
Nervöser Handel Wall Street dreht ins Plus
Positive Äußerungen von Notenbankchef Powell zur Konjunktur sind bei den Anlegern gut angekommen. Die Wall-Street-Indizes drehten nach schwachem Start noch ins Plus.
Nach schwachem Handelsstart drehten die US-Börsen im Verlauf noch ins Plus. Am Ende schlossen alle großen Aktienindizes im Plus, auch wenn sie die hohen Verluste des Vortages damit nur zum Teil ausgleichen konnten. Der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, gewann am Ende 0,52 Prozent auf 42.801 Punkte.
Die Technologiebörse Nasdaq, die gestern deutlich 2,6 Prozent einbüßte, fuhr heute Achterbahn, ging aber letztlich 0,7 Prozent höher aus dem Handel. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 stand zum Handelsschluss um 0,74 Prozent im Plus. Der marktbreite S&P 500-Index legte 0,55 Prozent zu auf 5.770 Zähler.
Auch für die Notenbank Federal Reserve (Fed) ist die Zollpolitik der neuen Trump-Regierung Neuland. Fed-Chef Powell betonte auf einem Wirtschaftsforum in New York, dass es die Notenbank mit Zinssenkungen nicht eilig habe und auf mehr Klarheit warten wolle, wie sich die Politik der neuen US-Regierung unter dem Präsidenten Donald Trump auf die Wirtschaft auswirke.
"Weniger Zinssenkungen bereiten den Märkten derzeit Sorgen als die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Zölle möglicherweise auf die Wirtschaft haben könnten", sagte Lindsey Bell, Strategin von Clearnomics. Powells Einschätzung, dass die Wirtschaft in einer guten Lage sei, spende den Anlegern Trost. Börsianer wetten derzeit darauf, dass die Zentralbank die Zinsen im Juni senken wird.
Die mit Spannung erwarteten US-Arbeitsmarktdaten fielen derweil etwas schwächer aus als erwartet. Es kamen 151.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem Bericht der Regierung in Washington hervorgeht. Befragte Volkswirte hatten mit 160.000 gerechnet, nach abwärts revidierten 125.000 (ursprünglich 143.000) im Januar. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote stieg im Februar überraschend - und zwar auf 4,1 von 4,0 Prozent im Januar.
Zinsfantasie haben die Daten aber nicht wirklich ausgelöst. Auch Fed-Direktoriumsmitglied Christopher Waller sieht derzeit keine Notwendigkeit für eine Senkung der Leitzinsen im März. Er warnt davor, dass die von Präsident Donald Trump ins Auge gefassten oder bereits beschlossenen Zölle für Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt schwieriger zu handhaben sein dürften.
Ohnehin stehen an den US-Börsen derzeit eher politische Entscheidungen im Fokus der Anleger, was für viel Nervosität sorgt. Dabei lastet besonders die Zollpolitik auf der Börse. Marktbeobachter sprechen von einer "zollpolitischen Konfusion", die die Unsicherheit an den Märkten verstärke und das Vertrauen in die Konjunkturaussichten trübe.
US-Präsident Trump hat die Abgaben für Waren aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada vorerst wieder ausgesetzt, wenn diese unter das Freihandelsabkommen USMCA fallen. Zudem sorgt dessen erratische Außenpolitik für weitere Verunsicherung. Geopolitische Unsicherheit und die wechselnden Zollsignale aus den USA hatten in den vergangenen Tagen die US-Börsen auf Talfahrt geschickt und den Zustrom der Aktienanleger nach Europa verstärkt.
"Wenn nicht bald etwas Ruhe in der amerikanischen Politik einkehrt, dürfte es in den kommenden Wochen noch sehr viel ungemütlicher an den weltweiten Finanzmärkten werden", befürchtet Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets.
An der Frankfurter Börse ist es zum Wochenschluss bergab gegangen. Die Anleger nahmen nach einem extrem volatilen Wochenverlauf Gewinne mit. Der Leitindex DAX, der gestern im Verlauf bei 23.475 Punkten noch ein neues Rekordhoch markiert hatte, fiel heute am Nachmittag zeitweise wieder unter die Marke von 23.000 Punkten. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 23.008 Punkten um 1,75 Prozent leichter.
