wirft Union "Ignoranz" vor
Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic kritisierte vor allem die Union. Sie hatte vor der Wahl eine Reform der Schuldenbremse abgelehnt. Genau das hatten aber die Grünen vor der Wahl gefordert. Mihalic warf der Union "Ignoranz" vor. Sie zeigte sich dennoch gesprächsbereit und verwies auf den eigenen Gesetzesvorschlag ihrer Partei.
Frei: "Wir müssen schnell handeln"
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, ist der nächste Redner. Auch er sprach von der Dringlichkeit des Finanzpakets. "Wir müssen umfassend verteidigungsfähig werden. Nicht irgendwann, sondern jetzt." Es müsse nun schnell gehandelt werden.

"Wir müssen schnell handeln": Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei.
SPD-Politikerin rechtfertigt Finanzpaket
Die SPD schickte Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast in die Debatte. Es gebe keine "bundestagslose Zeit". Das Parlament sei beschlussfähig. Die AfD habe nicht verstanden, um was es geht, sagte sie mit Blick auf die außenpolitischen Umwälzungen. Zur Sicherheit gehöre nicht nur Verteidigung, sondern auch die Infrastruktur. Beides gehöre zusammen
Erstmal geht es um die Geschäftsordnung
Die AfD beginnt die Debatte mit Fragen zur Geschäftsordnung. Deren Fraktionsgeschäftsführer Frank Baumann hielt es für unzulässig, dass der Bundestag in alter Besetzung über das Finanzpaket entscheiden soll. Der CDU gehe es nur um Macht. Baumann warf Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz Wortbruch vor.
Sondersitzung des Bundestags beginnt
In diesen Minuten kommt der Bundestag in alter Besetzung zur Sondersitzung zusammen. In erster Lesung beraten die Abgeordneten über die Milliardenpläne von Union und SPD für Verteidigung und Infrastruktur. Vor der Debatte machten die Grünen erneut ihre Ablehnung des Vorhabens in der jetzigen Fassung deutlich. Verfolgen Sie die Debatte auch im Livestream:
Grüne bleiben beim Nein
Auch nach ihrer Fraktionssitzung ändert sich nichts am Nein der Grünen zu den schwarz-roten Milliardenplänen. In den Gesprächen mit Union und SPD gebe es keine so relevante Annäherung, dass eine zeitnahe Einigung versprochen werden könne, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge. Aus den Reihen der Grünen hieß es, die Verhandlungen seien eher festgefahren.
Um 12 Uhr geht es heute los im Bundestag. Das Parlament tagt in der alten Zusammensetzung, da der neue Bundestag noch nicht konstituiert ist. Auf der Tagesordnung der Sondersitzung: das milliardenschwere Finanzpaket von Union und SPD für Verteidigung und Infrastruktur. In erster Lesung wird heute darüber beraten. Um die Pläne umzusetzen, braucht es eine Grundgesetzänderung, was wiederum nur mit Zweidrittelmehrheit möglich ist. Dafür braucht es vor allem die Grünen. Die aber lehnen die Pläne in der jetzigen Fassung ab. Kompliziert? Hier ein Überblick über die aktuellen Stimmen und Stimmungen:
Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Daniel Günther forderte Union und SPD auf, in den heute beginnenden Koalitionsverhandlungen kostspielige Wahlversprechen zu überdenken - insbesondere kritisierte der CDU-Politiker das Vorhaben der CSU, die Mütterrente auszuweiten. "Wir stehen bei der Rente vor großen langfristigen Herausforderungen", sagte er der Wochenzeitung Zeit. "Durch ein Programm wie die Mütterrente wird es nicht leichter, diese Herausforderungen zu bewältigen." Die Ausweitung der Mütterrente ist vor allem der CSU sehr wichtig. Was Union und SPD in ihren Sondierungen vereinbart haben - hier im Überblick:
Eine schwarz-rote Bundesregierung kann bei Umsetzung der in den Sondierungsgesprächen von Union und SPD vereinbarten Pläne im kommenden Jahr mit einem Wachstumsschub rechnen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) erhöhte seine aus dem Dezember stammende Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes 2026 von 0,9 auf 1,5 Prozent.
"Die Investitionen dürften ihre Talsohle durchschreiten und im Jahr 2026 nach vier Rückgängen in Folge wieder zulegen", erklärten die Kieler Forscher in ihrer Frühjahrsprognose. "Neben der weniger restriktiv wirkenden Geldpolitik tragen dazu auch die konjunkturelle Belebung und der Anstieg der öffentlichen Investitionen bei."
Vor der Sondersitzung des Bundestages zu dem geplanten Finanzpaket von Union und SPD hat sich die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), im Morgenmagazin zuversichtlich gezeigt, die Grünen zu einer Zustimmung bewegen zu können. Sei sei auch deshalb optimistisch, weil die Grünen bereits während der Ampelregierung dafür geworben hätten, mehr für die Infrastruktur zu tun, so Schwesig.
Die Ministerpräsidentin hatte zuvor mit Blick auf einen Vorschlag der Grünen gewarnt, dass es in der Bevölkerung schlecht ankomme, wenn der Staat nur Milliarden für die Rüstung, nicht aber auch für die Alltagsprobleme der Menschen bereitstelle. Die Grünen plädieren dafür, unter anderem den Entwurf von Union und SPD aufzuspalten und nur über die Ausnahme von Verteidigungsausgaben für die Bundeswehr von der Schuldenbremse abzustimmen.
Die Grünen wollen dem von Union und SPD geplanten Milliarden-Schuldenpaket für Infrastruktur und Verteidigung weiterhin nicht zu einer Mehrheit im alten Bundestag verhelfen. In den Verhandlungen mit Union und SPD habe man sich noch nicht so weit aufeinander zubewegt, dass es eine gemeinsame Lösung gäbe, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge im Morgenmagazin. Daher "steht das auch weiterhin, dass wir Grünen diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden".
Für eine auch von den Grünen gewollte Reform der Schuldenbremse für mehr Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz gebe es auch im neuen Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit, sagte Dröge. Eine "hohe zeitliche Notwendigkeit" gebe es dagegen mit Blick auf eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit. Dazu hätten die Grünen einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Beatrix von Storch, hat erneut scharf kritisiert, dass der alte Bundestag noch über eine geplante Grundgesetzänderung entscheiden soll. Von Storch sagte im rbb, das Vorgehen sei ein Verfassungsskandal nie dagewesenen Ausmaßes.
"Es ist vollkommen selbstverständlich, dass man das demokratische Votum des Wählers, das gerade abgegeben worden ist, nicht ignorieren kann und sagt, wir haben jetzt einen besonderen, allbedürftigen Fall und wir müssen jetzt nochmal ganz schnell, bevor die abgewählten Mehrheiten nichts mehr ändern können, die Verfassung ändern." Das sei eine "Verachtung des Wählerwillens", so von Storch. Statt über eine Lockerung der Schuldenbremse zu diskutieren, müsse man über Einsparungen im Haushalt sprechen, betonte die AfD-Fraktionsvorsitzende.
Bei der Finanzierung der Bundeswehr sieht auch die AfD Handlungsbedarf. Es sei jedoch falsch, einfach immer mehr Geld in falsche Strukturen zu "kippen", so von Storch. "Wir müssen eine ehrliche Bestandsaufnahme machen, dann muss man sich die Strukturen angucken und dann kann man schauen, wo man sparen kann und am Ende kann man dann über mehr Geld reden."
Der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus sieht die Verhandler von Union und SPD vor dem Beginn der Koalitionsgespräche mit wachsendem Zeitdruck konfrontiert. "Wenn wir acht, zwölf, sechzehn Wochen ohne Bundeskanzler bleiben, der handlungsfähig ist, dann ist das in der weltpolitischen Lage momentan sehr, sehr schwierig", sagte Brinkhaus im WDR.