Auf Wochensicht verbuchte der DAX aber ein klares Plus von 2,0 Prozent, nachdem er am Montag erstmals über 23.000 Punkte geklettert war. Denn die von den voraussichtlichen Regierungsparteien Union und SPD geplanten Milliarden-Kredite für Verteidigung und Infrastruktur hatten den Index beflügelt. Auch der Kursrücksetzer vom Dienstag war schnell ausgebügelt.
Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck, kommentiert: "Immer mehr Staaten sind bereit, mehr Schulden zu machen und damit mehr Wachstum zu ermöglichen. Nach den USA bestimmt nun auch in Europa zunehmend die Politik die Richtung an den Finanzmärkten, mit gleichzeitig zunehmender Volatilität."
Stärker im Verlust stand der MDAX der mittelgroßen Werte, der nach schwachen heimischen Industrie-Aufträgen deutlich um 2,4 Prozent nachgab. Konkret sanken die Bestellungen im Januar um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist ein deutlich stärkerer Rückgang als Ökonomen erwartet hatten.
Unter den Einzelwerten im DAX waren Bayer größter Verlierer, die Aktie verlor über sechs Prozent. Denn der Leverkusener Konzern erwägt angesichts der Rechtsstreitigkeiten in den USA um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat eine Erhöhung seines Kapitals.
In einem heute veröffentlichten Brief bat Bayer-Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann um die Zustimmung der Aktionärinnen und Aktionäre "zu einer Eigenkapitalermächtigung von 35 Prozent des aktuellen Aktienkapitals". Diese "proaktive" Maßnahme schaffe "Flexibilität, schnell reagieren zu können".
Winkeljohann bat um die Zustimmung der Aktionäre zur Kapitalerhöhung während der Hauptversammlung am 25. April; diese Zustimmung ist für eine Kapitalerhöhung nötig.
Der Euro hat sich auch im US-Handel deutlich über 1,08 Dollar behauptet. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,0841 Dollar. Im europäischen Geschäft war sie zeitweise sogar bis auf 1,0889 Dollar in die Höhe geschnellt. Dies war der höchste Stand seit November letzten Jahres gewesen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0857 (Donnerstag: 1,0796) Dollar fest.
Der Kurs des Euro ist im Aufwind, seit sich in Deutschland Union und SPD am Dienstagabend darauf geeinigt hatten, Milliardenkredite für Verteidigung und Infrastruktur zu ermöglichen. Dazu soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für bestimmte Verteidigungsausgaben gelockert werden.
Seit der Ankündigung hat der Kurs des Euro um mehr als drei Cent zugelegt. Im Gegenzug neigt der Dollar nach den jüngsten Zollunsicherheiten in den USA zur Schwäche. Am Donnerstag hatte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde zudem nach einer weiteren Leitzinssenkung eher zurückhaltend zu weiteren Senkungen geäußert, was den Euro tendenziell zusätzlich stützt. Enttäuschend ausgefallene Daten zu den Industrieaufträgen in Deutschland belasteten die Gemeinschaftswährung nicht.
Die Volkswagen-Eigentümerholding Porsche SE ist wegen milliardenschwerer Abschreibungen auf ihre Beteiligungen an VW und dem Sportwagenhersteller Porsche AG in die roten Zahlen abgerutscht. Im vergangenen Jahr sei nach Steuern ein Fehlbetrag von rund 20 Milliarden Euro angefallen, teilte der DAX-Konzern am Abend in Stuttgart mit. Dennoch soll den Aktionären weiter eine Dividende für das abgeschlossene Geschäftsjahr gezahlt werden.