Im Gegensatz zu 2018, als die Union zuletzt mit der SPD über eine Koalition verhandelte, könne nicht mehrere Monate auf eine neue Regierung gewartet werden. "Und da zeigt sich jetzt, ob der Deutsche Bundestag, ob die anderen Politiker leistungsfähig sind oder nicht. Und ich glaube, sie sind leistungsfähig", so Brinkhaus, der selbst in einer Arbeitsgruppe sitzt, die am Koalitionsvertrag arbeitet. "Meine Erfahrung ist: Auch lange Koalitionsverhandlungen kommen nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen. Und deswegen ist das so schon in Ordnung, wie das jetzt läuft".
Die Union zeigt sich kompromissbereit bei Klimaschutzwünschen der Grünen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, wies im Morgenmagazin darauf hin, dass die Grünen beim geplanten Sondervermögen für Infrastruktur den Klimaschutz berücksichtigt wollen. "Auch darüber kann man sich unterhalten, wie man so etwas gesetzgeberisch umsetzen kann", sagte der CDU-Politiker.
Auch die BSW-Abgeordnete Sevim Dagdelen will mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht die Verabschiedung des Milliardenpakets für Verteidigung und Infrastruktur stoppen. "In der Kürze der Zeit lässt sich eine ordentliche Gesetzesberatung mit seriöser Folgenabschätzung nicht vornehmen", sagte Dagdelen der Nachrichtenagentur dpa.
Ihr Rechtsvertreter Christoph Degenhart argumentiert in dem Eilantrag an Karlsruhe, die Abgeordnete des Bündnisses Sahra Wagenknecht sei wegen der kurzfristigen Anberaumung der Beratungen über das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes in ihren Rechten verletzt. Ziel des Antrags beim Verfassungsgericht ist es, das Gesetzgebungsverfahren von der Tagesordnung des Bundestags zu nehmen.
Namhafte deutsche Wissenschaftler rufen Union, SPD, Grüne und FDP dazu auf, sich sofort auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben zu verständigen. "Einigt Euch!", heißt es in dem Appell, der von den Politologen Carlo Masala, Christian Mölling und Claudia Major initiiert wurde.
Die Frage nach der Finanzierung deutscher und damit auch europäischer Sicherheit dulde keinen Aufschub und keine Taktik: "In dieser kritischen Phase deutscher und europäischer Sicherheit darf die Frage der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas kein Preisschild haben."
Unter Präsident Donald Trump würden die USA von einem Verbündeten und einer Schutzmacht zu einem Sicherheitsrisiko für Europa. "Unser Kontinent steht damit vor einer doppelten Herausforderung: Russland, das Europa dominieren und politisch unterminieren will, und die US-Regierung Trump, die die EU als ökonomischen Konkurrenten zerschlagen will, sie als ideologischen Gegner diffamiert und die amerikanische von der europäischen Sicherheit entkoppeln will".
Heute berät der Bundestag zum ersten Mal über die von Union und SPD vorgeschlagene Änderung des Grundgesetzes. Es sind eigentlich nur 20 Minuten, die das Parlament vorab zur "Geschäftsordnung" debattieren wird.
Diese Debatte könnte allerdings kontrovers geführt werden. Denn es wird auch um die Frage gehen, ob Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) überhaupt in die Tagesordnung einsteigen wird. Der einzige Punkt darauf ist das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes aus der Feder von SPD und Union.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert seine Partei, CSU und SPD zu Klarstellungen über die Verwendung des geplanten Sondervermögens für Infrastruktur auf. "Wir werden nur Erfolg mit dem Sondervermögen haben, wenn alle Maßnahmen auch unter dem Ziel stehen, wieder Wirtschaftswachstum zu generieren", sagte er zu "Zeit online".
Günther fordert, das Geld zielgerichtet in Innovationen und in Technologie zu investieren. Es müsse ein nennenswertes Produktionswachstum entstehen, das müsse im Koalitionsvertrag klar definiert werden. "Dann sehe ich auch kein Glaubwürdigkeitsproblem für die Union."
Zudem forderte er Union und SPD auf, kostspielige Versprechen zu überdenken. Insbesondere kritisierte er das Vorhaben der CSU, die Mütterrente auszuweiten. "Wir stehen bei der Rente vor großen langfristigen Herausforderungen. Durch ein Programm wie die Mütterrente wird es nicht leichter, diese Herausforderungen zu bewältigen", mahnte er.
Mehr als 40 Oberbürgermeister und Bürgermeister appellieren an Union, SPD und Grüne, die Schuldenbremse zu reformieren und den Klimaschutz im Grundgesetz zu verankern. Das geht aus einem offenen Brief an die Vorsitzenden der drei Fraktionen hervor, der den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vorliegt.
"Modernisierung und Fortschritt werden auf kommunaler Ebene umgesetzt", heißt es in dem Schreiben. Es müssten Gebäude energetisch saniert, klimafreundliche Energie- und Verkehrsinfrastruktur ausgebaut sowie Schulen, Brücken und Straßen modernisiert werden. Solche Maßnahmen verbesserten Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt und das Vertrauen in die Politik und Demokratie.
Dazu sollte außerdem der Klimaschutz als sogenannte Gemeinschaftsaufgabe in die Verfassung geschrieben werden. Gemeinschaftsaufgaben sind Bereiche, die Bund und Länder trotz getrennter Zuständigkeiten gemeinsam finanzieren.
Zu den Unterzeichnenden des offenen Briefs gehören laut dem Bericht unter anderem Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover, Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn (beide Grüne) sowie Thomas Spies (SPD), Oberbürgermeister von Marburg. Initiiert hat den Brief die Organisation German Zero, die auf Klimaneutralität in Deutschland bis 2035 hinarbeitet.
Der scheidende Bundesverkehrsminister Volker Wissing unterstützt grundsätzlich das geplante Milliardenpaket von Union und SPD und hält die Themen Sicherheit und Infrastruktur für untrennbar miteinander verbunden.
"Wer Infrastrukturinvestitionen von Verteidigung trennt, hat nicht das gesamte System im Blick", sagte der nach Bruch der Ampel-Koalition aus der FDP ausgetretene Wissing der Nachrichtenagentur dpa. "Wir reden über Infrastruktur, bei der Straße und auch bei der Schiene, die wir zur Verteidigung unseres Landes brauchen." Wenn die NATO Truppen bewege, benötige sie häufig deutsche Straßen und Schienen. "Wir sind das Land im Herzen Europas, das am meisten Transitverkehr hat, dafür brauchen wir funktionierende Infrastrukturen."
Wissing übte damit indirekt auch Kritik an einem von der FDP vorgebrachten Gegenvorschlag. Der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hatte sich für die Einrichtung eines mit 300 Milliarden ausgestatteten Verteidigungsfonds ausgesprochen. Das Geld solle zusätzlich zu Verteidigungsausgaben in Höhe des Zwei-Prozent-Ziels der NATO im regulären Verteidigungsetat bereitgestellt werden. Zum Finanzpaket von Union und SPD gehört auch der Vorschlag eines Sondervermögens für die Infrastruktur, daran übte Dürr wie andere Liberale Kritik.
Kurz vor den beginnenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann die SPD dazu aufgerufen, sich mit der Union auf Einsparungen bei der Ministerialbürokratie zu einigen. "Wenn wir schon mehr Geld ausgeben, dann muss das mit Strukturreformen einhergehen", sagte er der "Bild" mit Blick auf die massive Aufnahme neuer Schulden.
So müsse die künftige Bundesregierung bis etwa bis 2029 jede zehnte Beamtenstelle streichen. "Die Menschen erwarten von uns, dass wir bei uns selbst anfangen", betonte Linnemann. "Die Ministerialbürokratie nimmt ja mittlerweile Größenordnungen an, das ist ja Wahnsinn." Es sei machbar, innerhalb einer Legislaturperiode zehn Prozent an Personal einzusparen. "Wir brauchen auch keine 66 Regierungsbeauftragte, die Hälfte reicht."
Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Nach Ansicht von Ex-Minister Steinbrück steht Deutschland unter einem massiven Problemdruck. In Bayern lehnen die Freien Wähler in der Landesregierung das Finanzpaket bislang ab - damit steht Bayerns Zustimmung im Bundesrat auf der Kippe.