Grund für den Milliardenverlust sind vor allem nicht zahlungswirksame Abschreibungen. So liege die Wertberichtigung des Buchwertes der Beteiligung an der Volkswagen AG bei minus 19,9 Milliarden Euro. Für die Porsche AG sei eine Wertberichtigung von minus 3,4 Milliarden Euro beziffert worden. Bereits zuvor hatte die Eigentümerholding vor den außerplanmäßigen Abschreibungen gewarnt und Bandbreiten in den Raum gestellt - für beide Beteiligungen lagen die Wertberichtigungen nun am unteren Ende der jeweiligen Spannen.
Den vollständigen Geschäftsbericht will der Porsche-SE-Vorstand am 26. März veröffentlichen.
Der Chef der Airbus-Rüstungssparte, Michael Schöllhorn, hat das geplante Milliardenpaket von Union und SPD für Verteidigung begrüßt, die Bundesregierung aber davor gewarnt, Rüstungsgüter in den USA zu bestellen. "Wenn wir das Mehr an Verteidigungsausgaben nutzen, um weiter Produkte von der Stange in den USA zu kaufen, zementieren wir unsere Abhängigkeit von anderen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
"Dass das vielleicht keine so gute Idee ist, sehen gerade die Dänen mit ihren amerikanischen F-35-Flugzeugen, falls sie auf die Idee kämen, Grönland zu verteidigen. Die kämen gar nicht bis dahin", fügte er hinzu.
Endspurt bei der Übernahme von About You durch den größeren Rivalen Zalando: Europas größter Online-Modehändler erklärte, die restlichen Aktionäre von About You zwangsweise abfinden zu wollen. Wie hoch die Abfindung im Zuge des Squeeze-Outs ausfällt, stehe noch nicht fest. Zalando hatte gestern bekanntgegeben, sich mehr als 90 Prozent des Grundkapitals von About You gesichert zu haben. Die Annahmefrist für das Übernahmeangebot war in der heutigen Nacht abgelaufen, das endgültige Ergebnis soll am 11. März veröffentlicht werden.
Der Automobilzulieferer Norma erwartet für das laufende Jahr keine großen Sprünge. Vor allem das erste Halbjahr dürfte noch von einer zurückhaltenden Nachfrage geprägt sein, teilte das Unternehmen heute mit. Eine Belebung soll es voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte geben.
Von daher erwartet Norma für 2025 einen Umsatz von 1,1 Milliarden bis 1,2 Milliarden und damit in etwa auf Vorjahresniveau. Die bereinigte Marge auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sieht der Konzern bei rund sechs bis rund acht Prozent und damit unter den Erwartungen der Analysten, die bislang 8,4 Prozent auf dem Zettel haben. Im Vorjahr hatte Norma acht Prozent erreicht.
Die im SDAX notierte Aktie verlor gut sechs Prozent. Vor kurzem erst hatte der Vorstandsvorsitzende Guido Grandi wegen strategischer Differenzen zur weiteren Ausrichtung des Unternehmens sein Vorstandsmandat und seine Position zum Ablauf des 17. Februar 2025 niedergelegt. Für den Übergangszeitraum von maximal einem Jahr soll der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Mark Wilhelms Norma leiten. Umsatz und bereinigtes Ebit waren im vergangenen Jahr gesunken.
Erste Details zur US-Reserve für Digitalwährungen haben bei den Anlegern an den Kryptomärkten bisher ein Stück weit für Ernüchterung gesorgt. Der Bitcoin tendiert volatil und fiel zunächst auf der Handelsplattform Bitstamp wieder unter die Marke von 90.000 Dollar. Zuletzt wurden 87.150 Dollar bezahlt. Damit erholte er sich etwas vom Tagestief, nachdem er in der Nacht in einer ersten Reaktion auf Details zur US-Digitalwährungsreserve noch unter die Marke von 85.000 Dollar gerutscht war.
Anleger hätten gehofft, dass sich US-Präsident Donald Trump nicht nur abermals als Schutzherr für Bitcoin und Co positionieren werde, "sondern das Fundament für eine Symbiose zwischen der US-Regierung und der Kryptobranche gelegt wird", so Marktexperte Timo Emden von Emden Research.